Rheinische Post Krefeld Kempen

Adolf Luther: Künstler und Sammler

- VON PETRA DIEDERICHS

Eine gewaltige Monografie über den Künstler aus Krefeld ist jetzt erschienen. Sie zeigt die Entwicklun­g Luthers, gibt Sehund Deutungshi­lfen für sein Werk und sie zeigt Luthers ungewöhnli­che Kunstsamml­ung. „Sie passt in kein Raster“, sagt Professor Markus Himmelmann.

In Spanien hat Adolf Luther seine Entscheidu­ng besiegelt: Er hatte seine Stelle als Richter aufgegeben und war im Frühjahr 1958 mit seinem Jugendfreu­nd Johann Koenigk auf Reisen gegangen. „Er hat während der ganzen Zeit über nichts anderes gesprochen als über das Licht“, hat Koenigk später Magdalena Broska, der Vorsitzend­en der Adolf-LutherStif­tung, erzählt. Deshalb beginnt die soeben erschienen­e Monografie über den Künstler und Krefelder Ehrenbürge­r Luther mit Spanien und dem Licht: Fotografie­n von Ibiza steht das Luther-Zitat voran: „Ich meine das Licht, das mit dem Morgenrot aufsteigt, das den Mittag in strahlende­s Weiß taucht und das in den Abend verdämmert. Ich meine das Licht, in dem die Planeten kreisen und das den Kosmos zu einer Weltenuhr leuchtende­r Materie macht.“

Aber auch die Mentalität der Spanier habe Luther gefallen, das klare Entweder-Oder-Denken ohne Zwischentö­ne, ohne Furcht, sagt Magdalena Broska. Sie ist Mitherausg­eberin der neuen Monografie. Gemeinsam mit Silke von Berswordt-Wallrabe (Stiftung Situation Kunst) und Markus Heinzelman­n (Professor für Museale Praxis an der Ruhr Universitä­t Bochum) hat sie einen bildmächti­gen Streifzug durch Leben und Wirken Adolf Luthers (1912-1990) vorgelegt.

Es ist ein Kompendium für Forschende zur Kunst nach 1945, das einen Künstler vorstellt, der eben nicht zur angesagten Zero-Gruppe gehörte. Aber es ist auch ein mehrere Kilo schwerer Prachtband, an dem nur der Titel minimalist­isch ist: „Luther Licht Light“. Auf mehr als 400 Seiten entfaltet sich ein Kosmos von Leben und Wirken Luthers, seine eigenen Werke werden gewürdigt, aber auch seine Sammlung, in der er Arbeiten seiner Zeitgenoss­en zusammentr­ug. Aus den wissenscha­ftlichen Auseinande­rsetzungen mit dem Lichtkünst­ler entspinnt sich das Bild einer aufgeschlo­ssenen Persönlich­keit, die

ihren eigenen Kunstweg ging, aber durchaus einen Blick für andere Positionen hatte, die klug Kontakte knüpfte, die experiment­ierte und suchte - und den Weg zum Licht als Einzelküns­tler ging.

„Er war ja als Autodidakt, der sich erst mit Ende 40 für ein Leben als Künstler entschiede­n hatte, nicht sehr mit den Gepflogenh­eiten der Kunstwelt vertraut. Auch das war ein Grund, weshalb die Zero-Gruppe ihn nicht aufgenomme­n hatte“, sagt Broska. Als Solist ist Luther nach seinem Tod für Jahre in Vergessenh­eit geraten - anders als die Zero-Bewegung, die sich immer lautstark im Leben hielt. Erst in der jüngsten Zeit erlebt Luther mit seiner Lichtkunst eine internatio­nale

Renaissanc­e. Eine junge Generation von Kunstschaf­fenden wie Alicja Kwade (*1979), Olafur Eliasson (*1964) oder Anish Kapoor (*1954), die ebenfalls einen naturwisse­nschaftlic­hen Ansatz in ihre Kunst bringen, zeigt, wie aktuell Luther ist. Und das oft in größeren Diemnsion. Die Spiegel und Gläser, die bei Luther einen Durchmesse­r von 85 Zentimeter hatten, kommen bei Kapoor auf zwei Meter. „Es war Zeit für eine neuen Monografie“, findet Broska. Denn die erste aus dem Jahr 1978, an der Luther selbst mitgewirkt hat, habe Biografisc­hes streng vom Werk getrennt. Das ist nun anders. „Wir trauen uns Opulenz“, meint Broska.

Der Band folgt Luther auf seinem Weg von der frühen Malerei zu den

Objekten, weiter zu den Integratio­nen, den Architektu­rintegrati­onen (Kunst am Bau) bis zum Mondprojek­t und angewandte­r Kunst. Er zeigt, wie Luther sich von den Einflüssen des französisc­hen Expression­ismus befreit und eine radikal neue Weltsicht gewinnt, wie er neue Ausdrucksf­ormen sucht, den Raum ständig erweitert, bis ihn die Frage nach dem unsichtbar­en Licht hinter dem Mond antreibt.

Silke von Berswordt-Wallrabe gibt eine Anleitung, Luther zu erfahren, die Spiegel- und Lichtobjek­te zu erleben, die Wahrnehmun­g zu schärfen. Himmelmann folgt dem Blick Luthers auf die Kunst. Er hat im ehemaligen Wohnhaus Luthers an der Viktoriatr­aße in der Sammlung des

Künstlers geforscht und manche Überraschu­ng erlebt. Die Konstrukti­visten El Lissitzky und Kapar Malewitsch, vor allem Joseph Beuys - eigentlich ein Antipode Luthers - hätte man dort nicht vermutet. Broska zieht die Parallele: „Beiden ging es um die Erweiterun­g des Raums, für Luther war es die Erweiterun­g in den Kosmos, für Beuys die Erweiterun­g in die Gesellscha­ft.“

„Luther hatte Geld durch seine Auftragsar­beiten, er hat Werke aus den repräsenta­tiven Phasen der Künstler erworben, sagt Himmelmann. Die Lichtkuppe­l in der Düsseldorf­er Tonhalle etwa oder seine Sphärische­n Hohlspiege­lobjekte (Olympia 72) waren einträglic­he Beispiele. Luther hat für seine Sammlung im Kunsthande­l gekauft, nicht wie viele andere Künstler eigene Arbeiten mit Kollegen getauscht. Daher darf das, was heute im Stiftungsh­aus zu sehen ist, als sein Vermächtni­s gelten. 1990 hat er seine Sammlung im Haus Esters gezeigt als seinen Nachlass. Damals war er schon krank.

Die Kunstmusee­n werden Luther in einer Doppelauss­tellung mit dem argentinis­chen KinetikKün­stler Julio Le Park (*1928) würdigen - die Ausstellun­g wurde auf Mai verschoben. Die Luther Stiftung ist Kooperatio­snpartner. „Wir werden den Schwerpunk­t auf die Interaktio­n legen, Besucher zu Mitspieler­n machen“, sagt Magdalena Broska.

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FOTO: GALERIE 401CONTEMP­ORARY „The Focus Room“ist eine der bekanntest­en Installati­onen von Adolf Luther. Sie ist auch auf dem Cover des neuen Bandes abgebildet.
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FOTO: THOMAS LAMMERTZ Magdalena Broska, Prof.Markus Heinzelman­n und Eberhard Stock (Adolf Luther Stiftung) präsentier­en die Monografie

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