Rheinische Post Krefeld Kempen
Perspektive Gellep: Ein Dorf will nach vorn
Gellep-Stratum fühlt sich vergessen von Krefeld und fordert Unterstützung.
Lage/ Historie
Viele Krefelder denken beim Thema Stadtteile gar nicht an GellepStratum. Zu abgelegen liegt es, und in mancher Hinsicht sind die Bindungen an Meerbusch und Lank größer als an Krefeld. Das zeigt sich im ÖPNV, wo sowohl Linien aus Krefeld als auch aus Meerbusch den Stadtteil versorgen. Erst 1929, mit Uerdingen, Fischeln oder Forstwald, wurde die Ortschaft am Rhein Krefeld zugeschlagen. Wie wenig der Stadtteil wahrgenommen wird, zeigt eine Diskussion im Rat. Als der Claim „Krefeld am Rhein“beschlossen werden sollte, wurde dies mit dem Hinweis, dass nicht Krefeld, sondern Uerdingen am Rhein liege, abgelehnt. Nicht nur, dass Uerdingen ein Teil Krefelds ist – Gellep-Stratum und Linn gemeinsam haben mehr Rhein-Kilometer als Uerdingen zu verzeichnen. Wahrgenommen wird dies offenbar nicht. Der südöstliche Teil Krefelds grenzt im Westen an Oppum, im Norden an Linn und im Süden an Lank-Latum. Auch aufgrund der stiefmütterlichen Wahrnehmung in Krefeld fühlen sich die Einwohner nicht unbedingt als Krefelder. „Wir sind Gellep-Stratumer. In mancher Hinsicht sind wir auch emotional eher an Meerbusch als an Krefeld gebunden“, sagt der Vorsitzende des Bürgervereins, Gregor Roosen.
Demografie
Gellep-Stratum ist nicht nur ein vergleichsweise abgelegener, sondern auch der kleinste Stadtteil Krefelds. Zumindest was die Einwohnerzahl angeht. Mit 2478 Einwohnern (Zahlen aus dem statistischen Jahrbuch 2020) ist es rund ein Drittel kleiner als der zweitkleinste Stadtteil Forstwald. Immerhin, flächenmäßig ist es mit 8,91 Quadratkilometern etwas größer als der Krefelder Durchschnitt (8,1 km²). Mit einem Ausländeranteil von 6,21 Prozent liegt es im unteren Drittel der Krefelder Teile. Viele Gelleper leben schon lange im Stadtteil und im eigenen Einfamilienhaus. Da es aber wenige junge Singles gibt, ist die Zahl der Ein-Personen-Haushalte mit 16,26 Prozent der zweitgeringste in Krefeld nach Forstwald. Mit 5,49 Prozent liegt die Arbeitslosenquote weit im unteren Bereich und ist nach Verberg die niedrigste in ganz Krefeld. Das aber liegt auch an einer hohen Rentner-Quote, wie der vergleichsweise geringe
Anteil an Erwerbspersonen (38,98 Prozent) anzeigt. In einem Wert liegt der Stadtteil auf Platz eins: 0,74 Pkw pro Kopf sind der höchste Wert Krefelds, was einerseits auf die Abgelegenheit, andererseits auf die dürftige ÖPNV-Anbindung hinweist.
Große Projekte
Das wohl größte Projekt ist die Bebauung des Sportplatzes. Dieser soll einer Wohnbebauung weichen. „Ganz klar ist aber: Das wird nur passieren, wenn es ein adäquates anderes Gelände und dort einen neuen Sportplatz gibt“, sagt Roosens Stellvertreter Kurt Hartwich. Dabei gebe es eine enge Abstimmung mit dem ansässigen Sportverein TuS Gellep. „Die Verantwortlichen haben signalisiert, dass sie auch mit einem kleineren Gelände einverstanden wären. Aktuell ist ein Kunstrasenplatz mit entsprechenden Umkleideräumen und so weiter angedacht“, erklärt Roosen. Der alte Sportplatz soll dann zentrale Mehrfamilienhäuser beherbergen. „Das ist wichtig, denn in unserem Stadtteil gibt es viele ältere Menschen, die gern aus dem eigenen Haus ausziehen würden. Aber es gibt nicht genug Mietwohnungen – schon gar keine altersgerechte“, sagt Hartwich. Aber auch weitere wichtige Projekte gebe es. „Was uns wichtig ist“, fährt Hartwich fort, „ist, dass das Römerkastell Gelduba besser mit Gellep-Stratum verbunden wird. Dafür wollen wir sowohl am Kastell selbst Beschilderungen als auch eine Skulptur und eine Tafel im Ortskern gegenüber dem ReweMarkt anbringen“, erzählt der zweite Vorsitzende.
Besondere Orte
Hier hat Gellep Stratum viel zu bieten: Natur und Kultur. „Am wichtigsten ist sicherlich das Römerlager Gelduba“, sagt Roosen. Dieses biete einen großen kulturellen Schatz, der meist gar nicht als dem Stadtteil zugehörig wahrgenommen werde. „Leider sind die Exponate alle nur in Linn im Museum zu sehen. Das wollen wir insofern ändern, dass wir wie eben gesagt entsprechende Hinweise anbringen“, sagt Hartwich. Doch nicht nur für Kulturfreunde sei etwas geboten. „Am Rhein gibt es auch noch das FFH-Gebiet“, fährt er fort. Dabei handelt es sich um ein von der EU geschütztes Flora-Fauna-Habitat. Dieses sollte vor einigen Jahren durch eine Autobahnquerung zerschnitten werden. Die A 524 sollte bis zur A57 fortgeführt werden. Nach Bürgerprotesten wurde das Projekt aber eingestellt, da auch die Störung des FFH-Gebiets nicht zulässig war. „Somit ist uns ein besonderes Naturreservat geblieben, das zu besuchen sich lohnt“, sagt Roosen.
Einkaufsmöglichkeiten
Gellep-Stratum ist nicht eben mit großen Shopping-Möglichkeiten gesegnet. „Die kleineren Geschäfte haben sich über die Jahre nicht erhalten. Auch eine Apotheke gibt es nicht. Es gab einmal Überlegungen, erneut eine anzusiedeln, das wäre aber nicht rentabel gewesen. Am Ende ist es auch nicht so schlimm, da die Apotheke in Linn liefert“, sagt Roosen. So bliebe nur der Rewe-Markt in der Ortsmitte. „Dieser ist ein Nahversorger mit allen Möglichkeiten. Es gibt im Prinzip
alles vom Fleischer und Bäcker bis hin zu Schreibwaren“, erläutert Hartwich. Der Markt sei von essenzieller Bedeutung für den Stadtteil.
Problematischer sei die Situation in anderen Bereichen. „Auch bei uns schließen Gaststätten. Wir haben noch eine, die vier Tage die Woche geöffnet hat, eine Imbissbude und einen Imbisswagen. Schwieriger ist aber die Abdeckung mit Ärzten. Die letzte Hausärztin hat vor einiger Zeit die Praxis geschlossen. Jetzt gibt es noch eine Tierärztin, das war es“, führt der Vorsitzende weiter aus. Neue Ärzte zu finden sei schwer bis unmöglich.
Themen des Stadtteils
Neben Verlegung und Umbau des Sportplatzes treibt die Gellep-Stratumer vor allem eines um, das in fast allen Stadtteilen ein zentrales Thema ist: Verkehr. „Der Lieferverkehr zum und vom Hafen ist wirklich ein Problem“, kritisiert Roosen und präzisiert: „Besonders kritisch ist die Düsseldorfer Straße. Das ist der Hauptschulweg für Kinder und Jugendliche, die in Linn zur Schule gehen. Dort ist ein extrem schmaler Radweg, und es fahren Lkw praktisch Stoßstange an Stoßstange. Hier muss dringend etwas passieren.“Schwierig sei die Lage auch am Friedhof. „Wir haben eine Trauerhalle, die nicht nur zu klein ist, sondern direkt an den Fahrstrecken der Lkw liegt. Je nachdem, wann eine Trauerfeier stattfindet, ist das eigene Wort kaum zu verstehen. Der Pfarrer schon gar nicht. Hier ist Lärmschutz ein Muss“, fordert Hartwich.
Visionen für die Zukunft
Der Bürgerverein will moderates Wachstum und eine Identifikation im Stadtteil fördern. „Wir haben vor rund zehn Jahren die Idee, den Sportplatz zu verlegen und zu bebauen, an die Stadt herangetragen. Es sind rund 27.000 Quadratmeter. Es kommt aber wie gesagt vor allem darauf an, dass wir einen neuen Standort für den Sportplatz finden“, betont Roosen. Aktuell liege einer an der Düsseldorfer Straße vorn, dem der Verein zugestimmt habe. Wichtig sei auch, die Historie zu betonen. „Wir wollen die alte Schule als Museum-Außenstelle nutzen, in der Exponate aus dem Römerkastell ausgestellt werden. Sie sollten im Stadtteil bleiben“, fordert Hartwich. Insgesamt soll GellepStratum nach ihrer Vision bekannter werden. Das Stiefkind soll in den Krefelder Herzen präsenter werden.