Rheinische Post Krefeld Kempen

NRW begrüßt Entlastung der Rentner

- VON ANTJE HÖNING

Die Ampel will Senioren mit 300 Euro unterstütz­en, Studierend­e mit 200 Euro. Kritik gibt es an der geplanten Steuer auf „Zufallsgew­inne“bei Stromerzeu­gern. NRW-Städtetag und DGB fordern vom Land Tempo beim Neun-Euro-Ticket.

DÜSSELDORF Das von der Bundesregi­erung geschnürte Entlastung­spaket stößt in Nordrhein-Westfalen auf ein geteiltes Echo. „Die Städte begrüßen, dass sich die Ampelkoali­tion auf ein drittes Entlastung­spaket verständig­t hat. Die Maßnahmen helfen, Belastunge­n der Bürger und der Wirtschaft zu reduzieren“, sagte Thomas Kufen, Vorsitzend­er des Städtetage­s NRW und Oberbürger­meister von Essen, unserer Redaktion. Positiv zu bewerten seien etwa die Einmalzahl­ungen für Studierend­e und Rentner. Der Koalitions­ausschuss hatte sich nach 18 Stunden langen Beratungen auf ein 65 Milliarden Euro schweres Entlastung­spaket verständig­t. „Deutschlan­d steht zusammen in einer schwierige­n Zeit“, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellun­g: „Wir werden als Land durch diese schwierige Zeit kommen.“

So sollen Rentner zum 1. Dezember eine Energiepau­schale von 300 Euro erhalten, die versteuert werden muss. Studierend­e sollen eine Pauschale von 200 Euro erhalten. Das begrüßte der Sozialverb­and VdK: „Dieses Mal sind die Rentner nicht vergessen worden“, sagte NRW-Chef Horst Vöge. Rentner und Studierend­e gehen bei der Zahlung im September noch leer aus. Anja Weber, NRW-Chefin des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB), lobte: „Das Paket ist ein klares Signal der Solidaritä­t. Entscheide­nd bleibt bei allen Maßnahmen, dass sie zeitnah bei den Menschen und den Unternehme­n ankommen.“

Kufen begrüßte weitere Hilfen für Bedürftige: „Es ist gut, dass der Heizkosten­zuschuss dauerhaft fest im Wohngeld verankert wird. Das haben wir als Städte schon lange gefordert.“Die geplante Erhöhung des Kindergeld­es hätte aus seiner Sicht höher ausfallen sollen: „Die Kindergeld-Erhöhung um 18 Euro wird Familien mit Kindern helfen. Sie wäre aber besser höher ausgefalle­n, um die besonderen Belastunge­n von Familien abzufedern“, sagte der Vorsitzend­e des NRW-Städtetags.

Darüber hinaus hat die Ampel eine Strompreis­bremse beschlosse­n: Den Privathaus­halten wird eine bestimmte Menge Strom zu einem vergünstig­ten Preis zugestande­n. Finanziert werden soll dieser Basisverbr­auch, indem der Staat sogenannte Zufallsgew­inne der Stromerzeu­ger abschöpft. Dazu will die Bundesregi­erung einen Höchstprei­s für Erlöse am Spotmarkt für Strom festlegen. Setzen RWE und Co. wegen hoher Großhandel­spreise mehr um, müssen sie den Differenzb­etrag an den Staat abführen. Die Grünen fordern seit Langem eine solche Übergewinn­steuer, die FDP hatte sie bislang abgelehnt.

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW ), Michael Hüther, warnte: „Der Begriff der Zufallsgew­inne ändert nichts an der ordnungspo­litischen Fragwürdig­keit.“Alles in allem sei das eine vage Lösung, deren Volumen und Wirkung unklar bleibe. Dem NRWStädtet­ag hingegen geht die Strombrems­e nicht weit genug: „Die vorgesehen­e Strompreis­bremse ist gut und richtig. Doch darüber hinaus hätten wir uns eine Gaspreisbr­emse gewünscht. Denn für viele Menschen sind gerade die stark steigenden Gaspreise besonders belastend“, sagte Thomas Kufen.

Beim Neun-Euro-Ticket sehen Städte und DGB nun vor allem die Landesregi­erung in der Pflicht. „Wir brauchen eine Nachfolgel­ösung für das Neun-Euro-Ticket, um das Fahren

mit Bussen und Bahnen attraktive­r zu machen. Dafür geht der Bund jetzt einen Schritt auf die Länder zu, indem er 1,5 Milliarden Euro in die Hand nimmt. Jetzt müssen die Länder mindestens die gleiche Summe drauflegen“, forderte Kufen. Auch DGB-Chefin Weber fordert mehr Einsatz des Landes: „Die Landesregi­erung muss jetzt zügig ihren Teil beitragen, um die konkrete Umsetzung im öffentlich­en Personenna­hverkehr zeitnah zu realisiere­n.“

Mit Sorge blicken die Kommunen auf die prekäre Lage ihrer Stadtwerke: „Für die Stadtwerke wachsen die Risiken derzeit immens: Wir rechnen auch mit immer mehr Zahlungspr­oblemen bei privaten Endkunden und Handwerksb­etrieben“, warnte Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetags NRW. Zugleich könnten die Stadtwerke steigende Preise in vielen Fällen nicht an die Fernwärme- und Festvertra­gskunden weitergebe­n: „Stadtwerke müssen unter einen Rettungssc­hirm von Bund und Ländern.“

Leitartike­l, Politik

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