Rheinische Post Krefeld Kempen

Breitseite aus Bayern

- VON MORITZ DÖBLER

Markus Söder hat ein Gespür für die Themen der Zeit. Das trug ihn zeitweise zu enormer Popularitä­t. Nun attackiert der bayerische Ministerpr­äsident das öffentlich-rechtliche System aus Fernsehen, Rundfunk und Internetse­iten, das ohnehin gerade wegen überborden­der Ausgaben bei einem Sender und politische­r Einflussna­hme bei einem anderen in der Kritik steht. Der Angriff lässt sich als Populismus abtun, typisch Söder halt. Und das Dauergeife­rn der AfD meint nur vordergrün­dig das öffentlich-rechtliche System und eigentlich die Pressefrei­heit. Klar ist auch: Die Verdienste von ARD und ZDF liegen auf der Hand, nicht zuletzt durch sie hat sich Deutschlan­d nach dem Zweiten Weltkrieg durch und durch demokratis­ch entwickelt.

Trotzdem ist angesichts der Dimension, die der öffentlich-rechtliche Mediensekt­or erreicht hat, eine ernsthafte Debatte geboten. 21 Fernsehsen­der, 73 Radiosende­r sowie ungezählte Internetse­iten und Apps werden aus den Rundfunkbe­iträgen finanziert. Jeder Haushalt zahlt 18,36 Euro pro Monat, so kamen im vergangene­n Jahr 8,4 Milliarden Euro zusammen.

Viele stören sich grundsätzl­ich an der Zwangsabga­be, denn sie muss auch dann gezahlt werden, wenn man das Programm nicht nutzt. Insbesonde­re Jüngere trifft das, die lieber bei privaten Streaminga­nbietern in der ersten Reihe sitzen. Auf der anderen Seite sollte das System an sich nicht infrage gestellt werden, denn es finanziert wichtige Aufklärung, die ein freier Markt vielleicht nicht bereitstel­len würde. Aber muss es so groß sein? Söders Impuls hat seine Berechtigu­ng, nun wäre es an ihm, im Kreis der Ministerpr­äsidenten auf eine Lösung zu dringen. Denn die öffentlich-rechtliche­n Sender sind politisch vermachtet, der Bayerische Rundfunk bildet da keine Ausnahme. Söder hat alle Möglichkei­ten, eine vernünftig­e Reform zu skizzieren und dafür eine Mehrheit zu suchen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany