Rheinische Post Krefeld Kempen

Scholz macht klare Zusagen für den Winter

- VON GREGOR MAYNTZ

Der Bundeskanz­ler versucht, beim traditione­llen Sommerinte­rview betont ruhig aufzutrete­n – und Sorgen zu zerstreuen.

BERLIN Er habe einen Amtseid geschworen, und dafür werde er Tag und Nacht arbeiten, sagte Bundeskanz­ler Olaf Scholz am Sonntag im Sommerinte­rview mit ZDF-Studioleit­er Theo Koll. Das war im Garten des Kanzleramt­es ausnahmswe­ise wörtlich zu nehmen. Denn der SPD-Politiker hatte tatsächlic­h gerade den ganzen Samstag und die ganze Nacht zum Sonntag mit den anderen Spitzen der Koalition am dritten Entlastung­spaket gearbeitet.

Scholz erweckt schon in der ersten Minute den Eindruck, an einmal eingeschla­genen Wegen festzuhalt­en. Das Treffen mit dem TV-Team im Grün hinter dem Kanzleramt hat einen besonders prägnanten Hintergrun­d: Es ist das letzte Mal, denn bald rücken hier die Bagger an, ziehen die Baufirmen einen riesigen Erweiterun­gsbau für das Kanzleramt hoch – für 640 Millionen Euro. Ob er da nicht die Reißleine ziehen müsse angesichts der veränderte­n finanziell­en Situation, will der Journalist wissen. Aber der Kanzler geht darauf nicht ein: „Investiere­n ist das Gebot der Stunde“, meint Scholz.

Die Verständig­ung zwischen SPD, Grünen und FDP hat ihm erkennbar Auftrieb gegeben. Zusicherun­gen und Verspreche­n, wie sie angesichts der Finanzkris­e vor anderthalb Jahrzehnte­n von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzmini­ster Peer Steinbrück gemacht wurden, kamen von der Regierung Scholz bislang nur indirekt. Das will er nun nachholen. Finanzmini­ster Christian Lindner hatte die Krise mit einer Lawine verglichen, die auf Deutschlan­d zurolle. Ob er denn sagen könne, dass niemand unter diese Lawine gerate, wird Scholz gefragt. Seine Antwort: „Ja, das kann ich ganz klar zusagen, dass das nicht geschieht.“

Wenig später hört sich das bei der Antwort auf möglicherw­eise drohende Strom-Blackouts, wie von Opposition­schef Friedrich Merz für möglich gehalten, schon wieder anders an. Er betont nur: „Wir haben alles getan, dass es nicht dazu kommt.“Nach menschlich­em Ermessen werde das nicht passieren.

Kann er erklären, warum es in der Koalition keine Einigung auf eine Übergewinn­steuer geben konnte, es nun aber zu einer „Abschöpfun­g von Zufallsgew­innen“kommen soll? „Das sind jedenfalls Gewinne, die nichts mit dem zu tun haben, was man eigentlich wirtschaft­lich tut“, lautet die Scholz-Definition. Und dabei erläutert er, dass es sich um Eingriffe in den Strommarkt handeln werde. Dann bekäme der Staat „viele, viele Milliarden, um sie den

Bürgern zurückzuge­ben“, kündigt der Kanzler an.

Angesichts der schwindend­en Zustimmung zum Ukraine- und Sanktionsk­urs in Österreich verweist er darauf, bei den Waffenlief­erungen einen betont „besonnenen“Kurs gewählt zu haben, der vielleicht eher geneigt sei, die Zustimmung in Deutschlan­d zu erhalten.

Und was ist mit dem Klima in der Koalition? Die Regierung arbeite „sehr ordentlich zusammen“, meint der Kanzler. Und zu seinem eigenen Stil: „Wir sind in einer Zeit, in der viele sehr aufgeregt sind; ich zähle nicht zu diesen und will es auch nicht sein.“

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