Rheinische Post Krefeld Kempen
Scholz macht klare Zusagen für den Winter
Der Bundeskanzler versucht, beim traditionellen Sommerinterview betont ruhig aufzutreten – und Sorgen zu zerstreuen.
BERLIN Er habe einen Amtseid geschworen, und dafür werde er Tag und Nacht arbeiten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag im Sommerinterview mit ZDF-Studioleiter Theo Koll. Das war im Garten des Kanzleramtes ausnahmsweise wörtlich zu nehmen. Denn der SPD-Politiker hatte tatsächlich gerade den ganzen Samstag und die ganze Nacht zum Sonntag mit den anderen Spitzen der Koalition am dritten Entlastungspaket gearbeitet.
Scholz erweckt schon in der ersten Minute den Eindruck, an einmal eingeschlagenen Wegen festzuhalten. Das Treffen mit dem TV-Team im Grün hinter dem Kanzleramt hat einen besonders prägnanten Hintergrund: Es ist das letzte Mal, denn bald rücken hier die Bagger an, ziehen die Baufirmen einen riesigen Erweiterungsbau für das Kanzleramt hoch – für 640 Millionen Euro. Ob er da nicht die Reißleine ziehen müsse angesichts der veränderten finanziellen Situation, will der Journalist wissen. Aber der Kanzler geht darauf nicht ein: „Investieren ist das Gebot der Stunde“, meint Scholz.
Die Verständigung zwischen SPD, Grünen und FDP hat ihm erkennbar Auftrieb gegeben. Zusicherungen und Versprechen, wie sie angesichts der Finanzkrise vor anderthalb Jahrzehnten von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück gemacht wurden, kamen von der Regierung Scholz bislang nur indirekt. Das will er nun nachholen. Finanzminister Christian Lindner hatte die Krise mit einer Lawine verglichen, die auf Deutschland zurolle. Ob er denn sagen könne, dass niemand unter diese Lawine gerate, wird Scholz gefragt. Seine Antwort: „Ja, das kann ich ganz klar zusagen, dass das nicht geschieht.“
Wenig später hört sich das bei der Antwort auf möglicherweise drohende Strom-Blackouts, wie von Oppositionschef Friedrich Merz für möglich gehalten, schon wieder anders an. Er betont nur: „Wir haben alles getan, dass es nicht dazu kommt.“Nach menschlichem Ermessen werde das nicht passieren.
Kann er erklären, warum es in der Koalition keine Einigung auf eine Übergewinnsteuer geben konnte, es nun aber zu einer „Abschöpfung von Zufallsgewinnen“kommen soll? „Das sind jedenfalls Gewinne, die nichts mit dem zu tun haben, was man eigentlich wirtschaftlich tut“, lautet die Scholz-Definition. Und dabei erläutert er, dass es sich um Eingriffe in den Strommarkt handeln werde. Dann bekäme der Staat „viele, viele Milliarden, um sie den
Bürgern zurückzugeben“, kündigt der Kanzler an.
Angesichts der schwindenden Zustimmung zum Ukraine- und Sanktionskurs in Österreich verweist er darauf, bei den Waffenlieferungen einen betont „besonnenen“Kurs gewählt zu haben, der vielleicht eher geneigt sei, die Zustimmung in Deutschland zu erhalten.
Und was ist mit dem Klima in der Koalition? Die Regierung arbeite „sehr ordentlich zusammen“, meint der Kanzler. Und zu seinem eigenen Stil: „Wir sind in einer Zeit, in der viele sehr aufgeregt sind; ich zähle nicht zu diesen und will es auch nicht sein.“