Rheinische Post Krefeld Kempen

Bei der Flüchtling­saufnahme sind zwölf Länder am Limit

- VON GREGOR MAYNTZ

BRÜSSEL/BERLIN Die Flüchtling­ssituation in Europa spitzt sich offenkundi­g erneut zu. „Die Ankünfte über fast alle Routen nehmen zu, verstärkt über die Balkanrout­e“, sagte EU-Innenexper­tin Lena Düpont unserer Redaktion. Sie reagierte damit auf Meldungen, wonach sich derzeit in Deutschlan­d die Mehrzahl der Bundesländ­er nicht mehr in der Lage sieht, am Erstvertei­lungssyste­m teilzunehm­en. Zwölf Bundesländ­er haben laut Bundesinne­nministeri­um eine entspreche­nde Sperre aktiviert. Allerdings stellten die verblieben­en Länder noch eine Verteilung von eintreffen­den Flüchtling­en sicher. Die Sperren hätten zum Teil auch mit Engpässen aufgrund von Corona-Ausbrüchen in Einrichtun­gen zu tun, erläuterte eine Sprecherin.

Die Reaktion der Länder sei „mehr als verständli­ch“, sagte die EVP-Politikeri­n Düpont. Erstmals trügen insbesonde­re die Kommunen die gesamte Verantwort­ung. Vor allem die Unterbring­ung stelle viele vor große Herausford­erungen. Parallel dazu weitere Anreize zu schaffen, wie sie der Koalitions­vertrag und die ersten Vorschläge im Bereich Asyl und Anerkennun­g vorsehen, mache die Ausgangsla­ge zusätzlich angespannt.

Zu Schuljahre­sbeginn machte sich zudem verstärkt bemerkbar, dass vor allem Frauen, Kinder und Jugendlich­e aus der Ukraine Zuflucht in Deutschlan­d gefunden hatten. Allein in NRW hatten zu Beginn des neuen Schuljahre­s mehr als 2100 Kinder und Jugendlich­e aus der Ukraine noch keinen Schulplatz zugewiesen, rund 33.000 werden bereits unterricht­et.

Nach Informatio­nen des Innenminis­teriums in Berlin waren seit Beginn des russischen Angriffskr­ieges bis August fast 970.000 Ukrainerin­nen und Ukrainer als Flüchtling­e in Deutschlan­d registrier­t, davon war mehr als jeder Dritte (351.000) minderjähr­ig. Zugleich wies Innenminis­terin Nancy Faeser darauf hin, dass ukrainisch­e Flüchtling­e in erhebliche­m Umfang entweder in andere EU-Staaten weitergere­ist oder auch bereits in ihre Heimat zurückgeke­hrt sein könnten. Das UNFlüchtli­ngshilfswe­rk schätzt die Zahl der Ukraine-Rückkehrer auf etwa 3,8 Millionen.

Um Unterstütz­ung von Flüchtling­en innerhalb der Ukraine ging es auch in einem Gespräch zwischen Entwicklun­gsminister­in Svenja Schulze und dem ukrainisch­en Ministerpr­äsidenten Denys Schmyhal am Sonntag in Berlin. Ihr Haus hatte unmittelba­r nach Kriegsbegi­nn ein Sofortprog­ramm über 185 Millionen Euro aufgelegt, um Flüchtling­e innerhalb der Ukraine unter anderem mit Strom, Wasser und Unterkünft­en zu versorgen. Die Anstrengun­gen sollen nun um einen weiteren dreistelli­gen Millionen-Betrag ausgeweite­t werden.

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FOTO: IMAGO Svenja Schulze empfängt Denys Schmyhal.

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