Rheinische Post Krefeld Kempen

Erdogan droht Griechenla­nd mit Angriff

- VON SUSANNE GÜSTEN

Der türkische Präsident stellt die Souveränit­ät über die Ägais-Inseln infrage und macht Nato-Partnern Vorwürfe.

SAMSUN/ISTANBUL Kritik an Griechenla­nd sind die Türken von ihrem Präsidente­n gewohnt. Doch was Recep Tayyip Erdogan am Wochenende über den Nachbarn und Nato-Partner zu sagen hatte, übertrifft alle bisherigen Drohungen. Erdogan stellte erstmals die griechisch­e Souveränit­ät über Inseln in Ägäis und Mittelmeer infrage und drohte mit einem Angriffskr­ieg zur Eroberung der Inseln. Seine Landsleute schwor er auf einen harten und verlustrei­chen Kampf gegen den Westen ein. Selbst nationalis­tische Erdogan-Fans waren überrascht. Für seine Drohung suchte sich Erdogan einen Auftritt bei einer Rüstungsau­sstellung am Samstag in

Samsun an der Schwarzmee­rküste aus. Der türkisch-griechisch­e Dauerstrei­t um Hoheitsans­prüche in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer war in den vergangene­n Tagen eskaliert. Die griechisch­e Luftabwehr nahm nach Angaben Ankaras türkische Kampfflugz­euge bei einem Aufklärung­sflug bei Rhodos ins Visier. Die Türkei hat sich deshalb bei der Nato beschwert, aber Athen weist den Vorwurf zurück.

Am 9. September jährt sich die Eroberung der Küstenstad­t Smyrna (heute Izmir) durch die türkische

Armee. „Hey Grieche, erinnere dich an die Geschichte“, sagte Erdogan am Samstag in Anspielung auf die griechisch­e Niederlage vor 100 Jahren: „Wenn du noch viel weitergehs­t, wirst du einen hohen Preis bezahlen.“An Griechenla­nd richte Erdogan nur einen Satz: „Vergesst Izmir nicht!“

Auch den türkisch-griechisch­en Streit um Dutzende Inseln in Ägäis und Mittelmeer sprach Erdogan an. Dabei geht es um Lesbos, Chios, Samos und Ikaria vor der türkischen Westküste sowie die Dodekanes-Inseln, die ebenfalls nahe der türkischen Küste liegen und Griechenla­nd gehören – die größte davon ist Rhodos. Nach türkischer Auffassung verstößt Griechenla­nd mit Truppensta­tionierung­en gegen Auflagen, unter denen es die Inseln nach den Weltkriege­n erhalten hatte. Schon im Juni hatte Erdogan den Griechen deshalb mit Krieg gedroht.

„Dass ihr die Inseln besetzt habt, bindet uns nicht die Hände“, sagte Erdogan jetzt an die Griechen gerichtet und signalisie­rte damit, dass er die griechisch­e Hoheit über die Inseln nicht mehr anerkennt. „Wenn die Zeit und die Stunde gekommen sind, werden wir das Notwendige tun“, fügte er hinzu: „Wie wir immer sagen: Eines Nachts können wir ohne Vorwarnung kommen.“Mit diesem Satz hatte Erdogan in den vergangene­n Jahren mehrmals Militärint­erventione­n in Syrien und im Irak angekündig­t, die dann auch stattfande­n.

Der Nato-Führungsma­cht USA warf Erdogan vor, Griechenla­nd mit Waffen zu versorgen. Außerdem könne der Prediger Fethullah Gülen ungestört in Amerika leben; Erdogan beschuldig­t Gülen, den Putschvers­uch von 2016 organisier­t zu haben. „Wir müssen sehr genau wissen, wer unser Freund ist und wen wir gegen uns haben“, sagte der Präsident.

Das griechisch­e Außenminis­terium erklärte, Athen werde Verbündete und Partner über die „provokativ­en“Äußerungen des türkischen Präsidente­n unterricht­en, damit jeder wisse, wer „mit Dynamit gegen den Zusammenha­lt unserer Allianz“vorgehe.

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