Rheinische Post Krefeld Kempen
Stresstest für Grüne und private Haushalte
Angesichts der Sommerhitze schien die Energiekrise vielen weit weg. Doch in den vergangenen Tagen dürfte allen klar geworden sein, auf welch harten Winter Deutschland zusteuert. Erst verlängert Russland den Lieferstopp durch Nord Stream 1 auf unbestimmte Zeit, prompt gehen die Gaspreise durch die Decke. Dann bereitet die Bundesnetzagentur die privaten Haushalte darauf vor, dass sie auch als geschützte Kunden zu Gas-Einsparungen gezwungen werden könnten. Und schließlich verkündet Wirtschaftsminister Robert Habeck das unerfreuliche Ergebnis des Stresstestes: Weil die Stromversorgung im Winter nicht sicher ist, sollen nun zwei Atommeiler nicht abgeschaltet werden, sondern in die Notreserve gehen. Ein Grünen-Politiker verkündet eine Laufzeit-Verlängerung! Ausgerechnet ein Minister der Partei, die im Kampf gegen Atomkraft entstanden ist. Auch wenn es nur eine kleine Laufzeit-Verlängerung und diese mit Nebenbedingungen verbunden ist, zeigt diese energiepolitisch sinnvolle Entscheidung doch, wie ernst die Lage ist. Mit ihrer Warnung hat die Netzagentur Habeck den Schritt erleichtert.
Zugleich müssen sich die Bürger auf einen Winter mit neuen Auflagen einstellen. Dass sie den Pool im Garten und die Sauna im Keller nicht mehr beheizen dürfen, ist natürlich Symbolpolitik. Diese Verbraucher abzuklemmen, wird Deutschland nicht durch den Winter bringen. Aber die Netzagentur hat die Waffen schon mal auf den Tisch gelegt, die sie ziehen kann, wenn es mit dem freiwilligen Gassparen nicht klappt. Kontrolle und Sanktionen bleiben im Nebel. Es soll allerdings keine Wärme-Polizei geben, die in den Häusern kontrolliert, das wäre ja auch noch schöner. Doch die Netzagentur macht den Bürgern zu Recht klar, was passieren kann, wenn Nord Stream 1 auf Dauer dicht bleibt, der Winter kalt und die freiwillige Einsparung nicht groß genug wird. Es ist an uns, das zu verhindern.