Rheinische Post Krefeld Kempen
Corona ist nur noch selten Todesursache
An Covid-19 sterben derzeit kaum noch Menschen. Meist erliegen sie einer schweren Grunderkrankung, sagen Intensivmediziner. Trotzdem birgt die Omikron-Untervariante BA.5 Risiken, die überwunden schienen.
vom Helios-Klinikum Krefeld sagt: „Unsere aktuellen Corona-Patienten sind in der Regel vorerkrankt und werden zumeist wegen dieser Erkrankungen stationär behandelt. Oftmals werden Covid-19-Infektionen zufällig erst im Rahmen der stationären Aufnahme diagnostiziert, der immer ein PCR-Test vorausgeht.“Und wie oft gibt es Patienten mit Covid-19 als Hauptdiagnose? „Selten“, sagt Dorsch: „Dann handelt es sich oft um ältere Patienten, bei denen etwa der Flüssigkeitsverlust eindeutig auf das Coronavirus zurückzuführen ist, liegt bereits Monate zurück.“
Jensen, der in der Uniklinik naturgemäß die komplizierten Fälle zugewiesen bekommt, schließt sich dieser Einschätzung an: „Die Menschen, die aktuell noch an Covid-19 sterben, haben oft Risikofaktoren wie hohes Alter oder schwere Vorerkrankungen, sind häufig nicht oder unvollständig geimpft oder haben eine Immunschwäche, die den Schutz durch die Sars-Cov-2-Impfung
mindert.“Es sind die vulnerablen Gruppen.
Zugleich sehen die Mediziner wie Encke, „dass die Impfung viele Menschen sehr gut vor schweren Verläufen schützt“. Aber „viele“sind eben nicht „alle“– und wenn sich Heerscharen von Menschen mit Corona anstecken, kommt es rein statistisch wieder zu mehr schweren Fällen, auch bei den Geimpften. Das ist simple Mathematik. Balzanelli macht ähnliche Erfahrungen: „Trotz einer erfolgten zweiten Auffrischungsimpfung beobachten wir – insbesondere bei Krebs- und Hämatologie-Patienten – bedenkliche Sauerstoffentsättigungen im Blut. Generell sehen wir, dass sich die Abteilungen für Infektionskrankheiten erneut füllen und unter Druck geraten. Zudem stellen wir auch Magen-Darm-Symptome fest.“
Die leidige Debatte, ob jemand an oder mit Corona gestorben ist, wird durch ein Phänomen der Datenerfassung genährt. Denn auch Krebsoder Infarkttote, die nebenbei mit Corona infiziert waren, werden in mancher Statistik als Corona-Tote geführt. Das verzerrt die Realität. Andererseits, sagt Jensen, könne man beides nicht immer genau trennen: „Man sollte bei der Diskussion, ob jemand an oder mit Covid-19 gestorben ist, allerdings nicht vergessen, dass auch ein nur mäßig schwerer und für sich allein nicht lebensbedrohlicher Verlauf von Covid-19 die Behandlung anderer schwerer Erkrankungen behindern und dadurch indirekt die Überlebenswahrscheinlichkeit betroffener Patienten verringern kann.“
Dass Corona-Patienten im Krankenhaus, sofern sie überhaupt intensivpflichtig werden, gute Karten haben, hängt auch mit den hohen Erfahrungswerten der Mediziner zusammen, wie und wann sie etwa Dexamethason und Paxlovid als standardisierte Medikamente oder sogenannte monoklonale Antikörper geben. Encke gibt sich jedenfalls entspannt und aufmerksam zugleich: „Im Moment können wir von einer endemischen Situation sprechen, wir leben sehr gut mit dem Virus.“Trotzdem sei es klug, immer einen Plan B in der Tasche zu haben – vor allem wenn der Winter mit seinen Wellen komme.
Influenza solle man dabei nicht unterschätzen, sagt auch Ortwin Adams, Virologe am Universitätsklinikum Düsseldorf: „In Australien ist die Influenza-Welle deutlich früher hereingebrochen. Das könnte uns auch widerfahren. Problematisch könnte für unsere Kliniken werden, wenn wir Personalausfälle durch Corona und Influenza gleichzeitig bekommen.“Deshalb sei Werbung für die Grippeschutzimpfung derzeit so wichtig.