Rheinische Post Krefeld Kempen
Die Konsequenzen einer Strompreisbremse
Der RWE-Chef sieht die Branche bei der Entlastung der Bürger in der Pflicht. Staatliche Markteingriffe müssten befristet werden.
DÜSSELDORF Die Bundesregierung hat in ihrem dritten Entlastungspaket auch spezielle Maßnahmen für den Energiemarkt verabredet – und die haben Folgen für Unternehmen und Verbraucher. Den privaten Haushalten wird eine bestimmte Menge Strom zu einem vergünstigten Preis zugestanden. So könnte zum Beispiel für einen jährlichen Basisverbrauch von 1400 Kilowattstunden (Single) und 3100 Kilowattstunden (Familie) ein Strompreisdeckel von 30 Cent je Kilowattstunde festgeschrieben werden. Das Vergleichsportal Check 24 hat errechnet, was das bringen würde: „Eine Familie mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden würde im Vergleich zum durchschnittlichen Strompreis im August (39,9 Cent je Kilowattstunde) um 346 Euro entlastet werden, ein Single mit einem
Verbrauch von 1500 Kilowattstunden um 141 Euro.“Finanzieren will die Koalition dies, indem sie sogenannte Zufallsgewinne der Stromerzeuger abschöpft.
Zur Finanzierung des Ganzen will die Bundesregierung einen Höchstpreis für Erlöse am Spotmarkt festlegen. Setzen RWE und andere Stromerzeuger mehr um, müssen sie die Differenz an den Staat abführen. Grüne und SPD fordern seit Langem eine Übergewinnsteuer, in der aktuellen Form hat nun auch die FDP zugestimmt. Statt von Übergewinnen ist nun von Zufallsgewinnen die Rede. Fällig werden sie vor allem bei den Herstellern von Öko- und Kohlestrom, die Strom viel günstiger erzeugen können als die den Preis setzenden Gaskraftwerke. Die Reaktion der Unternehmen ist verhalten.
RWE-Chef Markus Krebber mahnt, bei der Besteuerung der Zufallsgewinne maßvoll vorzugehen: „Kurzfristige Markteingriffe der Bundesregierung wie etwa die Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen müssen deshalb so gestaltet werden, dass die Funktionsweise des Marktes und die Investitionsfähigkeit der Unternehmen unter allen Umständen erhalten bleibt“, sagte Krebber unserer Redaktion: „Wie bei anderen Maßnahmen auch, müssen solche Eingriffe deshalb von vorneherein zeitlich befristet werden.“Der RWE-Chef sagte aber auch: „Wir finden es richtig, dass die Bundesregierung diejenigen entlasten will, die die hohen Energiepreise nicht alleine tragen können. Für uns steht auch außer Frage, dass die Unternehmen der Energiewirtschaft hierzu ebenfalls einen Beitrag leisten sollten.“Am wirkungsvollsten könne das geschehen, indem die Ursache der Energieknappheit bekämpft werde: „Milliardeninvestitionen der Energiewirtschaft, mit der die Strom- und Gasversorgung robuster und grüner werden kann, brauchen aber verlässliche Rahmenbedingungen.“
Zugleich mahnte Krebber den Bund, den Anreiz für Langfristverträge nicht zu zerstören: „Heute wird der überwiegende Teil des Stroms langfristig an Kunden und über die Börse verkauft. Er unterliegt damit nicht dem schwankenden Preis des Tagesmarktes – das schafft Stabilität. Der Anreiz für diese Termingeschäfte muss deshalb auf jeden Fall erhalten bleiben, sonst schütten wir das Kind mit dem Bade aus.“
Der Energiekonzern Eon betreibt nur noch wenige Kraftwerke, darunter aber Gewinnmaschinen wie den Atommeiler Isar 2. Den meisten Strom muss Eon selbst bei RWE oder anderen Herstellern einkaufen. Eon betonte daher, es dürften nicht alle über einen Kamm geschoren werden: „Auch wenn Erzeuger aktuell von hohen Preisen profitieren, tut das nicht die ganze Branche. Beispiel sind etwa viele Stadtwerke oder Eon.“Weiter erklärte der Essener Konzern: „Um es ganz klar zu sagen: Wir entwickeln uns wirtschaftlich gut, aber wir profitieren nicht von höheren Energiepreisen.“
Der dritte deutsche Konzern, der noch Strom aus Kernkraft erzeugt, EnBW, will sich in der Sache noch nicht äußern. Von dem Unternehmen, das auch Mutter der Stadtwerke Düsseldorf ist, heißt es: „Beim Maßnahmenpaket der Koalition ist nach unserem Kenntnisstand zum jetzigen Zeitpunkt die konkrete Ausgestaltung verschiedener Maßnahmen noch offen.“
„Investitionsfähigkeit muss erhalten bleiben“Markus Krebber