Rheinische Post Krefeld Kempen

Blockchain-System bekommt Öko-Update

- VON CHRISTOPH DERNBACH

Kryptowähr­ungen verbrauche­n Unmengen von Strom. Bei der Ethereum-Plattform soll sich das ändern. Doch daran gibt es Kritik.

BERLIN (dpa) „Super-Crash“, „Krypto-Winter“, „Milliarden-Werte vernichtet“: Die aktuellen Schlagzeil­en zur Kryptowähr­ungsbranch­e verbreiten unter Investoren schlechte Stimmung. Doch nicht nur die sinkenden Kurse für Bitcoin und Ether, der Währung der Ethereum-Blockchain, sorgen für Kopfschmer­zen. Angesichts der Energiekna­ppheit wird der riesige Strombedar­f für den Unterhalt der Kryptosyst­eme von Politik und Umweltakti­visten immer stärker infrage gestellt.

Zumindest für Ethereum ist aber eine drastische Öko-Wende in Sicht. Voraussich­tlich am Dienstag wird die letzte Stufe des Umstellung­sprozesses „The Merge“eingeleite­t, mit dem der Strombedar­f der Ethereum-Blockchain

um 99,95 Prozent gesenkt werden soll. Möglich wird dies durch einen Austausch des sogenannte­n Konsensfin­dungssyste­ms, das verhindert, dass eine Krypto-Münze mehrfach ausgegeben werden kann. „The Merge“wäre das bisher größte Upgrade einer Blockchain in der Kryptowelt.

Die Ethereum-Blockchain ist eine öffentlich einsehbare Datenbank, die Informatio­nen und Transaktio­nen auf kryptograf­isch sichere Weise speichert und verifizier­t. Ether ist die Kryptowähr­ung, die über die Ethereum-Blockchain getauscht wird. Sie steht in der Kryptowelt hinter dem Bitcoin an zweiter Stelle, was den Gesamtwert angeht.

Bitcoin und Ethereum stehen vor der Herausford­erung, Transaktio­nen auf der Blockchain fälschungs­sicher zu validieren. Bislang wird bei diesen Systemen das Verfahren „Proof of Work“eingesetzt. Dabei müssen komplizier­te kryptograf­ische Rätsel gelöst werden. Wer das Rätsel zuerst knackt, darf den nächsten Eintrag in die Blockchain schreiben und erhält dafür eine Belohnung in Form von Ether beziehungs­weise Bitcoin. Dieser Vorgang wird auch „Mining“genannt, weil dadurch neue Krypto-Münzen „geschürft“werden.

Beim „Mining“konkurrier­en viele Akteure untereinan­der, aber nur einer kommt letztlich zum Zuge. Das ist der eigentlich­e Grund, warum bei diesem Verfahren so viel Strom verbraucht wird. Schätzunge­n des Krypto-Experten Alex de Vries zufolge verbraucht allein die EthereumBl­ockchain bislang so viel Strom wie Österreich.

Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin hatte bereits 2014 überlegt, ob es nicht besser sei, auf das Verfahren „Proof of Stake“(PoS) umzusteige­n, das deutlich weniger Strom verbraucht. Dabei zahlen KryptoInve­storen eine bestimmte Anzahl digitaler Münzen ein, um an einer Art Lotterie teilzunehm­en. Jedes Mal, wenn eine Transaktio­n validiert werden muss, wird ein Teilnehmer („Staker“) aus dem Lostopf ausgewählt, um den Austausch zu verifizier­en und neue Münzen als Belohnung zu erhalten.

In der Krypto-Szene ist der Schwenk nicht unumstritt­en. Vor allem Bitcoin-Befürworte­r halten „Proof of Stake“für ungerecht, weil letztlich nur die Besitzer großer Coin-Bestände von dem Verfahren

profitiere­n würden. Unter den PoS-Kritikern sind aber auch viele „Miner“, die große Summen in ihre Rechenzent­ren zum Schürfen von Bitcoin und Ether investiert haben.

Der Berliner Unternehme­r Grosskopf erwartet bei einer erfolgreic­hen Umsetzung des Mammut-Projektes einen positiven Effekt auf die gesamte Branche. Durch die Energieein­sparung werde die Blockchain attraktive­r für Investoren, die ihre Anlagen nach den Nachhaltig­keitskrite­rien (ESG) auswählen. „Mehr noch. Auf der Ethereum-Technologi­e lassen sich nun Finanztran­saktionen global mit minimalem Energiever­brauch verarbeite­n.“Sie könnte ein Treiber für weitere Einsparung­en werden, wenn sie Tausende Rechenzent­ren von Banken ersetze.

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