Rheinische Post Krefeld Kempen
Deutschlands Basketballer müssen sich beweisen
Drei Spiele, drei Siege, dreimal ausverkaufte Köln-Arena - die deutsche Nationalmannschaft begeistert bei der EM. Verbandspräsident Weiss bemängelt fehlendes Interesse von ARD und ZDF. Doch dafür braucht es erstmal wieder zählbare Erfolge.
Spannung, Spektakel, taktische Finessen, Emotionen – die ersten drei Auftritte der Auswahl des Deutschen Basketball Bunds (DBB) bei dieser Heim-EM boten alles, was Basketball-Fans an diesem Sport schätzen und lieben. Die daraus resultierenden drei Siege gegen Frankreich, Bosnien-Herzegowina und zuletzt Litauen vor jeweils über 18.000 Fans in der ausverkauften Kölner Arena kommen zu einem wichtigen Zeitpunkt für den Basketball hierzulande.
Schon seit Jahren fehlt es der deutschen Nationalmannschaft an sportlichen Erfolgen und in der Folge auch an der – für Sponsoren und Nachwuchsförderung – so wichtigen öffentlichen Aufmerksamkeit. Der EM-Titel von 1993 ist bald 30 Jahre her, selbst die Erfolge der der glanzvollen Ära Dirk Nowitzkis, WM-Bronze 2002 und die Silbermedaille bei der EM 2005, geraten langsam in Vergessenheit.
Dabei stellt Deutschland aktuell so viele NBA-Profis wie nie zuvor (sieben), die sportlichen Erwartungen sind und waren entsprechend groß – so wie vor der WM 2019 in China. Damals enttäuschte eine namhaft besetzte, aber nicht als Team agierende deutsche Auswahl. Der fast schon peinliche 18. Platz war Wasser auf die Mühlen all jener Beobachter, die Basketball im Internet-Livestream statt im öffentlich-rechtlichen TV gut aufgehoben sehen. Und laut einer aktuellen Studie interessieren sich 2022 gerade mal 4,8 Prozent der Deutschen für Basketball, deutlich weniger als für Handball, Eishockey oder gar König Fußball. Daran änderte auch ein versöhnlicher achter Platz bei den Olympischen Spielen im vergangenen Sommer nichts.
DBB-Präsident Ingo Weiss mag es „enttäuschend“und „ignorant“finden, doch überraschen kann es daher nicht, dass die derzeitige Europameisterschaft erneut nur im (kostenlosen) Internet-Stream der Telekom statt reichweitenstark bei ARD und ZDF zu verfolgen ist. Dieses Nischendasein ist für Fans und
Offizielle ein echter Wermutstropfen, wie nicht zuletzt Weiss‘ Äußerungen zeigen, zumal die deutsche Mannschaft durch ihre bisherigen Leistungen beste Werbung für den Basketball betreibt. Doch selbst maximaler sportlicher Erfolg dürfte unter diesen Umständen nicht zu einem kurzfristigen öffentlichen Hype führen, wie wie ihn jüngst die Fußballfrauen bei der EM in England erfuhren. Wohl aber für die Zukunft bringt jeder deutsche Sieg die Verantwortlichen des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks in größere Erklärungsnot. Es ist daher an der Nationalmannschaft, bei diesem Turnier gute Argumente für die Zukunft zu sammeln.
Die erste Turnierwoche stimmt dahingehend optimistisch. In der härtesten aller Vorrundengruppen hat das Team von Trainer Gordon Herbert bereits jetzt den Achtelfinal-Einzug gesichert. Mit den letzten beiden Spielen gegen Slowenien (Dienstag) und Ungarn (Mittwoch) kann sich die Mannschaft den Gruppensieg und somit die perfekte Ausgangslage für die Ko-Runde sichern. Diese wird ab dem Wochenende in Berlin ausgetragen. Die erste deutsche Medaille bei einem großen Turnier nach 17 Jahren Durststrecke, sie ist dann nur noch vier Siege entfernt.