Rheinische Post Krefeld Kempen
Fette Henn: Was die Gutachten sagen
Eine Bebauung an der Fette Henn in Hüls ist politisch nicht gewollt. Viele Grundstückseigentümer sind enttäuscht und verweisen auf die Gutachten, die eine Bebauung möglich machten. Wir haben uns die Schriftstücke angeschaut.
Das Bebauungsplanverfahren 550/ Fette Henn/ Hinter der Papenburg in Hüls soll vorzeitig beendet werden. Das fordern Grüne und CDU in einem gemeinsamen Antrag für den Planungsausschuss, der am 6. September tagt und in dem sie die Mehrheit haben (wir berichteten). Die Eigentümer der betroffenen Grundstücke, die aktuell als Gärten genutzt werden, sind von der Entwicklung maßlos enttäuscht und verstehen nicht, wieso die Politik nicht die Ergebnisse der Gutachten abgewartet hat. „Es ist wirklich schade, dass die Diskussion um den B-Plan 550 ganz offensichtlich zu einem Politikum geworden ist. Es wird entgegen der derzeitigen Fakten (Gutachten) gehandelt“, sagt David Drink, der 26 der 28 Eigentümer vertritt.
Der Hülser kann nicht verstehen, dass dem Grüngürtel am Rande des Naturschutzgebietes so viel Bedeutung beigemessen wird, während auf der anderen Seite Baugrundstücke für junge Familie in Hüls weiter rar seien und es ja auf der gegenüberliegenden Seite der Gärten bereits Bebauung gebe. „Es ist so frustrierend, wenn man ausgebremst wird“, sagt Drink. Wir werfen einen Blick in die Gutachten, auf die er sich bezieht.
Der Landschaftspflegerische Begleitplan bewertet Beeinträchtigungen auf Biotoptypen, Tiere, Boden, Wasser, Luft, Klimaschutz und Landschaft. Die Experten kommen darin zu dem Schluss: „Dadurch, dass auf eine flächensparende Erschließung geachtet wird und ein Teil der Vegetationsfläche erhalten bleibt, bleiben die faunistischen Veränderungen in einem zulässigen Maß. Ebenso wie die klimatischen Veränderungen, die trotz der Neuversiegelung durch das Erhalten wichtiger Grünflächen die Richtlinien des Luftreinhalteplans der Stadt Krefeld nicht übersteigen.“
Allerdings müssten Nistkästen für ein Starenbrutpaar aufgehängt und die Flugrouten der ansässigen Fledermäuse freigehalten werden. „Werden diese Maßnahmen beachtet, entstehen durch die Planung keinerlei Verbotstatbestände gem. § 44 BNatSchG“, heißt es und weiter: „Ausschlaggebende Veränderungen des Landschaftsbildes sind durch die Planung nicht zu erwarten, da sich die zu beplanende Fläche inmitten einer bereits bestehenden Bebauung befindet. Die Veränderungen sind daher nicht deutlich einsehbar und fügen sich zudem in die bestehende Wohnbebauung ein.“
Die Bodenuntersuchungen im Juni 2020 ergaben, dass „den zentralen Bereich unter kleingärtnerischer Nutzung stehende, mit Mineralboden überdeckte Niedermoorböden“bilden. Auf Teilen des ehemaligen Gärtnereigeländes gebe es „lokal stark erhöhte Bleibelastungen“. Im kleingärtnerisch genutzten Teil sei mit einem Niveau von 200 mg/kg
Blei die Bodenbelastung zwar erhöht, doch werde hier „der Prüfwert für Wohnnutzung nach BBodSchV (1999) nicht überschritten“.
Auf Basis einer feindifferenzierten Bewertung sei durch die Bebauung von Bodenfunktionsverlusten in einer Größenordnung von rund 50 Prozent des aktuellen Erfüllungsgrades auszugehen. Sie beziehen sich vor allem auf die „wasserhaushaltliche Funktion“, die Kohlenstoffspeicherfunktion und die Kühlfunktion.
Die Folgen: „Die überdeckten Niedermoorschichten im zentralen Teil des Untersuchungsgebietes“könnten durch „mechanische Belastung sehr leicht irreversibel verdichtet werden“. Dies könnte zu „oberflächennahen Stauwassererscheinungen führen. Desgleichen ist darauf hinzuweisen, dass auch unabhängig von Verdichtungen durch weitere Absenkungen des Grundwasserstandes
die Zersetzung von verbleibenden Torfschichten beschleunigt werden würde.“In der Folge, so die Experten, können „Sackungserscheinungen auftreten“.
Bei der artenschutzrechtlichen Prüfung wiederum wurde untersucht, „ob und bei welchen Arten Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG erfüllt werden“. Das Ergebnis laut Gutachten: „Im Untersuchungsraum konnten essenzielle Flugstraßen der Zwergfledermaus und Breitflügelfledermaus nachgewiesen werden. Durch die Umsetzung des Bebauungsplanes kann es zu einer Zerstörung dieser Flugstraßen kommen.“Zur Vermeidung müssten im Bebauungsplan Festsetzungen getroffen werden, die „zu einer Freihaltung der Flugstraßen führen und somit eine weitere Nutzung“ermöglichen.
Sollten Bäume gefällt oder Gebäude
abgerissen werden, könne es sein, heißt es weiter, dass es „zu einer Tötung und Verletzung von Fledermäusen in ihren Tagesverstecken und von Vögeln in ihren Nestern“komme. Um solche Szenarien zu vermeiden, werde eine „Bauzeitenregelung für die Artengruppen“notwendig.
Für den Star könne es zu einem temporären Verlust von Fortpflanzungsund Ruhestätten durch die Bebauung der Flächen kommen. Deshalb würden vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen notwendig, „um die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang zu erhalten“. Durch die Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung stünden „dem Vorhaben aus Sicht des gesetzlichen Artenschutzes keine zulassungshemmenden oder zulassungsversagenden Hindernisse entgegen.“