Rheinische Post Krefeld Kempen

So wird man Busfahrer für Krefeld

- VON SVEN SCHALLJO

Mehr als 50 Stellen sollen bei den SWKmobil dieses Jahr noch neu besetzt werden. Quereinste­iger sind willkommen. Wie lange die Umschulung dauert und warum Bahnfahrer länger „lernen“müssen, erklären wir.

Die Stadtwerke Krefeld (SWK) haben Nachwuchsp­robleme. In der Sparte SWKmobil, die für den öffentlich­en Personenna­hverkehr, also für den Bus- und Bahnverkeh­r verantwort­lich ist, wird Personal gesucht. Wie viele andere Branchen auch suchen die Verantwort­lichen dringend motivierte Männer und Frauen, die als Bus- und Bahnfahrer in den Dienst des Unternehme­ns treten. Darum veranstalt­et das Unternehme­n am 17. September einen großen Schnuppert­ag, bei dem Interessen­ten in den Beruf und das Unternehme­n einen tiefen Blick werfen und sich über die Modalitäte­n informiere­n können.

„Wir bieten eine Dienstleis­tung an, die sehr personalin­tensiv ist. Denn um eine gute Abdeckung mit Bus und Bahn zu haben, fahren gerade in den Randzeiten auch Fahrzeuge, die nur wenige oder keine Passagiere befördern. Diese Fahrten sind aber im Sinne der Verlässlic­hkeit unerlässli­ch“, erläutert Stefan Fuchs. Der Betriebsle­iter der SWKmobil ist verantwort­lich für die Organisati­on im Unternehme­nsbereich. Dabei sei der Beruf durchaus attraktiv. Zumal keine langwierig­e Ausbildung vonnöten sei.

„Generell kann fast jeder Busoder Bahnfahrer werden – es gibt nur drei Voraussetz­ungen: Die Person muss mindestens 21 Jahre alt sein, ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis ohne Eintragung­en vorweisen und einen Führersche­in der Klasse B, also die alte Klasse 3, besitzen“, erläutert Fuchs. Dabei sei das Führungsze­ugnis für Busfahrer vorgeschri­eben, für Bahnfahrer nicht einmal eine gesetzlich­e Voraussetz­ung, die Vorlage aber erwünscht.

Was folgt ist eine betriebsin­terne Weiterbild­ung. „Generell nehmen wir gern Quereinste­iger. Wir haben viele Fahrer, die zum Beispiel früher für Paketunter­nehmen gefahren sind. Aber auch Leute, die von der Bundeswehr, dem Friseurhan­dwerk oder aus ganz anderen Bereichen kommen, fahren für uns“, sagt er. Eine Ausbildung gebe es eigentlich nicht. „Zwar gibt es die Ausbildung

zur ,Fachkraft im Fahrbetrie­b‘, aber die Absolvente­n sind eher in der Fahrdienst­leitung, der Organisati­on und so weiter tätig. Als reine Fahrer sind sie in der Regel formal überqualif­iziert“, erläutert Fuchs.

Wer eingestell­t wird, der kommt auf einen sechsmonat­igen Fahrschull­ehrgang zum Busfahrer. „Kommen Menschen mit Busfahrsch­ein, dann ist das für uns der Jackpot. Die nehmen wir natürlich mit Kusshand“, sagt der Verantwort­liche. Interessan­t: Bei Bahnen ist dies nicht möglich. „Die Fortbildun­g auf der Bahn dauert drei Monate. Und die ist immer unternehme­nsscharf. Auch, wer zehn Jahre in Düsseldorf, München oder Mönchengla­dbach Bahn gefahren ist, muss diese durchlaufe­n“, sagt Fuchs. Warum? „Jede Stadt hat eigene Bahnen. Das sind historisch gewachsene Strukturen und unsere Bahnen gibt es in ganz Deutschlan­d so nicht. In Augsburg sehen sie zumindest sehr ähnlich aus, haben aber ganz andere Cockpits und nur an einer Seite Türen. Tatsächlic­h gibt es keine zwei Städte mit identische­n Bahnen. Es ist also eher ein Einlernen auf dem Fahrzeug denn ein Führersche­in“, erläutert er.

Der Bedarf an Fahrern und Fahrerinne­n sei groß. „Wir hoffen, dass wir noch in diesem Jahr 50 neue Angestellt einstellen können. Dazu kommt der Bedarf als Ersatz für Angestellt­e, die uns verlassen“, sagt er. Dieser Umstand sei historisch auch neu. „Früher gab es das nicht. Wir sind dem öffentlich­en Dienst angegliede­rt und wer bei uns einmal war, der ist hier in Rente gegangen. Das ist längst nicht mehr so“, sagt er. Die Ansprüche der Menschen hätten sich verändert. „Früher ging es vor allem darum, möglichst viel Geld zu verdienen und einen sicheren Job zu haben. Heute ist die Arbeitszei­t zunehmend im Fokus. Und hier sind unsere Möglichkei­ten eingeschrä­nkt. Wir brauchen für jede Tageszeit Personal. Irgendwer muss am Wochenende, in der Nacht, sogar an Weihnachte­n oder während eines WM-Finales unsere Busse und Bahnen fahren“, erläutert er. So versuche das Unternehme­n, durch andere attraktive Anreize die Angestellt­en zu halten.

„Bei den Gehältern sind wir an einen Tarifvertr­ag gebunden. Da der ÖPNV immer defizitär ist, brauchen wir aber Zuschüsse von der Stadt, die wiederum an diesen gekoppelt sind. Wir können also nicht einfach so übertarifl­ich zahlen“, sagt Fuchs. Hier sieht er Optimierun­gsbedarf. „Wir müssen die Struktur der Förderung überdenken. Wenn wir eine Verkehrswe­nde wollen und Angebote für Jeden schaffen wollen, brauchen wir noch viel mehr Fahrer und Fahrzeuge, Linien und Haltestell­en“, sagt er.

Und: Flexiblere Systeme. „Busse ,on demand‘ – also bei Bedarf – sind zum Beispiel eine interessan­te Sache. Wer zum Beispiel von Verberg nach Hüls will, der ist ziemlich lange unterwegs. Eine Linie mit einem großen Bus rentiere sich aber nicht. Kleine Busse mit sechs oder acht Sitzen auf Anforderun­g wären hier eine Lösung“, ist er überzeugt. Dafür aber brauche es natürlich Personal – und Geld von der öffentlich­en Hand.

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TO:SWK FO- Patrizia von Lepinski ist Busfahreri­n bei den Stadtwerke­n Krefeld. Wer in der Sparte SWKmobil einsteigen will, übernimmt in der Regel auch Fahrten an Wochenende­n und Feiertagen.

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