Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Schwindel mit den Zufallsgew­innen

- VON ANTJE HÖNING

Nord Stream 1 bleibt dicht. Wundern darf sich der Westen über diese Eskalation nicht. Russland sieht den Stopp als Vergeltung für die von der EU geplanten EnergiePre­isdeckel, die es ins Mark träfen. Bislang ist das Land gut klar gekommen mit den westlichen Sanktionen. Zwar exportiert es viel weniger Waren. Doch das wird mehr als kompensier­t durch die explodiert­en Gaspreise. Preisdecke­l drohen dieses lukrative Geschäft von Putin zu zerstören. Doch was nach einer starken Aktion des Westens aussieht, ist politisch und ökonomisch dumm. Politisch, weil Russland nun früher, als es sich Deutschlan­d leisten kann, die Gaslieferu­ngen einstellt. Ökonomisch, weil Preisdecke­l noch nie geholfen haben, wie die Wirtschaft­sgeschicht­e zeigt. Sie zerstören das Signal zum effiziente­n Ressourcen-Einsatz. Sie stauen Preisdruck und Inflation nur auf. Sie verhindern, dass Unternehme­n investiere­n.

Hand in Hand geht die Ampel mit der Übergewinn­steuer, die auf Wunsch der FDP jetzt „Abschöpfun­g von Zufallsgew­innen“heißt. Was für ein Etikettens­chwindel! Damit will die Koalition die hohen Erlöse einkassier­en, die RWE und andere Erzeuger von Öko- und Kohlestrom machen, da der Strompreis von den nun besonders teuren Gaskraftwe­rken bestimmt wird. Mal abgesehen von allen praktische­n Fragen der Besteuerun­g – so sendet die Ampel ein verheerend­es Signal: Wer in Ökostrom investiert, wird bestraft. Das ist schon erstaunlic­h für eine Koalition, in der Grüne und FDP regieren. Die Grünen verraten damit den Klimaschut­z, die Liberalen die Marktwirts­chaft. Statt Populismus brauchen wir mehr Ökostrom denn je, um das wenige Gas für das Heizen zu sparen. Doch wieder führt der kleinste gemeinsame Nenner der Ampel zu großem ökonomisch­en Unsinn. So wird das nichts mit der Bewältigun­g der Gaskrise.

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