Rheinische Post Krefeld Kempen
Das Schweigen Roms hat seinen Preis
arum um alles in der katholischen Welt trifft Papst Franziskus nach fast einjähriger Kölner Hängepartie keine EntscheiWdung
zu Kardinal Rainer Maria Woelki? Längst sind die Zustände im Erzbistum kaum noch haltbar. Nicht nur Laien, sondern auch viele Priester fordern Klarheit und Offenheit vom Erzbischof. Gremien boykottieren unverblümt die Zusammenarbeit. Gläubige halten dem Kardinal nicht nur sprichwörtlich die Rote Karte vor die Nase. Es hagelt Kritik an zweifelhaften Finanzierungen und am Umgang mit dem Betroffenenbeirat.
Aber vielleicht wird genau deshalb seit Monaten in Rom so laut geschwiegen: Weil Gläubige den Aufstand proben, Priester ihren Unmut öffentlich machen. Denn würde der Papst den Kölner Erzbischof abberufen, würde er dem Gottesvolk mehr Entscheidungsmacht eingestehen, als es die Hierarchie bisher verträgt. Die katholische Kirche tickt immer noch monarchisch. Wer ihre Hierarchie verändert, verändert ihr Wesen. Auch darum sind ja Abberufungen so selten, selbst wenn dem jeweiligen Bischof Pflichtverletzungen bei der Aufklärung von Missbrauchstaten bescheinigt werden. Der Schutz des höchsten Weiheamtes dient dem Machterhalt. Gewaltenteilung gehört noch nicht zum katholischen Kosmos und steht auch deshalb im Zentrum mancher Reformüberlegungen wie der direkten Wahl eines Bischofs durchs Gottesvolk.
Das Beharren Roms hat seinen Preis. Den bezahlen Gläubige, die frustriert der Kirche den Rücken kehren. Den bezahlt eine Institution, die in Krisenzeiten wie diesen so segensreich wirken könnte. Und den bezahlt der Erzbischof, der als Seelsorger auf verlorenem Posten um Glaubwürdigkeit ringt. Mit der Abberufung von Woelki wäre noch nichts geheilt. Doch scheint es mit ihm inzwischen keinen Weg zur Aussöhnung und Befriedung eines tiefgespaltenen Erzbistums zu geben.