Rheinische Post Krefeld Kempen
Was die angepassten Omikron-Impfstoffe leisten
Zum Impfstart für den ersten neuen Booster gibt es keine Stiko-Empfehlung. Experten rechnen nicht mit einem Ansturm.
DÜSSELDORF Die Bestellungen für die BA.1-Omikron-Impfstoffe sind raus, Ärzte, Apotheken und Impfzentren richten sich auf den Impfstart voraussichtlich in der nächsten Woche ein. Die Zulassung für an die Varianten BA.4 und BA.5 angepassten Impfstoffe steht ebenfalls in wenigen Wochen bevor. Einen Ansturm auf die Praxen erwartet die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) allerdings derzeit nicht. Ein Großteil der Risikogruppen ist schon zum vierten Mal geimpft – mit dem Ursprungsvakzin. Eine Empfehlung der Impfkommission für die angepassten Impfstoffe gibt es derzeit nicht. Sie sei jedoch für diese Woche in Aussicht gestellt, sagt KVNO-Vorsitzender Frank Bergmann.
Was können die Impfstoffe, was die bisherigen nicht können?
Das weiß man noch nicht genau.
Man geht jedoch davon aus, dass eine Anpassung einen besseren Schutz vor Infektion und Erkrankung bietet. Derzeit liegen lediglich Daten aus Tests an Tieren sowie Laboruntersuchungen Geimpfter vor. In ihnen zeigte sich, dass sich die Anzahl neutralisierender Antikörper nach der Impfung erhöhte, damit geimpfte Menschen also besser vor dem Virus geschützt sind.
Welcher Booster kann was?
„Der an BA.1 angepasste Impfstoff bringt einen großen Unterschied zu Impfstoffen des Wildtyps“, sagt Bergmann. Der Unterschied zu den erwarteten BA.5-Impfstoffen sei jedoch nicht mehr groß. Sowohl Biontech als auch Moderna bestätigen, dass der neue BA.1-Booster eine starke Immunantwort gegen den Wildtyp sowie BA.1 bringt, gegen die Varianten BA.4 und BA.5 jedoch geringer ausfällt. Wie gut die noch erwarteten BA.4- und BA.5Vakzine sind, bleibt also abzuwarten. „Zu diesen Impfstoffen liegen zurzeit noch keine klinischen Daten vor“, sagt der Chef der KVNO. Ebenfalls in den Sternen steht, inwiefern die neuen Impfstoffe im echten Leben einen überragenden Vorteil gegenüber den bisherigen Boostern bringen.
Was kann man Risikopatienten und über 60-Jährigen raten?
Der einhellige Rat der Fachwelt: Sie sollten sich – sofern nicht längst geschehen – ein viertes Mal impfen lassen. Experten wie Leif Erik Sander, Infektiologe der Charité, und Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, sehen keinen Grund für einen Booster mit dem Originalimpfstoff, sobald die angepassten Impfstoffe zur Verfügung stehen.
Die Stiko empfiehlt Immungeschwächten, Risikopatienten und Menschen ab 60 eine vierte Impfung dann, wenn die dritte Impfung vor mindestens sechs Monaten erfolgt ist. Derzeit schließt die Empfehlung jedoch noch nicht die Anwendung des angepassten BA.1Impfstoffs ein, sondern bezieht sich auf eine vierte Impfung mit den „alten“Booster-Impfstoffen. Denn auch diese sorgen dafür, dass die Zahl neutralisierender Antikörper um ein Vielfaches steigt. „Bis Herbst haben wir die Daten, um Impfstoffe zu vergleichen und zu empfehlen“, schreibt Watzl auf Twitter.
Was sollten unter 60-Jährige tun? Eine Stiko-Empfehlung für eine vierte Impfung gibt es nicht, sofern die Personen keine chronische Grunderkrankungen haben, die das Risiko für schwere Verläufe erhöht. Denn es gibt keine eindeutigen Hinweise darauf, dass sie von einer weiteren Impfung profitieren. Dennoch ist jedem freigestellt, sich boostern zu lassen. Möglicherweise – so diskutiert die Fachwelt – trage ein nach der vierten Impfung höherer Antikörperspiegel dazu bei, dass der Körper im Falle einer Infektion das Virus besser bekämpfen könne.
Für wen eignen sich die angepassten Impfstoffe nicht?
Kinder unter zwölf Jahren und Ungeimpfte können sich nicht mit BA.1-Vakzin impfen lassen. Für die Grundimmunisierung darf der Impfstoff nicht eingesetzt werden, weil beide Hersteller nur die Zulassung für Auffrischimpfungen beantragt haben.