Rheinische Post Krefeld Kempen
Lauschpausen am Mosel-Radweg
Die deutsche Premium-Route begleitet einen der schönsten Flussläufe Deutschlands. Informationen über die Attraktionen entlang der Strecke gibt es jetzt ganz modern – per Lauschtour-App vom Smartphone.
Wie eine Fata Morgana tauchen die Umrisse von Säulen und Ecktürmen aus dem Nebel auf, der an diesem Morgen kuschelig wie Watte im Tal der Mosel hängt. Die sogenannte „Villa Rustica“in Mehring soll einst einer der prächtigsten Gutshöfe der Römer im Trierer Land gewesen sein. Noch bevor wir Details erkennen können, erklingt aus dem Smartphone am Lenker ein wohltönendes „Pling“. Mit diesem Signal gibt uns die Lauschtour-App, die wir aufs Handy heruntergeladen haben, zu verstehen, dass es sich lohnt, anzuhalten, abzusteigen und eine Lauschpause einzulegen.
Und dann geht es auch schon los: Metallisches Hämmern wie aus einer Schmiede dringt zu uns herüber. Eine Kuh muht laut, und ganz deutlich ist auch das Gackern mehrerer Hühner zu hören. Mit etwas Fantasie fühlt man sich um 2000 Jahre zurückversetzt. Dann kommt die die Stimme von Matthias Fassian hinzu: „Wie alle römischen Villen an der Mosel war auch diese als Bauernhof konzipiert.“Fassian hat in den 1980er-Jahren nicht nur die Ausgrabungen miterlebt, sondern auch bei der anschließenden Rekonstruktion der Gebäude mitgeholfen. Heute teilt er sein Wissen live mit Besuchern bei Führungen und seit kurzem eben auch digital – mit den Nutzern der LauschtourApp.
Absteigen und erstmal den Reiseführer wälzen – das war einmal. So wie die Mosellandtouristik bieten mittlerweile viele Tourist-Informationen Thementouren an, die Besucher als App herunterladen können. Die Audiotour „Lauschpunkte am Mosel-Radweg“hat der Radio-Journalist Marco Neises entwickelt und produziert. Ausgerüstet mit
Mikrofon und Aufnahmegerät traf er sich vor Ort mit lokalen Protagonisten und ließ sich von ihnen Hintergründiges und Wissenswertes erzählen. Und so kommen auf der Lauschtour Stadtführer, Geologen und Archäologen, Kulturund Weinbotschafter zu Wort, die mit Enthusiasmus über die großen und kleinen Perlen im Moseltal referieren.
Der 248 Kilometer lange Mosel-Radweg begleitet den Fluss vom saarländischen Perl bis zur Mündung bei Koblenz. Die weitgehend ebene und gut ausgebaute Strecke eignet sich sowohl für Familien als auch für Genussradler, die Kultur und Kulinarik miteinander verbinden möchten. Die meisten Radler nehmen sich den Weg in fünf Etappen vor. Es gibt jedoch in fast allen Orten des Moseltals eine gute touristische Infrastruktur, sodass ein Einstieg oder Ausstieg in die Tour praktisch überall möglich ist.
Den Moselradweg befahren kann man theoretisch ab Koblenz (moselaufwärts) oder ab Perl (moselabwärts). Die meisten Radler entscheiden sich für die letztere Variante, weil sie dann das Gefälle auf ihrer Seite haben. Die erste Etappe ist knapp 50 Kilometer lang und führt durch das Dreiländereck Deutschland, Frankreich, Luxemburg bis nach Trier. Der Radweg verläuft fast ausschließlich direkt entlang der Mosel. Das Tal wird vielerorts von Weinbergen eingerahmt, und an Sehenswürdigkeiten besteht kein Mangel. Man sollte dennoch versuchen, „Strecke zu machen“, um genügend Zeit für Trier zu haben. Es gibt weltweit wohl kaum eine andere Stadt, die so viele Unesco-Weltkulturerbestätten beherbergt!
Die zweite Etappe ist mit rund 67 Kilometern die längste. Gleich nach Trier wird das Moseltal enger, und die typischen Schleifen sind nun auch beim Radeln spürbar. In Mehring kann man mithilfe der Lauschtour-App die bereits beschriebene Zeitreise ins Leben römischer Gutsbesitzer machen, danach geht es weiter flussabwärts nach Trittenheim. Der Sage nach fuhr einst auch Livia, die Frau des römischen Kaisers Augustus, moselabwärts, auf einem Schiff allerdings. Begeistert von der Schönheit der Landschaft bat sie ihren Gatten, ihr an der Stelle, an dem heute das Städtchen Leiwen liegt, eine Villa als Sommerresidenz zu errichten. Der Name Leiwen sei auf eben diese Livia zurückzuführen.
Später kündigt kurz vor Piesport ein „Pling“aus dem Smartphone an, dass ein neuer Lauschpunkt erreicht wurde: die römische Kelter. „Als diese Anlage gefunden wurde, war das eine archäologische Sensation“, berichtet die Stimme von Marco Neises. Sie beweise, dass bereits die Römer an der Mosel Wein angebaut haben. Restauriert und rekonstruiert funktioniert das Relikt aus dem 4. Jahrhundert übrigens noch heute.
Gegen Abend wird das Fachwerkstädtchen Bernkastel-Kues erreicht. Hunger und Durst lassen sich in einem der zahlreichen Restaurants und Schänken der Altstadt stillen. Wer ein Abendessen mit Aussicht bevorzugt, sollte einen Fensterplatz im Restaurant der Burg Landshut reservieren. Das Panorama ist großartig!
Die dritte Etappe der Tour zählt 42 Kilometer und führt durchs Tal der Mittelmosel. An einer Flussschleife wenige Kilometer nach Zeltingen ertönt das „Pling“völlig unerwartet. Die Stimme aus dem Smartphone lenkt den Blick der User auf die Felswand, die direkt am Radweg liegt. „400 Millionen Jahre alter gepresster Schlamm“, sagt sie. „Diese Schieferplatten und die darin enthaltenen Mineralien bilden bis heute die Grundlage für die hohe Qualität der Weine in der Region.“
Die App auf dem Smartphone meldet sich mit einem Signalton, wenn eine der Stationen erreicht wird.
Davon kann man sich wenig später in Traben-Trarbach überzeugen. Um 1900 war der Ort eine der bedeutendsten Weinhandelsstädte weltweit. Der einstige Wohlstand ist bis heute sichtbar. Vor allem an der Moselpromenade reihen sich die prachtvollen Villen der Weinhändler aneinander – architektonische Kostbarkeiten des Jugendstils.
Weitere kleine und große Attraktionen hält auch die vierte Etappe bereit. In Alf beindruckt die Burg Arras mit ihrer verschachtelten Bauweise. Bei Ediger-Eller halten wir an, um die geheimnisvollen Ruinen von Kloster Stuben auf uns wirken zu lassen. Wenige Kilometer weiter erfordert das „Dornröschen an der Mosel“eine weitere Lauschpause. Wegen seiner engen Gassen und Winkel gilt das Städtchen Beilstein als einer der romantischsten Orte am Fluss. Gut zehn Kilometer sind es dann noch bis zur Stadt Cochem, über der die
berühmte Reichsburg thront.
Das hübsche Cochem ist ein Besuchermagnet und hoffnungslos überlaufen, daher machen wir uns auf den Weg zu unserem Tagesziel Treis-Karden. Von da aus geht es am nächsten Tag auf der letzten Etappe der Lauschtour – 41 Kilometer – Richtung Koblenz. Vor Koblenz präsentiert sich der Mosel-Radweg noch einmal mit steilen Hängen und Terrassen mitsamt Trockensteinmauern und Weinreben,
die bis in den Himmel zu wachsen scheinen. Es gibt weitere Lauschpausen in pittoresken Weinorten wie KobernGondorf und Winningen, bevor gegen Abend Koblenz erreicht wird. Hier, am sogenannten Deutschen Eck, mündet die Mosel in den Rhein. Und hier enden auch der Mosel-Radweg und die Lauschtour: nachmachen dringend empfohlen!
Die Recherche wurde unterstützt von Moselland-Touristik.