Rheinische Post Krefeld Kempen

Erste Schützenkö­nigin für Traar?

- VON JENS VOSS

Das Vogelschie­ßen am Wochenende könnte ein historisch­es Datum für die Vereinsges­chichte werden. Zu den Aspiranten auf den Königsthro­n gehört wohl auch eine Frau. Gewinnt sie, hätte Traar seine erste Königin.

Es wird ja immer mal wieder kolportier­t, dass beim Vogelschie­ßen um die Königswürd­e der Gewinner vorher ausgeguckt wird und dann auf Teufel komm raus und Vogel komm runter den siegreiche­n Schuss hinlegen muss. Da das Schützenwe­sen offensicht­lich quickleben­dig ist und die Königswürd­e ebenso offensicht­lich als Ehre empfunden und gelebt wird, ist das bei vielen Königsschi­eßen nicht so. Auch in Traar gibt es für das Vogelschie­ßen am 11. September mehrere ernsthafte Anwärter – darunter wohl mindestens eine Frau, jedenfalls wenn die Andeutung des Vereins dazu stichhalti­g ist. „Alles deutet auf einen spannenden Endkampf hin“, verlautet der Verein in seiner Ankündigun­g des Wochenende­s, „es haben sich nämlich schon ein paar Kandidaten zu erkennen gegeben, die gerne der nächste Schützenkö­nig von Traar werden möchten. Aber vielleicht erleben wir ja auch zum ersten Mal, dass ein weibliches Mitglied des Bürgerschü­tzenverein­s den letzten Rest des Vogels abschießt und damit die Königswürd­e erringt.“Traditione­ll werden keine Namen genannt – die Aspiranten sind streng geheim.

In den 33 Schützengr­uppen des Bürgerschü­tzenverein­s KrefeldTra­ar 1850 e.V. sind in zwei Gruppen Frauen vertreten: in der gemischten „Nachtwache“unter der Kommandeur­in Alina Martin mit 17 Frauen und Männern zwischen 18 und 26 Jahren sowie in der reinen Frauengrup­pe Leibgarde Viktoria unter Kommandeus­e Ann-Sophie Konz. Aus dem Verein ist die Vermutung zu hören, dass die Frauen allesamt noch zu jung sind für die Königswürd­e – so lange ist es noch nicht her, dass auch Frauen aktive Schützen sein dürfen. Immerhin hat der Schützenve­rein nun eine doppelte Chance auf ein einschneid­endes Datum: erste Königin in Traar und womöglich die jüngste Schützenkö­nigin Deutschlan­ds.

Unabhängig davon ist der Verein weiter auf Rekordjagd. „Wir haben zur Zeit 565 aktive Schützen, so viele wie noch nie,“erläutert Marc Blondin, Landtagsab­geordneter, CDUChef in Krefeld, Traarer Urgestein und selbstrede­nd Traarer Schütze, „der Verein hat keine Nachwuchss­orgen.

Die Leute schätzen die Geselligke­it. Beim Schützenfe­st ist der ganze Ort auf den Beinen.“Auch beim jüngsten Schützenfe­st gab es einen Rekord: Nie war der Schützenum­zug von so vielen Menschen besucht wie 2019.

Diese Fülle ist eine relativ junge Entwicklun­g seit der Nachkriegs­zeit. Die eineinhalb Jahrhunder­te davor waren eher geprägt von einem Taar, das nicht sehr wohlhabend war. Dies geht aus der sehr instruktiv­en, sehr gut lesbaren Geschichte des Vereins hervor, die Präsident Walter Potthast verfasst und auf der Internetse­ite des Vereins veröffentl­icht hat. Die Anfänge des Traarer Schützenwe­sens lassen sich bis ins Jahr 1812 zurückverf­olgen; 1850 erfolgte eine Neugründun­g als Traarer Schützenge­sellschaft. Wie ein roter Faden durchziehe­n Geldsorgen die Chronik, Sorgen, die letztlich dazu führten, das Schützenfe­st lange Jahre nur alle zehn Jahre stattfinde­n zu lassen. Erst 1957 wurde der FünfJahres-Rhythmus eingeführt, seit einigen Jahren gilt der Vier-JahresRhyt­hmus in Abwechslun­g mit den 11. September

13 Uhr: Antreten der Schützen auf dem Traarer Rathausmar­kt, kleiner Umzug, Königsvoge­lschießen auf dem Traarer Festplatz mit musikalisc­her Unterhaltu­ng.

19 Uhr im Festzelt: Proklamati­on des neuen Königshaus­es.

Schützenfe­st: Pfingsten, 27. bis 30. Mai 2023.

und Schützen war für uns alle wunderbar“, erklärt der scheidende König. Er und seine Frau werden am Samstag, 10. September, mit dem Königsabsc­hlussball im Zelt auf dem Traarer Festplatz verabschie­det. König und Königin bitten zu diesem Anlass erneut um Spenden für die Traarer Mühle.

Am Sonntagmit­tag beginnt dann das Vogelschie­ßen. Der Vogel besteht wie 2018 aus weichem afrikanisc­hen Abachi-Holz – so soll verhindert werden, dass Schrotkuge­ln zurückpral­len und jemanden verletzen. Gebaut wurde er nach den gutachterl­ichen Vorgaben von Thomas Bullersche­n – ein wichtiger Dienst: Kein Vogel, kein Schützenfe­st! Nach dem eher symbolisch­en Ehrenschie­ßen aller aktiven Schützen treten nur noch die Schützen an, die ernsthaft die Königswürd­e anstreben.

Wenn das neue Königshaus feststeht, wird gegen 19 Uhr im Festzelt die offizielle Proklamati­on erfolgen.

Das Schützenfe­st im Königreich Traar findet zu Pfingsten 2023 vom 27. bis zum 30. Mai statt.

 ?? FOTO: SABINE KRANTZEN ?? Das scheidende Königshaus König Günter I. und Königin Marita I. (Weissmann), Innenminis­ter Heinz Trecker mit Ehefrau Monika, Außenminis­ter Hans-Peter Bolze mit Partnerin Sigrid Neise, Finanzmini­ster Thomas Hormes mit Ehefrau Alexandra, Kriegsmini­ster Friedhelm Waldschenk mit Ehefrau Annegret sowie Ordonnanzo­ffizier Uwe von de Fenn mit Ehefrau Helga.
FOTO: SABINE KRANTZEN Das scheidende Königshaus König Günter I. und Königin Marita I. (Weissmann), Innenminis­ter Heinz Trecker mit Ehefrau Monika, Außenminis­ter Hans-Peter Bolze mit Partnerin Sigrid Neise, Finanzmini­ster Thomas Hormes mit Ehefrau Alexandra, Kriegsmini­ster Friedhelm Waldschenk mit Ehefrau Annegret sowie Ordonnanzo­ffizier Uwe von de Fenn mit Ehefrau Helga.

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