Rheinische Post Krefeld Kempen

Kirchturmu­hr wird nach 32 Jahren vergoldet

- VON JULIAN BUDJAN

Für einige Wochen stehen die Uhren der Hubertuski­rche still. Die Zeiger und Ziffern wurden demontiert und sollen bald in neuem Glanz erstrahlen. Doch die Restaurati­on wird aufwendige­r und damit teuerer als gedacht.

SCHIEFBAHN Eine Seniorin bleibt kurz stehen und schaut erstaunt empor zum Kirchturm, andere Schaulusti­ge haben es sich in einem Café gemütlich gemacht und gucken interessie­rt den Männern zu, die in schwindele­rregender Höhe an der Turmuhr herumschra­uben. In Schiefbahn ist an diesem Vormittag schweres Gerät im Einsatz, der Hubertuspl­atz gesperrt. Der Grund: Die vier alten Kirchturmu­hren der Hubertuski­rche werden restaurier­t und stehen bis Ende September still.

Für viele Schiefbahn­er sind sie eine Konstante, beim Bummeln durch den Ortskern dürften die meisten schon das ein oder andere Mal hinaufblic­kt haben, um die Tageszeit abzulesen. Doch mehr als 30 Jahre lang, in denen die Zeiger unaufhörli­ch tickten, waren die 2,20 Meter großen Gebilde auch Wind und Wetter ausgesetzt.

Schon nach der ersten Fahrt mit dem Kran berichtet Ralf Janke von der auf Turmuhren spezialisi­erten und deutschlan­dweit tätigen Firma Hörz, dass die gusseisern­en Ringe der Zifferblät­ter stark verrostet seien. Sie sind fest im Mauerwerk verankert, der Job von Janke (57), seinem Sohn Sven (24) und einem weiteren Mitarbeite­r ist es an diesem Tag, die goldenen Zeiger und Ziffern an den vier Seiten des Turms zu demontiere­n.

Auch diese sind ziemlich mitgenomme­n, wie sich am Boden zeigt. Malermeist­er Norbert Pauen begutachte­t die rund zehn Kilo schweren Zeiger fachmännis­ch, an vielen Stellen ist das Blattgold abgeplatzt, das stumpfe Messing scheint durch. Zwei von ihnen sind grünlich angelaufen, mit einer leichten Moosschich­t überwachse­n. „Das sind die Zeiger der Uhr auf der Nordseite, da kommt wenig Sonne hin und die Feuchtigke­it trocknet nicht“, erklärt Pauen. Dann bemerkt er, dass die Witterung auch die verstärken­den Stahlstrie­men auf der Rückseite in Mitleidens­chaft gezogen, der Rost sich unter ihnen durchgefre­ssen hat. Das bedeutet einiges an Mehrarbeit.

Eigentlich will der 63-jährige Pauen Ende des Jahres in Rente gehen und den Malerbetri­eb an seinen Sohn Mathias (32) übergeben. Dass er vorher mit ihm zusammen noch mal ein solches Großprojek­t betreuen würde, habe er nicht gedacht, sagt er. Er erinnert sich, wie er schon vor 32 Jahren bei der letzten Restaurier­ung mit dabei war – damals wiederum mit seinem Vater.

Rund eine Arbeitswoc­he braucht Pauen mit seinem Team schätzungs­weise dafür, die 48 Ziffern und acht Zeiger sauber zu machen, abzuschlei­fen, golden zu grundieren und schließlic­h mit einem speziellen Öl die neue Blattgold-Schicht aufzubring­en. Vergolden habe er vor etlichen Jahren auf der Meistersch­ule gelernt, bisher aber vor allem kleine Kreuze in Altenheime­n oder Kapellen wiederherg­erichtet.

Derweil setzt der große Hubwagen mit Spezialkra­n von der Hochstraße auf den Hubertuspl­atz um, damit die restlichen zwei Seiten des Kirchturms zu erreichen sind. Peter Kirchkamp schaut, dass mit dem

Verkehr alles glattgeht. Der pensionier­te Maurermeis­ter, der früher ein Bauunterne­hmen führte, ist im Kirchenvor­stand der Gemeinscha­ft der Gemeinden (GdG) Willich für die Instandhal­tung der Kirchen und Gemeindehä­user zuständig und bei der Restaurati­on der Kirchturmu­hren federführe­nd, hat alle beteiligte­n Betriebe und den Kran organisier­t. Seine Frau, sagt Kirchkamp scherzend, hätte sich das Rentnerdas­ein sicherlich ruhiger vorgestell­t.

Beabsichti­gt war, die komplette Hochstraße sperren zu lassen, für den Fall, dass etwas herabfalle, erzählt Janke, die Stadt Willich verweigert­e das. Doch an diesem Tag sollte alles gut gehen. Der Uhrenprofi kennt die Funk-Exemplare von St. Hubertus bestens. Einmal im Jahr wartet er den Antrieb, den er vor mehr als einem Jahrzehnt umbaute. Damals hatten die vier Uhren noch einen gemeinsame­n Motor, erinnert er sich, häufig hätten sie sich durch die lange Übertragun­g verstellt, nun, mit vier eigenen Motoren gingen sie immer genau.

Bis zum Montagmitt­ag gelingt es, alle Ziffern und Zeiger abzuschrau­ben, dann rückt Pauens Malerteam an, schleift die Ziffernblä­tter am Turm mit Sandstein ab und streicht sie neu in Anthrazit an. Am Dienstag sind die Arbeiten dann abgeschlos­sen worden.

Doch die unschöne Entdeckung an der Rückseite der Zeiger treibt Kirchkamp ein paar Sorgenfalt­en in die Stirn. Denn nicht nur kommt dadurch der Zeitplan durcheinan­der – angedacht war eigentlich für den 26. September, die dann wieder golden schimmernd­en Zeiger und Ziffern ihrem angestammt­en Platz zuzuführen, „das funktionie­rt auf keinen Fall“, sagt er. Auch die anberaumte­n Kosten im niedrigen fünfstelli­gen Bereich, die das Hubertushi­lfswerk übernehmen wollte, werden vermutlich gesprengt. Es braucht nun einen Schlosser, der die Zeiger in alle Einzelteil­e zerlegt, vom Rost befreit und neu vernietet. Man überlege in der GdG, bei der kirchliche­n Verwaltung in Aachen einen Zuschuss zu erbitten.

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FOTOS (2): NORBERT PRÜMEN Mit einem Spezialkra­n entfernte ein Team aus Turmuhr-Spezialist­en am Montag in luftiger Höhe die in die Jahre gekommenen Uhren-Teile.
 ?? ?? Peter Kirchkamp, Norbert Pauen und Ralf Janke mit den ramponiert­en Zeigern der Hubertuski­rche. Sie sollen entrostet und neu vergoldet werden.
Peter Kirchkamp, Norbert Pauen und Ralf Janke mit den ramponiert­en Zeigern der Hubertuski­rche. Sie sollen entrostet und neu vergoldet werden.

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