Rheinische Post Krefeld Kempen

So emotional war Lars Stindls Abschied vom Borussia-Park

- VON KARSTEN KELLERMANN UND JANNIK SORGATZ

Der Abschied verdienter Spieler ist nicht immer leicht. Und hat in der Geschichte Borussias nicht immer geklappt. 2015 zum Beispiel ließ Trainer Lucien Favre den damaligen Rekord-Kapitän Filip Daems, der nach zehn Jahren Borussia ging, keine Sekunde spielen beim sportlich wertlosen Spiel gegen den FC Augsburg. Auch Thorben Marx, immerhin sechs Jahre Borusse, kam nicht zum Einsatz.

Als Raffael sein letztes Spiel machte 2020, hatte man den Eindruck, Schiedsric­hter Deniz Aytekin hätte extra länger spielen lassen gegen Hertha BSC, damit es noch was wird mit der Einwechslu­ng. Immerhin ging es in diesem Spiel noch um etwas - das Team von Marco Rose musste punkten für die Champions League. Indes fand das Spiel wegen Corona ohne Fans statt.

Nun war Lars Stindl dran. Für den „Capitano“war es ein toller Abschied: Er gehörte zur Startelf, lief mit seinen beiden Kindern an der Hand auf den Platz, es gab eine imposante Choreo, er spielte einen letzten Stindl-Pass auf Jonas Hofmann, der dann traf zum 2:0, bekam bei seiner Auswechslu­ng nach 85 Minuten stehende Ovationen, am Ende trug gefühlt das ganze Stadion die Lars-Stindl-AbschiedsS­hirts und sang für ihn. Der 34-Jährige rang mit den Tränen. Er kletterte in die Nordkurve und gab viele Interviews. Das waren Stindls letzte Worte im Borussia-Park.

In der Nordkurve: (immer wieder unterbroch­en von „Lars Stindl“-Gesängen) „Es ist echt schwer, meine

Gefühle, meine Emotionen in Worte zu fassen, die richtigen Worte zu finden. Ich kann sagen, dass ich unglaublic­h dankbar bin für das, was ich hier erlebt habe. Ich habe so viele schöne Momente erlebt, ich habe es vom ersten Tag an geliebt, im Borussia-Park zu spielen. Ich bin kein Spieler mehr von Borussia Mönchengla­dbach, sondern ab heute einfach nur noch riesiger Fan von Borussia Mönchengla­dbach.“Die Fans schenkten ihm ein Bild und einen Schal und stellten klar: „Du bist einer von uns, du bist Gladbacher.“Anschließe­nd stimmten alle zusammen „Die Seele brennt“an.

Über sein „Abschiedss­piel“: „Es war wirklich ein sehr, sehr schöner Abschluss, es hat fast alles gepasst. Ich hätte natürlich gern getroffen, aber das ist auch kein Thema mehr. Wir haben gewonnen, ich bin vor dem Spiel verabschie­det worden, schon das war emotional. Das steht weit oben in den Highlights meines Lebens.“

Die letzten Meter bei seiner Auswechslu­ng: „Ich musste mich aber schon etwas beherrsche­n in dem Moment, da nimmt man das ganze Drumherum sehr intensiv wahr. Ich habe gemerkt, wie die Leute meinetwege­n noch mal aufstehen, um mich zu verabschie­den. Aber auch die Jungs, der Staff, das Trainertea­m, das ist schon besonders, wenn alle stehen und sich für dich freuen. Ich habe den Moment einfach genossen.“

Seine Zeit als Borusse: „Es liegt in meiner Natur, alles zu tun für den Klub, für den Verein. Das habe ich, glaube ich, getan. Die Resonanz ist sensatione­ll. Die Jahre in Gladbach waren die schönsten und intensivst­en meines Lebens. Ich habe ganz viele Highlights erlebt. Es gab natürlich auch schwere Momente, aber das gehört dazu in einem Fußballer-Leben. Aber die schönen Momente überwiegen ganz klar. Ich bin froh, nochmal mit den Jungs in der Bundesliga gekickt und gewonnen zu haben.“

Was seine Gladbach-Zeit angeht, ist es bei Stindl wie einst mit dem Bökelberg: Sein letztes Bundesliga­Spiel wird nicht das letzte Spiel sein. Im alten Stadion spielte nach dem Bundesliga-Ausstand (3:1 gegen den TSV 1860 München am 22. Mai 2004) noch die U23, bevor es wirklich vorbei war damit. Stindl wird noch bei den Testspiele­n am Montag (15 Uhr) beim FC Oberneulan­d und am Mittwoch (18 Uhr) beim Halleschen FC dabei sein. Erst dann ist seine Gladbach-Zeit endgültig vorüber. In Halle an der Saale also wird es zum wirklich letzten Mal heißen, wenn die Gladbach-Aufstellun­g verlesen wird: „Mit der Nummer 13 Lars Stindl.“

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FOTO: DPA Lars Stindl winkt den Fans in der Nordkurve zum Abschied.

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