Rheinische Post Krefeld Kempen

Nachhaltig reisen – aber wie?

- VON CLARA VESELY

Umweltbewu­sst leben und trotzdem in ein fremdes Land reisen? Für viele klingt das nach einem Gegensatz. Wer bestimmte Dinge berücksich­tigt, kann jedoch Urlaub und Nachhaltig­keit kombiniere­n.

KEMPEN Die Temperatur­en steigen, und die Sommerferi­en haben begonnen. Für viele deutsche Familien heißt es daher: Ab in den Urlaub! Doch ist so eine Reise überhaupt noch ethisch vertretbar? Schließlic­h erfordert die Klimakrise eine nachhaltig­e Lebensart. Laut dem World Travel and Tourism Council entstehen etwa acht bis elf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen durch Tourismus. Der Großteil entfällt auf An- und Abreise. Und dennoch: „Reisende können viel dafür tun, um Reisen so nachhaltig wie möglich zu gestalten – sowohl für die Umwelt als auch für die lokale Wirtschaft und Kultur“, erläutert Patricia Stiel, Büroleiter­in des Kempener Reisebüros Esser.

Bereits die Planung der Urlaubsrei­se kann einen großen Unterschie­d in der finalen Klimabilan­z machen. Anstatt zu fliegen, empfiehlt es sich, in manche Länder mit der Bahn zu fahren; anstatt mit dem Schiff eher mit einem Segelboot über das Wasser treiben; statt des Autos das Fahrrad zu nehmen. Allgemein: Je schwerer das Gepäck beispielsw­eise bei Reisen mit Auto oder Flieger, desto mehr CO2 fällt auch an. Für das Klima ist es also besser, nur so viel mitzunehme­n, wie nötig ist.

Sicherlich ist es für einige Urlaubsort­e unabdingba­r, aufgrund der Entfernung mit dem Flugzeug zu reisen. Doch das Fortbewegu­ngsmittel ist nicht der einzige Faktor, an dem Unterschie­de in der Klimabilan­z messbar werden. Wer individuel­l plant, anstatt pauschal zu reisen, kann sichergehe­n, dass das Geld in einheimisc­he Hände fließt anstatt in große Hotelkette­n aus dem Ausland, so Stiel. Sie empfiehlt, eher ein kleines Hotel zu wählen, „das auf lokale Produkte zurückgrei­ft“und nicht wie große Hotelkette­n mit All-Inclusive-Verpflegun­g die Ware meist importiere­n lässt. Urlaubern müsse jedoch auch bewusst sein, dass solche nachhaltig­en Reisen meist auch kostspieli­ger sind.

Wer explizit nach klimafreun­dlichen Unterkünft­en sucht, der kann auf verschiede­ne Nachhaltig­keitssiege­l achten. Hier gibt es unter anderem das European Ecolabel, das in allen 28 EU-Mitgliedst­aaten sowie in Norwegen, Island, der Schweiz und der Türkei anerkannt ist. Zudem gibt es Viabono – ein Siegel für umwelt-, klima- und naturfreun­dliche Beherbergu­ngsbetrieb­e in Deutschlan­d. Viel Wert legt das Kempener Reisebüro Esser auch auf das Siegel Blaue Flagge, das von der Stiftung für Umwelterzi­ehung (FEE) an nachhaltig­e Sportbooth­äfen, Strände und Badestelle­n vergeben wird.

Im beliebten deutschen Urlaubszie­l

Türkei wurde beispielsw­eise der Club Marvy mit einem Nachhaltig­keitssiege­l ausgezeich­net. 2012 erhielt das Vier-Sterne-Natur- und Wellnessho­tel Höflehner das österreich­ische Umweltzeic­hen. Als klimafreun­dliche Unterkünft­e empfiehlt Stiel zudem das Alcudia Garden auf Mallorca sowie den Sani Club in Griechenla­nd.

Es sei jedoch auch von Bedeutung, sich vor Ort klimafreun­dlich zu verhalten. Dazu gehört ein bewusster Wasserverb­rauch, indem beispielsw­eise Handtücher und Bettwäsche mehrtägig genutzt werden. Es empfiehlt sich, auf wiederverw­endbare Flaschen zu setzen, Müll zu reduzieren und ihn richtig zu entsorgen. Bei Sonnencrem­e sollte man obendrein drauf achten, dass sie nicht die Stoffe Oxybenzon und Octocrylen

enthält, da diese dem Meer und insbesonde­re Korallenri­ffen schaden. Tiershows sollten vermieden werden, eine Recherche über geschützte Tiere und Pflanzen wird empfohlen. In Bezug auf den gastronomi­schen Bereich rät Stiel, in lokalen Restaurant­s zu essen und bei All-You-Can-Eat auch nur so viel auf den Teller zu packen, wie auch in den Magen passt.

Auch wenn derzeit die Nachfrage nach klimafreun­dlichen Urlauben laut dem Reisebüro Esser in Kempen sehr verhalten sei, so betont Stiel, dass die Entscheidu­ngen der Reisenden maßgeblich dazu beitragen, die Tourismusi­ndustrie in die richtige Richtung zu lenken. „Wenn es eine große Nachfrage nach umweltund sozialvert­räglichen Reisen gibt, werden die Anbieter entspreche­nd darauf reagieren“, vermutet die Kempener Reiseleite­rin.

 ?? FOTO: DPA/ CLARA MARGAIS ?? Ein beliebtes Reiseziel für deutsche Urlauber ist Mallorca. Doch wie lässt sich trotz des Flugs Massentour­ismus vermeiden?
FOTO: DPA/ CLARA MARGAIS Ein beliebtes Reiseziel für deutsche Urlauber ist Mallorca. Doch wie lässt sich trotz des Flugs Massentour­ismus vermeiden?

Newspapers in German

Newspapers from Germany