Rheinische Post Krefeld Kempen
Nachhaltig reisen – aber wie?
Umweltbewusst leben und trotzdem in ein fremdes Land reisen? Für viele klingt das nach einem Gegensatz. Wer bestimmte Dinge berücksichtigt, kann jedoch Urlaub und Nachhaltigkeit kombinieren.
KEMPEN Die Temperaturen steigen, und die Sommerferien haben begonnen. Für viele deutsche Familien heißt es daher: Ab in den Urlaub! Doch ist so eine Reise überhaupt noch ethisch vertretbar? Schließlich erfordert die Klimakrise eine nachhaltige Lebensart. Laut dem World Travel and Tourism Council entstehen etwa acht bis elf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen durch Tourismus. Der Großteil entfällt auf An- und Abreise. Und dennoch: „Reisende können viel dafür tun, um Reisen so nachhaltig wie möglich zu gestalten – sowohl für die Umwelt als auch für die lokale Wirtschaft und Kultur“, erläutert Patricia Stiel, Büroleiterin des Kempener Reisebüros Esser.
Bereits die Planung der Urlaubsreise kann einen großen Unterschied in der finalen Klimabilanz machen. Anstatt zu fliegen, empfiehlt es sich, in manche Länder mit der Bahn zu fahren; anstatt mit dem Schiff eher mit einem Segelboot über das Wasser treiben; statt des Autos das Fahrrad zu nehmen. Allgemein: Je schwerer das Gepäck beispielsweise bei Reisen mit Auto oder Flieger, desto mehr CO2 fällt auch an. Für das Klima ist es also besser, nur so viel mitzunehmen, wie nötig ist.
Sicherlich ist es für einige Urlaubsorte unabdingbar, aufgrund der Entfernung mit dem Flugzeug zu reisen. Doch das Fortbewegungsmittel ist nicht der einzige Faktor, an dem Unterschiede in der Klimabilanz messbar werden. Wer individuell plant, anstatt pauschal zu reisen, kann sichergehen, dass das Geld in einheimische Hände fließt anstatt in große Hotelketten aus dem Ausland, so Stiel. Sie empfiehlt, eher ein kleines Hotel zu wählen, „das auf lokale Produkte zurückgreift“und nicht wie große Hotelketten mit All-Inclusive-Verpflegung die Ware meist importieren lässt. Urlaubern müsse jedoch auch bewusst sein, dass solche nachhaltigen Reisen meist auch kostspieliger sind.
Wer explizit nach klimafreundlichen Unterkünften sucht, der kann auf verschiedene Nachhaltigkeitssiegel achten. Hier gibt es unter anderem das European Ecolabel, das in allen 28 EU-Mitgliedstaaten sowie in Norwegen, Island, der Schweiz und der Türkei anerkannt ist. Zudem gibt es Viabono – ein Siegel für umwelt-, klima- und naturfreundliche Beherbergungsbetriebe in Deutschland. Viel Wert legt das Kempener Reisebüro Esser auch auf das Siegel Blaue Flagge, das von der Stiftung für Umwelterziehung (FEE) an nachhaltige Sportboothäfen, Strände und Badestellen vergeben wird.
Im beliebten deutschen Urlaubsziel
Türkei wurde beispielsweise der Club Marvy mit einem Nachhaltigkeitssiegel ausgezeichnet. 2012 erhielt das Vier-Sterne-Natur- und Wellnesshotel Höflehner das österreichische Umweltzeichen. Als klimafreundliche Unterkünfte empfiehlt Stiel zudem das Alcudia Garden auf Mallorca sowie den Sani Club in Griechenland.
Es sei jedoch auch von Bedeutung, sich vor Ort klimafreundlich zu verhalten. Dazu gehört ein bewusster Wasserverbrauch, indem beispielsweise Handtücher und Bettwäsche mehrtägig genutzt werden. Es empfiehlt sich, auf wiederverwendbare Flaschen zu setzen, Müll zu reduzieren und ihn richtig zu entsorgen. Bei Sonnencreme sollte man obendrein drauf achten, dass sie nicht die Stoffe Oxybenzon und Octocrylen
enthält, da diese dem Meer und insbesondere Korallenriffen schaden. Tiershows sollten vermieden werden, eine Recherche über geschützte Tiere und Pflanzen wird empfohlen. In Bezug auf den gastronomischen Bereich rät Stiel, in lokalen Restaurants zu essen und bei All-You-Can-Eat auch nur so viel auf den Teller zu packen, wie auch in den Magen passt.
Auch wenn derzeit die Nachfrage nach klimafreundlichen Urlauben laut dem Reisebüro Esser in Kempen sehr verhalten sei, so betont Stiel, dass die Entscheidungen der Reisenden maßgeblich dazu beitragen, die Tourismusindustrie in die richtige Richtung zu lenken. „Wenn es eine große Nachfrage nach umweltund sozialverträglichen Reisen gibt, werden die Anbieter entsprechend darauf reagieren“, vermutet die Kempener Reiseleiterin.