Rheinische Post Krefeld Kempen
Willicher gewinnt Filmpreis in Hollywood
Der Schiefbahner Albert Janssen hat in seinem Leben viel erlebt. Im Ruhestand ging er zunächst als Komparse zum Film. Über Nebenrollen kam er zu einer Hauptrolle in einer kleinen Produktion und gewann nun einen Preis: in Hollywood.
SCHIEFBAHN Aufrecht kommt Albert Janssen ins Café. In seinem topgepflegten Anzug wirkt er wie ein Spitzenmanager, der ein Stück weit über den Dingen schwebt. Im Gespräch ergibt sich dann ein gewisser Kontrast, denn der 72-Jährige wirkt zwar fit und mit scharfem Verstand, aber dabei äußerst demütig. Auch, dass ein Film mit ihm in der Hauptrolle jetzt beim Filmfest im Mekka des Mediums, in Hollywood, beim Showcase Film Festival, einen Preis gewann, ändert daran nichts.
„Ich habe in meinem Leben viele Dinge gemacht, ich war bei der Marine, war Kaufhausdetektiv, selbstständiger Detektiv, Personalchef und einiges mehr. Zum Film bin ich erst im Ruhestand gekommen. Aber ich bin kein wirklicher Schauspieler. Angefangen habe ich als ‚Komparse 37‘, wie ich immer sage“, erzählt er und lacht ein gewinnendes Lachen.
Die Mischung aus Selbstbewusstsein und Bescheidenheit ist nicht aufgesetzt, sie ist ehrlich und authentisch. Es gebe durchaus Kollegen, die ihn beeindrucken. „Ich hatte mal eine Szene in einem Gerichtssaal. Da musste dann eine Kollegin in der Szene weinen, wenn ein bestimmtes Stichwort fällt. Diese Szene wurde in einer Einstellung gedreht und brauchte ganze 44 Takes. Sie hat 44 Mal auf die Sekunde genau geweint. Ihr liefen wirklich Tränen. Das ist echte Schauspielerei, das könnte ich nicht“, sagt er sichtlich beeindruckt.
Doch auch seine Leistung überzeugt, das beweist nicht zuletzt der Preis. „Was ich mache, sind kleinere Produktionen. Auch hier handelt es sich um einen Kurzfilm, der noch gar nicht vermarktet ist, keinen großen Kinofilm“, erzählt er. Dabei habe er auch in solchen bereits mitgespielt. „Mein Komparsendebüt hatte ich in Lommbock 2. Da stand ich dann in gewisser Weise mit Moritz Bleibtreu und Wotan Wilke Möhring vor der Kamera“, erzählt er augenzwinkernd. Doch zurück zu seinem aktuellen Film: Es handelt sich um eine
Politsatire. „Ich bin dort ein recht skrupelloser Vorsitzender einer populistisch-rechten Partei. Ich bin ein richtiger Fiesling, ich verprügle Frauen, auch Prostituierte, mit denen ich verkehre, bin übler Rassist und so weiter und ich will Ministerpräsident von NRW werden. Halt im Prinzip satirisch das klassisch Böse. Mein Gegenspieler ist Holger. Er ist der Spitzenkandidat einer Volkspartei nach Vorbild SPD oder CDU. Vielleicht etwas mehr SPD“, erzählt er.
Es würde sich eine wilde Geschichte entwickeln, in deren Verlauf er auch immer wieder mit schmutzigen Tricks versuche, den Konkurrenten auszustechen. „Das hat schon großen Spaß gemacht. Mich haben Freunde gefragt, ob ich kein Problem damit hätte, eine solche Rolle zu spielen. Aber das ist ja gerade der Reiz: Es bin ja nicht ich. Es ist eine total andere Person, die mit mir in diesem Fall, so hoffe ich, ziemlich wenig gemein hat“, erzählt er.
Als der Film, übrigens in nur zwei Drehtagen für die halbe Stunde Film, im Kasten war, hätten sie überlegt, was sie tun. „Wenn der Film an Kinos oder TV-Sender vermarktet ist, ist er nicht mehr für Festivals zugelassen. Wir haben dann entschieden, ihn zunächst an die Festivals zu schicken. Wir haben ihn überall hingeschickt. Auch an die Großen wie Cannes oder eben Hollywood. Und es kamen einige Absagen, bei anderen hieß es mal hier „nächste Runde“, mal dort. Irgendwann hieß es aus Hollywood: Halbfinale. Dann Finale. So entspannt man auch damit
umgeht, da fängt man schon an zu zittern“, erzählt er und lächelt einmal mehr verschmitzt.
Als der Sieg feststand, habe die Crew leider nicht zusammen feiern können. „Das ist ein ganz schmales Budget. Der Regisseur hat alles aus eigener Tasche finanziert und muss jetzt sehen, dass er es vermarktet. Ich hoffe sehr, auch für ihn, dass er ihn zum Beispiel bei 3Sat oder einem ähnlichen Sender unter bekommt und nicht mit Verlust herausgeht“, sagt Janssen. Und auch für ihn wäre es natürlich toll, den preisgekrönten Film im TV zu sehen. Denn bei aller Bescheidenheit und allem Understatement: Mit einem Film im Fernsehen zu laufen ist fraglos auch für Albert Janssen eine große Freude und Befriedigung.