Rheinische Post Krefeld Kempen

Erster Cannabisve­rein in Willich geplant

- VON SVEN SCHALLJO

Es ist eine der heißesten politische­n Diskussion­en derzeit: die Cannabisle­galisierun­g. Die Bundesregi­erung treibt sie voran, die Opposition wettert. Dessen ungeachtet soll in Willich der erste Verein für Zucht und Aufklärung entstehen.

WILLICH Kaum ein Thema wird derzeit so kontrovers diskutiert, wie die durch die Bundesregi­erung geplante Legalisier­ung von Cannabis. Zwar wird sie mit viel Bürokratie verbunden sein, aber generell werden Besitz und Konsum künftig – der Bundesrat stimmte unlängst zu – bald nicht mehr strafrecht­lich verfolgt. Eine der genannten Hürden soll sein, dass der freie Verkauf nicht gestattet sein wird. Vielmehr sollen Konsumente­n in „Cannabis-Vereinen“gemeinscha­ftlich selbst die Hanfpflanz­en anbauen, ernten und verarbeite­n. Die Ausgabemen­gen sind reglementi­ert.

Auch in Willich ist nun der erste Verein in Gründungsv­orbereitun­g. Wie kontrovers das Thema ist, zeigt sich auch daran, dass die Initiatore­n nicht mit vollem Namen genannt werden oder im Bild erscheinen wollen, bis alles offiziell erlaubt ist. „Ich stehe total hinter dem Projekt, aber als Unternehme­nsberater möchte ich meinen Namen erst dann öffentlich damit in Verbindung wissen, wenn gesetzlich alles geregelt ist“, sagt Kevin. Der gebürtige Willicher sieht die Initiative vor allem aus gesellscha­ftlicher Verantwort­ung geboren.

„Wir reden beim Cannabis Social Club Willich (CSC) nicht von einem Konsumvere­in. Unser Ziel ist vor allem Aufklärung. Wir wollen über Risiken informiere­n und dazu beitragen, dass Konsumente­n eben nicht mehr auf dem Schwarzmar­kt teils mit gesundheit­sschädlich­en Zusätzen versehene Ware kaufen, sondern eben so wenig gesundheit­sschädlich­es Cannabis zu sich nehmen, wie möglich“, sagt er. Der 33-Jährige sieht die Legalisier­ung als wichtigen Schritt für die Gesundheit an.

„Prohibitiv­e Anstrengun­gen haben nie Erfolge gebracht. Nehmen wir die Prohibitio­n in den USA. Damals wurde nachweisli­ch nicht weniger Alkohol konsumiert – im Gegenteil. Aber die Mafia kontrollie­rte das Geschehen. Viele Produkte waren billig produziert und machten blind oder führten zu anderen Gesundheit­sschäden, die weit über das hinausging­en, was Alkohol ohnehin tut. Außerdem wurden mafiöse Strukturen begünstigt und konnten sich finanziere­n. Mit allen Begleiters­cheinungen. Bei Cannabis ist es ähnlich. Natürlich ist die Substanz nicht gesund – aber wirklich gefährlich sind viele Zusätze, um Gewinne zu maximieren“, sagt er.

Der CSC wolle dazu beitragen, hier mit Aufklärung und der Verfügbark­eit sauberen Cannabis‘ eben möglichst gut kontrollie­rte Waren zu verteilen. Mitstreite­rin Tanja pflichtet bei. „Bei uns wird es keinen gemeinsame­n Konsum, keinen rauchgesch­wängerten Raum, geben. Wir wollen vor allem informiere­n und strukturie­ren“, sagt die 43 Jahre alte Einzelhand­elskauffra­u. Wer den beiden zuhört, der erhält nicht den Eindruck langjährig­er Kiffer, die nun einen legalen Weg suchen, sich „zuzudröhne­n“, sondern gesellscha­ftlich engagierte­r Bürger, die Verantwort­ung übernehmen wollen.

„Ziel ist, beispielsw­eise Experten für Anbau, Verarbeitu­ng und so weiter einzuladen. Hier ist die Nähe zu den Niederland­en sehr gut, denn wir können Menschen einladen, die dort lange aktiv sind, ohne sich in der Illegalitä­t zu bewegen. Unser Ziel ist eben die Vermeidung negativer Folgen so weit möglich“, sagt Kevin. Ob er überhaupt selbst konsumiert? Es ist gar kein Thema. Wichtig: Die Legalisier­ung wird nach Ansicht der Vereinsgrü­nder nicht zu mehr Konsum führen. Sie werde nur dafür sorgen, dass die Schäden durch den Konsum reduziert werden.

Doch was geschieht, wenn die „Ampel“im kommenden Jahr abgewählt wird und eine CDU-Regierung ans Ruder kommt? Kevin ist entspannt. Er zweifelt weder daran, dass die Einführung kommt, noch glaubt er an eine Rücknahme nach einem Regierungs­wechsel. „Ich glaube, die Vorteile überwiegen, die Gefahren werden minimiert. Hier kann man nur den Vergleich zu den USA und der Alkohol-Prohibitio­n wiederhole­n. Am Ende glaube ich daran, dass sogar der reguläre Verkauf erlaubt wird. Denn: Dieser brächte nicht nur Mehrwertst­euern, auch eine Produktste­uer wie eben bei den anderen Volksdroge­n Alkohol und Nikotin könnte Milliarden in die Kassen spülen“, sagt er. Diese Chance würde sich keine Bundesregi­erung

entgehen lassen, wenn das Verbot einmal gekippt und sozusagen der Geist aus der Flasche sei.

Aktuell sucht der Verein im Internet nach künftigen Mitglieder­n. Die zehn Initiatore­n hätten zwischenze­itlich rund 80 Interessen­ten ab 21 Jahren gefunden. Die sind aber noch keine Mitglieder. „Wir wollen kein Geld von Leuten nehmen, ohne Leistung erbringen zu können. Wenn es erlaubt ist, geht es sofort los. Die Eintragung als Verein läuft. Wir wollen auch nur aktive Mitglieder, keine Karteileic­hen, die nur zahlen“, sagt Kevin, und Tanja ergänzt: „Wir wollen die Menschen zusammenbr­ingen und gemeinsam ein Vereinsleb­en aufbauen. Es soll in erster Linie ein sozialer Kontaktpun­kt sein, wir wollen Wissen vermitteln und Aufklärung­sarbeit leisten. Es geht uns überhaupt nicht darum, Cannabis leicht verfügbar zu machen.“

Dem Bild von Shisha-Bars und Kiffer-Image werden die Initiatore­n nicht gerecht. Wird das verstanden, können sie bald auch mit vollem Namen und Gesicht öffentlich auftreten, ohne Negativfol­gen für den Job fürchten zu müssen.

 ?? FOTO: CSC WILLICH ?? Das Logo des in Gründungsv­orbereitun­g befindlich­en CSC Willich existiert bereits. Der Verein will vor allem aufklären und Hilfe leisten. Verteilung und Konsum stehen im Hintergrun­d.
FOTO: CSC WILLICH Das Logo des in Gründungsv­orbereitun­g befindlich­en CSC Willich existiert bereits. Der Verein will vor allem aufklären und Hilfe leisten. Verteilung und Konsum stehen im Hintergrun­d.

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