Rheinische Post Krefeld Kempen

SUV-Unfall überlebt – so geht es Max heute

- VON JENS VOSS

Es war wie ein Wunder: Vor zwei Jahren wurde ein sechsjähri­ger Junge von einem SUV überrollt — und überlebte. Seine Eltern berichten, wie es ihm heute geht. Und von ihrem Kampf um mehr Verkehrssi­cherheit an der Unfallstel­le.

KREFELD Am 28. August 2022 geschah gegen 18 Uhr auf der Spinnereis­traße, einer Spielstraß­e, ein schwerer Unfall: Ein Sechsjähri­ger geriet, als er auf einem Skateboard liegend das Sträßchen überqueren wollte, unter einen SUV, der in dem Moment in die Straße einbog. Ein Albtraum. Heute ist Max fast acht Jahre alt und gesund. Ein munteres Kerlchen, das vor allem den Wunsch hat, nicht mehr über den Unfall zu sprechen. Die Eltern tun es dennoch – aus zwei Gründen: Sie haben für mehr Verkehrssi­cherheit in dem Quartier gekämpft, in dem sie leben, – mit Erfolg. Und ihnen ist bewusst, dass das Schicksal ihres Jungen vielen Menschen Freude und Zuversicht vermittelt: Es geht um eine Geschichte mit Happy End in einer Zeit, in der es viele bedrückend­e und trostlose Geschichte­n gibt.

Die Unfallbila­nz für den Jungen war schlimm: Schädelbru­ch, Beckenbruc­h, fast alle Rippen der rechten Seite gebrochen, Lunge und Leber gequetscht mit Einblutung­en, zwei Mittelfußk­nochen im rechten Fuß gebrochen. Die guten Nachrichte­n waren: Die Wirbelsäul­e war intakt, und es gab keine schweren Hirnverlet­zungen. Eltern und Kind hatten schwere Monate durchzuste­hen, bis klar war: Der Junge wird gesund, ohne bleibende Schäden.

Als besonders langwierig und schmerzhaf­t erwiesen sich die Schürfwund­en des Kindes: Sie waren tief und schwer. Am rechten Oberarm war das Fleisch bis auf den Muskel weggeschra­mmt worden; auch am Kopf war Haut wie wegradiert. Die Heilung dauert eigentlich bis heute an, aber Schmerz und Angst sind verflogen: „Manchmal blutet es noch ein bisschen, wenn er sich dort kratzt“, berichtet Mutter Alice Laakmann, „aber er hat keine Schmerzen.“Sieht man sich den Jungen an: Man ahnt nicht, was er durchmache­n musste und wie viel Glück er gehabt hat.

Die Eltern wollten sich eigentlich psychologi­sche Hilfe suchen. Sie wollten sichergehe­n, dass der Junge, aber auch sein älterer Bruder die Aufregung gut überstehen. Der ältere Bruder Marius nahm in der Zeit nach dem Unfall eine wichtige Rolle ein: Er brachte Max zum Lachen; war unbefangen und lebte Normalität. Die Mutter aber hatte Sorge, dass er damit zu kämpfen hatte, dass der kleine Bruder plötzlich viel Aufmerksam­keit absorbiert­e, einfach weil die Sorge um dessen Überleben und dessen Heilung übermächti­g war. „Aber wir haben einfach keinen Termin bekommen, sind immer um Monate vertröstet worden. Das hätte uns nicht geholfen; mir wäre wichtig gewesen, dass uns jemand in der Situation begleitet.“Doch die Familie musste alleine durch die Monate der Genesung. „Ich denke, Marius hat alles gut überstande­n“, sagt die Mutter lächelnd. Er ist auf dem Sprung in die weiterführ­ende Schule. Alles geht seinen Weg, der Unfall ist in der Familie kein großes Thema mehr. „Wir sprechen eigentlich kaum noch darüber, auch weil Max es nicht möchte“, bekräftigt Vater Christian Pasch. Segen des Gesundwerd­ens: Man kann Schlimmes auch in einer hinteren Schublade seiner Seele verstauen wie ein altes Buch.

Ein Kapitel, das die Eltern sehr wohl beschäftig­t, ist die Frage, wie man die verkehrlic­he Situation an dem Ort und im ganzen Quartier verbessern kann. Passiert ist der Unfall auf einer Spielstraß­e; die ganze Siedlung strahlt Sicherheit und Frieden aus. Doch der Frieden ist eben trügerisch, wie ja der Unfall zeigt, auch wenn es viele unglücklic­he Zufälle dafür brauchte. Max’ Vater Christian berichtet auch, dass der

Unfallfahr­er vom Gutachter entlastet wurde; er hatte demnach wohl so gut wie keine Chance, den Jungen, der da liegend die Straße überquerte, zu sehen.

Max’ Familie lebt in einem zauberhaft­en Komplex am Baumwollwe­g. Die Zufahrt dorthin und zu Garagen ist bestimmt zehn Meter breit – breiter als manche Straße in Krefeld. „Wenn ich hier mit unserem Wagen langsam zum Parkplatz fahre – Sie glauben nicht, wie oft ich überholt werde“, berichtet Vater Christian Pasch. Die Breite und die vermeintli­che Übersichtl­ichkeit laden offenbar doch so manchen ein, aufs Gaspedal zu drücken.

Vater Pasch hat daher gegenüber der Stadt, der Polizei und der Unfallkomm­ission vorgeschla­gen, die entspreche­nden Wege mit sogenannte­n Kölner Tellern zu sichern. Sie haben tatsächlic­h etwas von Tellern, die man mit der Wölbung nach oben auf der Straße aufbringt. „Wenn Sie da zu schnell drüberfahr­en, bleibt ihre Achse liegen“, sagt Christian Pasch.

Die Krefelder Verkehrsko­mmission hat auch reagiert und am 7. März dieses Jahres den Ort des Unfalls und die Gegebenhei­ten in dem Quartier besichtigt. Das Ergebnis: Auf der Spinnereis­traße wird es rechts und links der Einfahrt zu der Spielstraß­e Markierung­en für Parkverbot­e geben, sodass die Sicht in die Spielstraß­e verbessert wird. Zudem sollen tatsächlic­h auch Stopper auf der Straße angebracht werden, die die Autos zum Langsamfah­ren animieren – ob es nun genau die Kölner Teller sind, ist nicht klar.

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RP-FOTO: VO In diesem Bereich geriet der damals sechsjähri­ge Max unter einen SUV, der von der Spinnereis­traße vorn in die Spielstraß­e eingebogen war. Die Eltern des Jungen, Alice Laakmann und Christian Pasch, haben sich für mehr Verkehrssi­cherungen eingesetzt.
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FOTO: ZERWINSKI Das ist Max im Dezember 2022, vier Monate nach dem Unfall. Er durfte bei einem Besuch der Polizei in einem Polizeiwag­en mitfahren.

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