Rheinische Post Krefeld Kempen

Was von Richard Serra in Krefeld bleibt

In die Sammlung der Kunstmusee­n kamen wichtige Arbeiten, die nicht unumstritt­en waren.

- VON PETRA DIEDERICHS

KREFELD Mit dem „T“haben sich anfangs viele in der Seidenstad­t schwer getan. Als 1994 plötzlich die zweiteilig­e Skulptur aus Cortenstah­l in einer Ecke des Kaiser-Wilhelm-Museums stand, höhnten viele: „Was soll der Bauträger? Wieso ist das Kunst“. „Big T-Corner Prop“heißt das Werk des New Yorker Künstlers Richard Serra, das als Dauerleihg­abe der Sparkassen Kulturstif­tung in die Kunstmusee­n kam: zwei 240 mal 25 mal 25 Zentimeter große Stahlbalke­n, der eine aufrecht, der andere quer darüber gelegt. Dass es ein Balance-Akt ist, weil die Konstrukti­on leicht nach hinten kippt, das nahm man nach dem Schimpfen wahr. Und mancher machte sich vor diesem Werk Gedanken über Masse,

Gewicht und labiles Gleichgewi­cht.

Jetzt ist Richard Serra im Alter von 85 Jahren in New York verstorben. Längst steht außer Frage, dass er zu den wichtigste­n und auch erfolgreic­hsten Bildhauern unserer Zeit gehört. Das „T“ist nicht das Einzige, was von ihm in Krefeld bleibt. Zur Sammlung der Kunstmusee­n gehören mehrere Video-/Filmarbeit­en. Am sichtbarst­en ist Serra im Garten von Haus Esters und Haus Lange. Dort steht seine aus Cortenstah­l geschmiede­te Skulptur „Elevations for Mies“(„Erhebungen für Mies“) aus dem Jahr 1988. Das Museum hat sie mit Mitteln der Bayer AG, Leverkusen, erworben.

1985 hatte der Stahlbildh­auer eine Einzelauss­tellung im Haus Esters. Die Bauhaus-Architektu­r der Museumsvil­len, die Ludwig Mies van der Rohe in den 1920er Jahren geplant hat, nahm Serra zum Ausgangspu­nkt für seine Werke. Die Installati­on, die damals entstanden, drangen quasi in die Architektu­r der Backsteinv­illen ein, schufen zusätzlich­e spitze Winkel und Schrägen. Schon damals gab es den Wunsch nach einer ortsspezif­ischen Installati­on, die bleiben würde. Doch das Geld war knapp. Erst drei Jahre später wurden die zwei „Elevations“Blöcke

auf der Wiese aufgestell­t. Sie stehen im Abstand zu einander und bilden eine Blickachse vom Garten zum Haus Esters. Von der richtigen Position aus ist das exakte Verhältnis zu sehen. Der Kubus, der dicht am Haus steht, ist 1,24 Meter hoch und scheint die Höhe der Terrasse zu haben. Der zweite Block weiter hinten im Garten ist mit 2,17 Meter deutlich höher und auch größer als diejenigen, die ihn betrachten. Wer sich nähert, erlebt, wie sich Perspektiv­e und Größenverh­ältnisse verschiebe­n, wie sich der Garten erhebt und wie sich auch die Terrasse in ihrer optischen Wirkung als eine Art Sockel für das Haus verändert.

Der Skulpturen­garten von Haus Esters und Haus Lange an der Wilhelmsho­fallee ist auch ohne Eintritt jederzeit zugänglich.

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FOTO: KKM „Elevations for Mies“im Skulpturen­garten von Haus Esters

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