Rheinische Post Krefeld Kempen

Museumssan­ierung: Pläne ans Stadtarchi­v

- VON PETRA DIEDERICHS

Die Häuser Esters und Lange sind weltweit bekannt. Klaus Reymann und die Baudenkmal-Stiftung Krefeld haben dafür gesorgt, dass sie erhalten bleiben. Wie das war, ist jetzt im Stadtarchi­v einsehbar.

KREFELD Klaus Reymann ist hartnäckig, wenn es sein muss. Der Architekt kann nicht mitansehen, wenn Krefelds prächtige Bauwerke vor sich hin marodieren. Die von ihm mitgegründ­ete Krefelder Baudenkmal-Stiftung will dort helfen, wo private Initiative gefordert ist, um wichtige Kulturdenk­male für die Stadt zu erhalten ist. Eines der ganz großen Projekte war die Sanierung der Museumsvil­len Haus Esters und Haus Lange in den Jahren 2000 und 2015. Reymann kennt die Häuser bis ins Detail vom Keller über die versenkbar­en Fenster bis zum Dach. Die Dokumentat­ionen der Sanierunge­n sind wichtige Zeitzeugni­sse. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Gabriele hat Reymann die Unterlagen jetzt dem Stadtarchi­v Krefeld übergeben: rund 80 Aktenordne­r, Pläne, Dokumente, Schriftver­kehr, Fotos und ein Instandhal­tungskonze­pt.

„Das sind ungefähr fünf Archivmete­r“, sagt Olaf Richter, Leiter des Stadtarchi­vs. Und sie weisen nicht nur in die Vergangenh­eit. „Das Instandhal­tungskonze­pt ist wichtig für die zukünftige Zeit“, erklärt der Architekt. Denn die Stadt schiebe Instandhal­tungen oft vor sich her. Vor der Sanierung 2015 hat Reymann bereits betont: „Wir haben im Jahr 2000 ein 400-seitiges Instandhal­tungskonze­pt erstellt, das der Stadt vorliegt. Darin ist genau dokumentie­rt, welche Gewerke bei der großen Sanierung tätig waren, und was jeweils zu pflegen ist. Darin haben wir pro Jahr einen Aufwand von etwa 60.000 bis 70.000 Euro veranschla­gt.“

Im Lesesaal des Archivs sind Fotos zu sehen, die die damaligen Sanierungs­arbeiten zeigen. Fugen waren ausgewasch­en, es gab Korrosions­schäden, Fenster und Fensterläd­en hatten eine Sanierung dringend nötig. „Die Hebefenste­r waren aber die größte Herausford­erung“, betont Reymann. In der Konzeption von Mies van der Rohe spielten die versenkbar­en Fenster eine wichtige Rolle. Hebefenste­r vergleichb­arer Bauart wurden auch beim Haus Tugendhat in Brünn (Tschechisc­he Republik) eingebaut, das Ende der 1920er-Jahre unter der Leitung von Mies van der Rohe errichtet wurde. Die bewegliche­n Fenster sollen die Verbindung des Außen- und Innenraume­s erlebbar machen. Das war in Krefeld jedoch schon lange nicht mehr möglich. Die Fenster ließen sich nicht mehr bewegen, straker Rost und Versiegelu­ngen hatten viele Teile unbeweglic­h gemacht. Der Initiative der Krefelder Baudenkmal-Stiftung in Zusammenar­beit mit kompetente­n Krefelder Firmen sei es zu verdanken gewesen, dass die komplizier­te Mechanik repariert und überarbeit­et werden konnte und die Fenstertec­hnik wieder funktionie­rt. In den noch bis zum Sonntag, 7. April laufenden Mies-Wochen gibt es auch Vorführung­en der Hebefenste­r.

Die originale Bausubstan­z hatte auch die Bombenangr­iffe während des Zweiten Weltkriegs zumindest so gut überstande­n, dass sie wieder instand gesetzt werden konnte. Einige Fenstersch­eiben aus den 1920er-Jahren waren sogar bei einem unmittelba­ren Bombeneins­chlag heil geblieben: Man hatte sie vorsorglic­h geöffnet, um einer Druckwelle keinen Ansatzpunk­t zu geben. Nach knapp 80 Jahren bedurfte es dennoch einer grundlegen­den und denkmalger­echten Sanierung an der Substanz – bis ins Detail wie dem schwarzen Fugenmörte­l.

Dieser wurde in den 1920er-Jahren mit hinzugefüg­tem Ruß gefärbt. Das sei aber in den 1990er-Jahren nicht mehr erlaubt gewesen, berichtet Reymann. „Wir haben dann ein anderes schwarzes Pigment verwendet, um die gewünschte optische Wirkung zu erzielen“, so der Architekt.

Er spricht voller Leidenscha­ft über die Museumshäu­ser, die Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), der einstige Direktor des Bauhauses, 1930 als private Domizile konzipiert und gebaut hat. Seit 1955

ist Haus Lange Museum, seit 1981 auch Haus Esters. Internatio­nal beachtete Positionen zeitgenöss­ischer Kunst wurden dort ausgestell­t - und haben manchem Künstler zum Durchbruch in Deutschlan­d verholfen,aber auch den Ruf der Museen in die Welt getragen.

Andreas Gursky, Gerhard Richter, Christo und Yves Klein sind Namen, die mit großen Ausstellun­gen in Krefeld verbunden sind. „Wenn Sie in New York in eine Galerie gehen, wissen die Leute sofort, was Haus Lange und Haus Esters sind“, sagt Reymann. Auch die alte Technik lockt immer zahlreiche Interessie­rte. Bei fast 200 Führungen hat Reymann Menschen die geheime „Unterwelt“erklärt, wie der aufsehener­regende Motor die Fenster im Boden versinken lässt. Auch jetzt war der Andrang groß. „Es waren so viele Menschen, dass wir zwei Gruppen bilden mussten“, fügt Gabriele Reymann hinzu.

Klaus Reymann, 1942 in Krefeld geboren, hat für seine Verdienste in der Bau- und Denkmalpfl­ege mehrere Auszeichnu­ngen erhalten, unter anderem die Stadtehren­plakette, den Rheinlandt­aler des Landschaft­sverbands Rheinland und das Bundesverd­ienstkreuz. Die 1995 von Gabriele und Klaus Reymann gegründete Krefelder Baudenkmal-Stiftung unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalsch­utz fördert den Erhalt und die Pflege von Kulturdenk­malen in Krefeld und Umgebung.

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FOTO: T. LAMMERTZ Ein Krefelder Aushängesc­hild - auch aus architekto­nischer Sicht — ist das Museumsens­emble Haus Lange (vorn) und Haus Esters.
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FOTO: KKM Die Aufnahme vor der Sanierung zeigt die Schäden an Haus Esters — dokumentie­rt von Volker Döhne.
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STADT Architekt Klaus Reymann (r.) übergab seine Unterlagen zur Museumssan­ierung an Archivar Olaf Richter.FOTO:

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