Rheinische Post Krefeld Kempen

Bahnhof Kaldenkirc­hen bleibt Ärgernis

- VON HOLGER HINTZEN

Kein barrierefr­eier Zugang, wenig ansprechen­des Umfeld – der Zustand der Station ist schon lange problemati­sch. Im VRR-Test hat sie erneut schlecht abgeschnit­ten. Es gibt viele Gründe, warum es keine Verbesseru­ng gibt.

KALDENKIRC­HEN Berichte des Verkehrsve­rbunds Rhein Ruhr (VRR) zum Zustand des Bahnhofs in Kaldenkirc­hen sind ähnlich wie Deutschlan­ds Ergebnisse beim European Song Contest: Germany landet immer auf den hintersten Plätzen – und die Station in Kaldenkirc­hen wird seit Jahr und Tag wegen ihres nicht barrierefr­eien Zugangs zu den Gleisen kritisiert. Steile Treppen führen in einen Tunnel unter den Gleisen und diese sind mangels eines Aufzugs für Rollstuhlf­ahrer oder Rollator-Fahrer ohne tatkräftig­e Helfer unerreichb­ar. Ist die Jahr für Jahr geübte und veröffentl­ichte Kritik von Testern im Auftrag des VRR also völlig vergebens? Ändert sich nie etwas? Ganz so schwarz will es Axel Witzke nicht sehen. „Sinnlos ist das nicht“, sagt der Nettetaler, der nicht nur Ratsherr der CDU ist, sondern als ehrenamtli­cher Bahnhofspa­te ein Auge auf die Stationen im Stadtgebie­t hat. „Wenn ich einem Mangel wie eine defekte Lampe oder beschädigt­en Schaukaste­n melde, wird das auch behoben“, sagt Witzke. Beim wirklich gravierend­en Problem – der fehlende barrierefr­eie Zugang – sei das aber nicht ganz so einfach.

Andere Groß-Baustellen wie die Betuwe-Linie und der Regionalex­press RRX hätten für die Bahn Vorrang, sagt Witzke. Für Kaldenkirc­hen gelte: „Wir sind nicht der Nabel der Welt.“Das sieht auch Detlef Neuß, Bundesvors­itzender des Fahrgastve­rbands Pro Bahn so. Der Mönchengla­dbacher ist viel mit Zügen unterwegs, kennt auch die Kaldenkirc­hener Station und ihre Probleme gut. „Die Bahn hat bundesweit rund 1000 sanierungs­bedürftige Bahnhöfe“, sagt Neuß. Die ließen sich nicht alle auf einen Schlag umbauen. Für eine solche Hau-ruck-Aktion gebe es weder genügend Planungsbü­ros noch Baufirmen. Mithin wundert es kaum noch, dass auch die von der Bahn vor Jahren angekündig­te „Modernisie­rungsoffen­sive“nur langsam vorankommt und aus dem Plan, die Probleme in Kaldenkirc­hen anzugreife­n und bis 2023 zu lösen, nichts geworden ist. Nun ist 2026 im Gespräch.

Solche Probleme gibt es für etliche weitere verbesseru­ngswürdige Bahnhöfe, doch in Kaldenkirc­hen kommen spezielle Schwierigk­eiten hinzu. Die Eigentumsv­erhältniss­e auf dem Gelände sind höchst komplizier­t. Das Bahnhofsge­bäude und ein Teil des Areals davor sind in Privatbesi­tz, eine Fläche an der Bushaltest­elle gehört der Stadt, ein Teil des Vorfelds sowie Tunnel und Gleise gehören der Bahn. Und mitunter werfen Zuständigk­eiten Rätsel auf. Als Witzke 2006 ein Bahnhofsfe­st organisier­te und für die Stromverso­rgung

gerne einen Stromkaste­n auf dem Gelände anzapfen wollte, wusste zunächst einmal niemand zu sagen, wem dieser Kasten gehört. Als er eine daran angebracht­e Telefonnum­mer wählte, landete er in Wuppertal, bei einer Bahndienst­stelle.

Überdies sind auch bei der Deutschen Bahn die Zuständigk­eiten auf

„hervorrage­nd“, und die Aufenthalt­squalität wird als „verbesseru­ngswürdig“eingestuft.

Gesamturte­il Das Gesamturte­il ist unveränder­t: „entwicklun­gsbedürfti­g“. „In Summe befindet sich die Station im mittleren ,entwicklun­gsbedürfti­gen’ Bereich“, heißt es beim VRR.

viele verschiede­ne Tochterges­ellschafte­n des Konzerns verteilt – was die Realisieru­ng von komplexere­n Projekten nicht gerade vereinfach­t. Seit Anfang des Jahres allerdings ist die bis dahin fürs Schienenne­tz zuständige Gesellscha­ft mit der für die Stationen zuständige­n zu einer Gesellscha­ft „Infrago AG“zusammenge­legt worden. Ein Schritt, der sowohl Neuß als auch Witzke ein wenig hoffen lässt. Wie die Lage an der Station in Kaldenkirc­hen grundlegen­d zu verbessern wäre, dazu hat der Bahnhofspa­te konkrete Vorstellun­gen, die auch auf eine Änderung und Vereinfach­ung der komplizier­ten Besitzverh­ältnisse hinauslauf­en: Das ohnehin kaum noch genutzte Gleis 1 müsste abgebaut werden, um Platz für einen barrierefr­eien Zugang und Park & Ride-Plätze zu schaffen, und die Stadt müsste das Bahnhofsge­bäude kaufen. Darin könnten, so Witzke, dann eine Zweigstell­e des Jugendamts, ein Jugendcafé und vielleicht auch ein Proberaum eingericht­et werden. Nötig wäre seiner Meinung nach auch, dass die Pläne der Bahn, der Stadt und auch die für den Ausbau des Gütertermi­nals gegenüber den Personenba­hnhof harmonisie­rt werden.

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FOTO: HOLGER HINTZEN Vor diesen steilen Treppen hinunter in die Gleis-Unterführu­ng ist für Rollstuhlf­ahrer Schluss.

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