Rheinische Post Krefeld Kempen

„Wenn ich Jazzmusik mache, bin ich frei“

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

Die Musik wurde Heike Frohnhoff in die Wiege gelegt. Als sie das erste Jazz-Stück hörte, war es um sie geschehen.

TÖNISBERG Ist sie nun Sängerin, Gärtnerin, Fotografin oder Keramikeri­n? „Mein Mann sagt immer: ‚Du bist nicht komplizier­t, du bist komplex‘“, klärt Heike Anna Frohnhoff auf. Die 60-Jährige steckt voller Ideen und Talente. Das Einzige, das ihr fehle, sei die Zeit, alle Projekte in die Tat umzusetzen. Da muss auch mal etwas warten. Jetzt im Frühling zum Beispiel, wenn der Garten die oberste Priorität hat, ruhen die kreativen Arbeiten.

Nicht aber die Musik. Im ehemaligen Käsereifel­ager gleich gegenüber ihres Hauses stehen ihr Vibraphon und die Schlagzeug­e, liegen die Noten ihrer Gesangsstü­cke. Hier treffen sich die beiden Bands zum Proben, in denen Heike Frohnhoff den Gesangspar­t übernimmt: Das ist die Timeline, ein Sextett, das Swingmusik macht, und die von ihr gegründete Band mit dem noch vorläufige­n Namen „Outside the [Jazz] Box“mit Udo Vos, Jazzpiano, Thomas Träbert, Schlagzeug, und Gerd Brenner. Er ist „Aushilfs“Bassist in der Band. Die Band ist auf der Suche nach einem neuen Kontrabass­isten.

Die Musik ist der in Ratingen geborenen Heike Frohnhoff in die Wiege gelegt worden: Schon als Kind sang sie in einem „tollen Kinderchor“, der die Basis für ihre Leidenscha­ft legte, der Bruder spielt Klavier, der Vater Orgel und Gitarre – es wurde Hausmusik gemacht. Später wählte Heike Frohnhoff Musik als Leistungsk­urs, sie spielte Quer- und Blockflöte. Auf barocker Musik lag der Fokus.

Und dann spielte ihr jemand ein Jazz-Stück vor. „Es war, als sei eine Tür aufgegange­n“, sagt Frohnhoff. Und sie wandte sich von der Barockmusi­k zum Jazz. „Wenn ich Jazzmusik mache, bin ich ganz frei“, schwärmt sie. Regelmäßig bildet sie ihre Stimme in Workshops fort. „Das Singen macht solchen Spaß“, sagt sie lachend. Und vor allem: Sie hat den Mut, neue Dinge auszuprobi­eren. „Nicht nur drüber reden, sondern machen“, lautet ihre Devise. „Entweder klappt es oder es klappt nicht. Aber wenn man es nicht probiert, weiß man nicht, ob es klappt.“

Beruflich ging es „wild“zu: Auf Wunsch der Eltern, die eine Druckerei besaßen, erlernte sie den Beruf der Druckvorla­genherstel­lung – unter der von ihr gestellten Bedingung, dass sie nach Abschluss der Ausbildung etwas anderes machen würde.

Das andere war die Ausbildung zur Berufsreit­erin. Heike Frohnhoff bildete Dressurpfe­rde hat, ein Job, der sie bis nach Japan brachte, 1989 lebte sie ein Jahr dort. Zurück in Deutschlan­d, übernahm sie die Leitung eines Reitverein­s in Duisburg. Als sie eine Familie gründete, gab sie den Reitsport auf: zu hohes Unfallrisi­ko. Aber „nur“Hausfrau und Mutter zu sein, das lag Frohnhoff nicht. Sie absolviert­e eine Weiterbild­ung

zur Sportmasse­urin im Wellnessbe­reich.

2019 erfolgte der Umzug an den Niederrhei­n. Nun leben die Frohnhoffs in einem ehemaligen Stall mit viel Wiese, Blumen- und Gemüsebeet­en drumherum. Sobald die Beete neu bepflanzt sind und sich selbst ein Stück weit überlassen werden können, geht Heike Frohnhoff auch wieder ins Atelier und widmet sich der Fotografie, dem Töpfern und ihren Collagen. Wenn denn dann der Geistesbli­tz kommt. „Irgendwann kommt mir eine Idee, die entwickelt sich, und dann muss ich sie umsetzen.“Ob als Foto, Keramik oder Collage – Hauptsache, es passt zum Inhalt.

Der Ton begeistert sie: „Das ist ein total tolles Ausdrucksm­ittel“, sagt Frohnhoff. Sie gestaltet kleine Figuren, die oft ein gesellscha­ftlich relevantes Thema ansprechen. „Ich mache Sachen, die die Leute ins Gespräch bringen sollen.“Ein Mensch in einem Rollstuhl, auf seinem Schoß ein winziges Plüschtier, um ihn herum ein leeres Glashaus – das macht die Betrachter betroffen und sie beginnen, über die Situation von alten Menschen nachzudenk­en.

In den Collagen erinnert Heike Frohnhoff an die Verwandtsc­haft des Menschen mit dem Affen: Das Porträt eines Mannes wird partiell überlagert von einem Auge oder Mund des Affen. Passt. Und in ihren Fotografie­n hält sie die Schönheite­n der Welt um sie herum fest.

 ?? FOTO: NORBERT PRÜMEN ?? Heike Frohnhoff singt in zwei Bands, die sich bei ihr im alten Käsereifel­ager für die Proben treffen. Ihre Stimme bildet sie regelmäßig in Workshops fort.
FOTO: NORBERT PRÜMEN Heike Frohnhoff singt in zwei Bands, die sich bei ihr im alten Käsereifel­ager für die Proben treffen. Ihre Stimme bildet sie regelmäßig in Workshops fort.

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