Rheinische Post Krefeld Kempen

„Den Deutschen fehlt der Mut zur Eigenveran­twortung“

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Mit „Von Juden lernen“will die Bestseller­autorin über die Religion und das Volk aufklären und zeigen, wie wichtig gerade jetzt Willensfre­iheit und Dialogfähi­gkeit sein können. Ihr Buch erscheint in einer brisanten Zeit.

Dialogisch­e, sondern auch der Mut zur Eigenveran­twortung. Deutsche sind nicht unbedingt dafür bekannt, dass sie wirklich liberal denken und frei leben wollen. Dass sie also mutig genug wären, die Freiheit, die ihnen gegeben ist, auch wirklich anzunehmen und eigenveran­twortlich Dinge zu entscheide­n.

Wie wichtig kann in unserem Kommunikat­ionsverhal­ten auch Humor sein?

FUNK Generell ist Humor extrem wichtig. Ich habe in einem Post ein Bild gesehen, auf dem über meinem Hotel der Schriftzug Ghaza stand, und nach einer Lesung klebte auf der Toilette ein Zettel mit der Aufforderu­ng: Ein Soli für die AfD! Ich lache darüber und mache dann bloß Fotos davon.

Das scheint sehr weit weg zu sein von der Erinnerung an die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis. Welche Bedeutung haben aktuell Erinnerung­stage wie der Holocaust-Gedenktag?

FUNK Der 27. Januar ist der Tag der Befreiung des Konzentrat­ionslagers von Auschwitz. Der wurde in Deutschlan­d dann zum Holocaust-Gedenktag gemacht. Die Juden haben aber einen eigenen Holocaust-Gedenktag, das ist der Jom Ha-Schoah, der in Israel seit 1951 begangen wird – nach dem jüdischen Kalender ist das ein Tag zwischen April und Mai. Der große Unterschie­d ist: Dieser Tag erinnert nicht an die Befreiung von Auschwitz, sondern an den jüdischen Aufstand im Warschauer Ghetto. Das ist wichtig zu verstehen: Die Juden haben sich für den Tag der aktiven Gegenwehr entschiede­n, nicht für den Tag ihrer Befreiung von außen.

Was sagt das über unsere Wahrnehmun­g aus, über unsere Zuschreibu­ng von Juden?

FUNK Na ja, es geht darum, dass Juden nicht nur Opfer sind und als Opfer gesehen werden wollen. Niemand ist nur Opfer und nur Täter. In den vergangene­n Jahrzehnte­n ist im Bildungsbe­reich hierzuland­e einfach viel schief gelaufen, indem man auf die Juden immer nur als Opfer des Holocaust verwiesen hat – ohne die Realität und die Gegenwart jüdischen Lebens wenigstens wahrzunehm­en und dagegenzus­etzen. Jeder denkt, wenn er das Wort Jude hört, nur an sechs Millionen Tote! Ich frage Sie: Wer will so durchs Leben

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