Rheinische Post Krefeld Kempen
Auf dem Weg zum Legendenstatus
Nach dem Einzug ins DFB-Pokalfinale und mit 13 Punkten Vorsprung in der Liga greift Bayer Leverkusen nach dem Double – als Krönung einer schon jetzt historischen Saison.
LEVERKUSEN In der Geschichte der Bundesliga gab es einige überragende Mannschaften. In den 1970erJahren waren es der FC Bayern und Borussia Mönchengladbach, die jeweils von Trainer Udo Lattek von Titel zu Titel geführt wurden. In den 1990er-Jahren brannte sich Borussia Dortmund unter Ottmar Hitzfeld unvergesslich ins kollektive Fußballgedächtnis. Jupp Heynckes machte München 2013 zum Triple-Sieger und stellte mit 91 Punkten einen Rekord auf, der bis heute Bestand hat. In der Folgesaison zementierte Pep Guardiola die Dominanz des Rekordmeisters. Nach 27 Spieltagen stand sein Team als Meister fest, so früh wie noch nie. Bayer Leverkusen ist mit Xabi Alonso auf dem Weg in diese Riege legendärer Mannschaften.
Beim 4:0 (3:0) gegen Fortuna Düsseldorf im Halbfinale des DFB-Pokals ließ die Werkself keinerlei Zweifel am Einzug ins Endspiel aufkommen. Es war das 40. Pflichtspiel ohne Niederlage in dieser Saison – bei 35 Siegen. In der Liga rollen die Rheinländer mit 13 Punkten Vorsprung wie auf Schienen Richtung Meisterschaft. Sogar die Punktebestmarke von Heynckes gerät ins Wanken, 73 Zähler sind es bereits, 21 sind noch zu vergeben. Am Samstag geht es bei Union Berlin weiter (15.30 Uhr/Sky). Drei Siege trennen Leverkusen von der ersten Meisterschaft der Klubgeschichte. Und dann ist da noch die
Europa League, in der nächste Woche das Viertelfinal-Hinspiel gegen West Ham United ansteht.
„Wir wollten keine Überraschung gegen Düsseldorf erleben“, sagte Alonso. „Das haben wir gut gemacht und können nun ein bisschen feiern, dass wir im Finale stehen.“Für Überschwang ist aber kein Platz in der Gedankenwelt des Spaniers. Denn gewonnen ist noch nichts. Das wiederholt der 42-Jährige wie ein Mantra. „Jetzt können wir den vollen Fokus auf Liga und Europa League legen, um eine gute Saison zu haben.“
Gut? Bereits jetzt ist es überragend bis historisch, was Leverkusen auf den Rasen bringt. Experten geraten angesichts der ebenso dominanten wie attraktiven Spielweise ins
Schwärmen, die Fans regelrecht in einen Rausch. Die Szenen nach der 3:0-Demontage des FC Bayern vor knapp zwei Monaten hatten bereits etwas von vorgezogener Meisterfeier. Seitdem kamen ein paar teils spektakuläre Siege hinzu, die den Enthusiasmus auch dezibeltechnisch in ungeahnte Höhen trieben – und nun das 4:0 gegen Düsseldorf: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“
Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt. Bayer war drückend überlegen und ging durch Jeremie Frimpong früh in Führung. Amine Adli und Florian Wirtz machten noch vor der Halbzeit alles klar, Letzterer schnürte durch einen Handelfmeter noch den ersten Doppelpack seiner Profikarriere.
„Wir sind in Liga und Pokal gut dabei, werden uns aber nicht darauf ausruhen“, betonte Josip Stanisic. Der Leihspieler des FC Bayern kam als Meister nach Leverkusen und kehrt womöglich als Double- oder gar Triple-Sieger zurück. Verfrühte
Gratulationen will er aber nicht hören. „Klar, es müsste schon sehr viel falsch laufen, damit wir am Ende nicht Meister sind, aber Glückwünsche sind erst gerechtfertigt, wenn es soweit ist.“
Beglückwünschen kann man Bayer indes bereits für Alonsos Verbleib in Leverkusen. Der Kader bleibt wohl weitgehend zusammen. Ein Abgang von Wirtz ist aktuell ebenso wenig ein Thema, wie der anderer Leistungsträger, etwa Alejandro Grimaldo oder Topscorer Victor Boniface, der gegen Düsseldorf nach mehr als drei Monaten Verletzungspause sein Comeback gab.
Hervorragende Aussichten also unter dem Bayer-Kreuz. Jetzt fehlen nur noch Titel für den Legendenstatus.