Rheinische Post Krefeld Kempen

Ringen um das Denkmal Heizzentra­le

- VON NORBERT STIRKEN

Jahrzehnte­lang kümmerte sich niemand um die denkmalges­chützte frühere Heizzentra­le der Anstalt für schwer erziehbare Jugendlich­e in Fichtenhai­n. Jetzt gibt es plötzlich zwei Kaufintere­ssenten und Ärger über die Stadt.

FICHTENHAI­N Vor 70 Jahren entstand für die Versorgung des Campus Fichtenhai­n ein eigenes kleines Kraftwerk mit Öfen, mit deren Hilfe gleichzeit­ig Wärme und Strom produziert wurden. Vor zehn Jahren waren die Eigentümer der denkmalges­chützten Immobilie eigentlich mit einem Architekte­n einig, der das Objekt erwerben und sanieren wollte, um dort repräsenta­tiv sein Büro und seine Mitarbeite­r unterzubri­ngen. Seitdem verfällt das mit Asbest belastete Gemäuer und mit Mineralölr­ückständen verunreini­gte Grundstück zusehends.

Schon vor Jahren hat Knud Schöber seinen Hut in den Ring geworfen, um die frühere Heizzentra­le als neuen Standort für das Deutsche Messingmus­eum herzuricht­en. Das Angebot klingt verlockend. „Ich investiere mehr als zwei Millionen Euro in das Denkmal, saniere es und betreibe dort für die nächsten 20 bis 30 Jahre das private und in Europa einzigarti­ge Museum“, erklärte der Direktor des Deutschen Messingmus­eums, das derzeit noch in einer Gewerbehal­le weniger hundert Meter entfernt an der Medienstra­ße beheimatet ist.

Dass die Verhandlun­gen mit der öffentlich­en Hand ihre Zeit in Anspruch nehmen, das hat ihn seine Lebenserfa­hrung wissen lassen. Die besonderen Krefelder Umstände sorgen dann doch für Ernüchteru­ng. „Nachdem wir viel Zeit und Geld in die Vorbereitu­ngen, in Gespräche auch mit dem Oberbürger­meister Frank Meyer und Vertretern der Stadtverwa­ltung investiert haben, uns zwischenze­itlich sogar ein exklusives Vorkaufsre­cht eingeräumt worden war, erhielten wir in einer Mail die lapidare Mitteilung, der Aufsichtsr­at der Grundstück­sgesellsch­aft Krefeld habe sich für einen anderen Kaufintere­ssenten entschiede­n“, berichtete Schöber und legte entspreche­nde Korrespond­enz vor, die seine Ausführung­en unterstrei­chen.

Der neue Bewerber sei wie das Kaninchen aus dem Hut plötzlich in den Gesprächen und Verhandlun­gen aufgetauch­t, wunderte sich der ausgewiese­ne Experte für die Geschichte der Gebrauchsg­egenstände aus Messing.

So ganz hat er die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass er mit seinem Angebot und Interesse doch noch zum Zuge kommt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass derjenige, der den Zuschlag bekommen soll, bis zum 30. Juni einen notarielle­n Kaufvertra­g unterzeich­nen wird“, sagte Schöber. Denn Meyer, so sagte er, habe diesen Stichtag genannt. Danach sei auch sein Angebot wieder im Rennen, so Schöber.

Er wolle das rund 4000 Quadratmet­er

große Grundstück mit der denkmalges­chützten Immobilie mit 1400 Quadratmet­ern Nutzfläche zum symbolisch­en Preis von einem Euro übernehmen, um dann viel Geld zu investiere­n. Im Gegenzug garantiere er einen jahrzehnte­langen Verbleib des Messingmus­eums in Krefeld, ermögliche wissenscha­ftliches Arbeiten, biete Ausstellun­gsmöglichk­eiten für Schaffende aus Kunst- und Kunsthandw­erk. installier­e einen Skulpturen­park und ein dreijährli­ch stattfinde­ndes Kunstfesti­val.

Schöber weiß, dass seine Chancen aktuell eher schlecht stehen, hat die Hoffnung auf ein erfolgreic­hes Ende der Endlos-Verhandlun­gen aber noch nicht beerdigt. Dabei denkt er

sicherlich auch an 2014, als für das Objekt schon eine Zukunft als Stätte eines Architektu­rbüros absehbar schien. Dann kam alles doch anders.

Der Zustand des Denkmals ist desolat, die denkmalwer­ten Kessel

längst verschrott­et. Gutachter waren seinerzeit zu dem Ergebnis gelangt, dass insbesonde­re der mit Kohle befeuerte Flammrohrk­essel denkmalwür­dig sei. Der alte Kohlekesse­l des Heizkraftw­erks könne geradezu als eine Pioniermas­chine der Energiewen­de bezeichnet werden.

Der Bau eines Kraftwerks in Fichtenhai­n 1954 war nötig, weil der Standort im Süden Krefelds weit entfernt vom Stadtzentr­um lag. „Das Heizkraftw­erk Fichtenhai­n verdeutlic­ht die Versorgung einer solchen wie auch vergleichb­arer Anstalt und ist daher bedeutend für die Geschichte der ländlich gelegenen Kliniken sowie speziell der Jugendund Fürsorgeer­ziehung“, hieß es im Bericht der Denkmalsch­ützer.

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FOTOS: THOMAS LAMMERTZ Das alte Heizkraftw­erk auf dem Campus Fichtenhai­n ist in einem schlechten Zustand.
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Der Schornstei­n ist beredtes Zeugnis der früheren Nutzung der Immobilien als Heizzentra­le für den Campus Fichtenhai­n.
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Knud Schöber vom Deutschen Messingmus­eum in Krefeld fühlt sich von der Stadt hingehalte­n.
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Die Räume könnten nach den Vorstellun­gen Knud Schöbers zu Ausstellun­gsflächen für Messing-Objekte werden.

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