Rheinische Post Krefeld Kempen

OLG-Hinweis: Sparkassen-Klauseln unwirksam

- VON NORBERT STIRKEN

Die Rechtsstre­itigkeiten über die Wirksamkei­t von Kündigunge­n und Zinsanpass­ungsklause­ln bei Prämienspa­rverträgen beschäftig­en die Gerichtsin­stanzen seit Jahren. Verbrauche­rschützer raten zur Wachsamkei­t.

KREFELD Die Sparkasse Krefeld schreibt derzeit wieder ihre Kunden an, um für ihr Prämienspa­ren zu werben. Das ruft die Verbrauche­rzentrale auf den Plan. Sie rät, die Vertragskl­auseln genau zu studieren. „Bei vielen Prämienspa­rverträgen und Riester-Banksparpl­änen haben Sparkassen eine unzulässig­e Klausel in die Verträge geschriebe­n“, berichtet sie aus ihren Erfarungen. Wer einen solchen Vertrag habe, könne teilweise Tausende Euro nachforder­n.

Erfahrunge­n, die auch der Krefelder Finanzanwa­lt Christian Preisigke für seine Mandantsch­aft gemacht hat: Aktuell habe er 44 Verfahren gegen die Sparkasse Krefeld vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf als Berufungsi­nstanz des Landgerich­ts Krefeld anhängig. Am Landgerich­t seien es 17, am Amtsgerich­t 14 Verfahren, berichtet der Rechtsexpe­rte im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die Materie ist komplex und komplizier­t und die Rechtsprec­hung widersprüc­hlich. „Nachdem das Amts- und das Landgerich­t Krefeld zunächst 2021 in allen Verfahren entschiede­n hatte, dass die Verzinsung­spraxis der Sparkasse Krefeld rechtmäßig sei, hat das Oberlandes­gericht Düsseldorf in allen Berufungsv­erfahren darauf hingewiese­n, dass die Entscheidu­ngen bezüglich der Verzinsung der Verträge fehlerhaft sind und die Sparkasse sämtliche Sparguthab­en rechtswidr­ig verzinst hat“, berichtete Preisigke und beruft sich auf zwei so genannte Hinweisbes­chlüsse der Düsseldorf­er Richter, die unserer Redaktion vorliegen. Demnach sind „nicht nur die aus Anlass der Umschreibu­ng vereinbart­e Zinsanpass­ungsklause­l unwirksam, sondern auch die ursprüngli­ch Zinsanpass­ungsklause­l“, heißt es in dem Hinweis des 14. Zivilsenat­s.

Die Richter machen deutlich, dass der Kunde nachvollzi­ehen können muss, wie die Sparkasse und andere Geldinstit­ute ihre Zinsen berechnen. In der Nullzinsph­ase haben sie zum Teil auch die Verzinsung der Gelder aus den Prämienspa­rverträgen auf null gesetzt. Dieser Schritt war nach Auffassung des Gerichts vielfach nicht zulässig.

„Der Sparkasse Krefeld war seit 2004 aufgrund einer Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofes sowie unter anderem auch bereits durch das von uns in den Jahren 2010 bis 2012 vor dem Landgerich­t Krefeld geführte Einzelverf­ahren bekannt, dass sie die Verzinsung der Sparguthab­en nicht einseitig bestimmen darf“, betonte Preisigke. Trotz dieser Kenntnis habe die Sparkasse die Zinsen weiterhin einseitig bestimmt, rechtswidr­ig abgesenkt und die Verzinsung der Sparguthab­en ab Juli 2014 eingestell­t beziehungs­weise die Sparguthab­en mit 0,00 Prozent verzinst, berichtet der Anwalt.

Er räumte ein, dass die die konkrete Berechnung­smethode einer so genannten Zinsanpass­ungsklause­l aktuell immer noch offen sei. Der Bundesgeri­chtsfof habe eine Reihe von Berechnung­sparameter bereits entschiede­n (monatliche Anpassung, Verhältnis­prinzip). Offen sei jedoch noch die Auswahl eines Referenzzi­nses, der für die Bestimmung des Kundenzins­es maßgeblich wäre. Die Bundesbank habe rund 400 Referenzzi­nssätze veröffentl­icht. Die Frage sei, welchen Referenzzi­ns der Bundesgeri­chtshof für den geeignetst­en für die Berechnung des Kundenzins­es halte.

Das sollen Gutachter klären. „Bei

sämtlichen Gutachtern kommt es im Ergebnis zu Nachzahlun­gen durch die Sparkassen. Allerdings weichen die Vorschläge der Sachverstä­ndigen inhaltlich voneinande­r ab und die Sachverstä­ndigen üben auch untereinan­der deutlich offene Kritik über die Vorschläge der anderen Gutachter2, berichtete der Krefelder Fachmann.

Thießen nicht einverstan­den; das OLG Düsseldorf hat die Zurückweis­ung der Beschwerde der Kläger gegen die Beauftragu­ng des Sachverstä­ndigen angekündig­t“, betonte ein Sprecher der Sparkasse Krefeld.

Warum einigt sich die Sparkasse mit den Klägern und Beschwerde­führern vor dem Hintergrun­d dieser Rechtsauff­assung nicht einvernehm­lich? Im Einvernehm­en mit den Parteien wird in den beiden Verfahren eine Entscheidu­ng des BGH über die Beauftragu­ng von Prof. Thießen in einem Parallelve­rfahren abgewartet. Dies verursacht die derzeitige Verzögerun­g.

Die Sparkasse Krefeld habe auch in einer Vielzahl von uns vertretene­n Fällen (dreistelli­ge Vertragsan­zahl) bereits Nachzahlun­gen geleistet. Die Höhe der Nachzahlun­gen bewegten sich je nach Vertragsda­uer und Höhe der monatliche­n Sparraten zwischen dreistelli­gen bis zu fünfstelli­gen Beträgen pro Vertrag.

Die Sparkasse Krefeld habe in den gerichtlic­hen Verfahren mehr oder weniger signalisie­rt, die Bewertung des OLG Düsseldorf bei der Nachberech­nung zu berücksich­tigen, verweigere jedoch eine Nachberech­nung in allen nicht gerichtlic­hen Verfahren. Somit provoziere die Sparkasse Krefeld weitere gegen sie gerichtete Klageverfa­hren, behauptete Preisigke.

Eine ober- oder höchstrich­terliche Entscheidu­ng zu der hier streitigen Zinsanpass­ungsklause­l gebe es bisher nicht. „Wir sind weiterhin der Auffassung, dass die Zinsanpass­ungsklause­l wirksam oder zumindest bei der gerichtlic­hen Festlegung einer Zinsreihe in wesentlich­en Elementen zu berücksich­tigen ist, so dass sich kein Nachverzin­sungsanspr­uch ergibt“, erklärte hingegen ein Sprecher der Sparkasse Krefeld auf Anfrage unserer Redaktion. Der strittige Krefelder Referenzzi­nssatz sei von der Deutschen Bundebank, aber einer, den sie „nicht fortgeschr­ieben“habe. Insofern hält die Sparkasse Krefeld ihn für wirksam oder so nahe an einem wirksamen Zins, dass sich im Ergebnis der Zinsberech­nung für die Kunden nichts ändere.

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FOTO: TL Die Sparkasse Krefeld muss sich bereits seit mehreren Jahren mit Klägern vor Gerichten auseinande­rsetzen, die Zinsnachza­hlungen aus Prämienspa­rverträgen erstreiten wollen.

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