Rheinische Post Krefeld Kempen
Sprödentalkirmes feiert 100-jähriges Bestehen
Einst war der Sprödentalplatz ein sumpfiges Areal, in das die Abwässer der Krefelder flossen. Heute findet dort zweimal jährlich die Kirmes statt. Wie aus dem Sumpf ein Festplatz wurde.
Krefeld (jeku) Für die Krefelderinnen und Krefelder ist klar: Wenn von der „Kirmes“in der Seidenstadt die Rede ist, dann ist die Sprödentalkirmes gemeint. Seit 100 Jahren findet an eben jenem Veranstaltungsort an der Uerdinger Straße zweimal im Jahr das bunte Treiben mit Karussells und Losbuden statt. Die Kirmestradition in Krefeld reicht allerdings sehr viel weiter zurück. Und so feiert die Krefelder Sprödentalkirmes in diesem Jahr ihr 100. Bestehen. Die Kirmestradition kann man sogar noch weiter zurückverfolgen. Damals feierten Jung und Alt auf anderen Festplätzen in der Stadt – auf der Hochstraße, dem Friedrichsplatz, der Carl-WilhelmStraße, dem Karlsplatz und dem Ostwall. Mit der Erlangung der Stadtrechte 1373 wurden in Krefeld auch Jahrmärkte veranstaltet. Noch bis 1817 wurde von drei solcher alt hergebrachten Märkte berichtet: Zu Lichtmeß am 2. Februar, dem früheren Ende der Weihnachtszeit, zu Christi Himmelfahrt und den Lampenmarkt am 21. September.
Diese Tradition verschwand zwischen 1858 und 1893. Dafür gab es neue Kirmesfeste und -plätze. Zwischen der Hochstraße und dem Friedrichsplatz konnten die Krefelder bis 1828 Karussell fahren oder wilde Tiere wie eine „Boa Constricor“bestaunen, die als der „Erwürger von Senegal“beworben wurde. Warum sich das Kirmestreiben dann auf die Carl-Wilhelm-Straße verlagerte, ist nicht klar. Die reizvolle Lage vor dem Stadtschloss, dem heutigen Rathaus, zog jedenfalls die
Bevölkerung an. Bis 1861 wurden dort die Verkaufsbuden und Fahrgeschäfte aufgebaut. Neben Waren aus Paris und Berlin faszinierten Degenund Feuerschlucker das Publikum. Schließlich siedelte die Stadt das Jahrmarktsvergnügen auf dem Carlsplatz an, auf dem sich heute das Kaiser-Wilhelm-Museum befindet. Der Carlsplatz diente fortan in Krefeld als zentraler Veranstaltungsplatz: Zirkusse, Wochen- und Jahrmärkte bauten dort ihre Zelte und Buden auf.
Die Krefelder Zeitungen begleiteten die Jahrmärkte häufig mit aufregenden Vorabgeschichten, was das Interesse der Bevölkerung bereits beim Aufbau der Jahrmärkte entfachte. So hämmerten und sägten 1859 Schausteller an einer „Arche“auf dem Carlsplatz mit Affen und anderen exotischen Tieren. Das Publikum konnte 1892 den „original englischen Edison-Phonographen“ausprobieren: Die Besucher bekamen dabei Gummischläuche in die Ohren gestopft und hörten dann das Londoner Sinfonieorchester. Gegen einen kleinen Geldbetrag durfte man auf eine Wachsrolle seine Stimme aufnehmen und sich diese anschließend anhören.
Nach dem Tod Kaiser Wilhelm I. entbrannte um den Carlsplatz ein heftiger Streit zwischen den Kirmesbefürwortern
und der Fraktion, die dort zur Ehre und Erinnerung an den Monarchen ein Denkmal, respektiv ein Museum errichten wollten. Die Stadtverordnetenversammlung entschied sich mit einer namentlichen Abstimmung bei 16 zu zehn Stimmen für das Museum. Mit dem Bau auf dem Carlsplatz 1894 endete vorerst die Kirmestradition in der Samt- und Seidenstadt. Von diesem Jahr bis 1924 galt dann auch noch ein allgemeines Verbot für Kirmesveranstaltungen. Eine einheitliche Regelung existierte im Rheinland zwar nicht, dennoch gab es in Krefeld und anderen Städten eine solche Vorgabe.
Das heutige Gebiet des Sprödentalplatz lag einst vor den Toren der Stadt, ein sumpfiges Areal, in das auch die Abwässer der Krefelder floss. Dr. Josef Olivier Massot, Rechtsanwalt, Poet, Sprachlehrer und Gartenfreund, erwarb Anfang des 19. Jahrhunderts das Areal. Dort ließ er einen Park mit Fischweihern anlegen, in dem er unter anderem Spargel und Wein anbaute. Die Bezeichnung „Sprödental“soll übrigens auf ihn zurückgehen. Die als Damm aufgeschüttete Uerdinger Straße wurde erst 1811 durch dieses Gebiet gebaut. Mit Massots Tod versumpfte das Gebiet wieder und konnte erst mit der Kanalisation 1874 trockengelegt werden.
Der Sprödentalplatz wurde erstmals 1911 als Veranstaltungsort genutzt. Dort fand für zwei Monate eine Gewerbe-, Industrie- und Kunstausstellung statt. Der Stadtrat beschloss 1924, den 52.000 Quadratmeter großen „Sprödentalplatz“als Kirmes- und Messeplatz zu nutzen. Zwischen 120 und 130 Schausteller gastieren dort inzwischen im Frühling und im Herbst mit ihren Fahrgeschäften, Losbuden und Gastronomiegeschäften. Zum 100. Jubiläum lockt die Frühjahrskirmes vom 26. April bis 5. Mai mit zahlreichen Fahrgeschäften und Attraktionen auf den Sprödentalplatz.