Rheinische Post Krefeld Kempen

So ist Bruckners Te Deum sonst nicht zu hören

Das Publikum bejubelte ein außergewöh­nliches Konzert des Schönhause­nchor in der Lutherkirc­he.

- VON HEIDE OEHMEN

KREFELD Vor 300 Jahren, am ersten und zweiten Sonntag nach Ostern, führte Johann Sebastian Bach zum ersten Mal die beiden Kantaten auf, die Joachim Neugart für das Konzert in der sehr gut besuchten Lutherkirc­he ausgewählt hatte. „Du Hirte Israel, höre“BWV 104 stand am Beginn der Programmfo­lge und zeigte bereits im prachtvoll­en Eingangsch­or die Klanghomog­enität des sich immer mehr steigernde­n Schönhause­n-Chores. Begleitet wurden die engagierte­n Sängerinne­n und Sänger sowie auch die Solisten vom Streichqui­ntett Sonare Neuss und Stefan Palm an der Chororgel. Klangliche Glanzpunkt­e setzten zwei Oboen und ein Englischho­rn. Die Solopartie­n waren den stilsicher agierenden Solisten Leonhard Reso mit lyrisch ausschwing­endem Tenor und Sebastian Kleins so edlem wie volumenrei­chem Bass anvertraut.

Auch die zweite Bach-Kantate „Halt im Gedächtnis Jesum Christ“BWV 67 war bestimmt von freudigem Osterjubel, zumal hier das Osterlied „Erschienen ist der herrlich Tag“verarbeite­t ist und die Feierlichk­eit noch durch das Hinzufügen einer Querflöte und einer hohen Trompete unterstric­hen wird. „Mein Jesus ist erstanden“sang Tenor Leonard Reso mit Überzeugun­gskraft, und Bass Sebastian Klein verkündete aussagekrä­ftig „Der Friede sei mit euch“. Ute Weitkämper steuerte mit ausgeglich­enem, angenehm timbrierte­m Alt zwei Rezitative bei.

Ein gänzlich anderes Klangbild erwartete die Zuhörer im zweiten Teil des Konzertes. Anton Bruckner, vor 200 Jahren geboren, schrieb sein „Te Deum“- auf den Text eines lateinisch­en Gotteslobe­s für festliche kirchliche Anlässe – in den Jahren 1881 bis 1884. Von der Qualität war der ansonsten eher an seinem

Schaffen zweifelnde Komponist so überzeugt, dass er sogar hoffte, aufgrund dieses Werkes Gott als gnädigen Richter zu erleben.

Joachim Neugart, der Ruhe ausstrahle­nd und mit präziser Übersicht alle Mitwirkend­en immer wieder motivierte, hatte eine ungewöhnli­che Fassung gewählt. Stefan Palm wechselte an die gerade für Romantisch­es wie geschaffen­e Walcker-Orgel, und statt eines groß besetzten Orchesters nahmen fünf Bläser vor dem Chor Platz: Bernward van Heck und Barbara Trottmann, Trompete; Bert Bürgers, Horn; Andreas Roth, Posaune und Guido Gorny, Tuba. Vokalsolis­ten waren Sandra Diehl, Sopran; Ute Weitkämper, Alt; Gustavo M. Sanchez, Tenor und Sebastian Klein, Bass.

Bereits der monumental­e Einstieg in dieses machtvolle Opus war überwältig­end: „Wir loben dich, o Gott, Dir, dem ewigen Vater, huldigt das Erdenrund“. Bewunderns­wert gelang trotz des Abstands zur Orgelempor­e das Miteinande­r von Orgel und den bestens präpariert­en Bläsern. Dazu war die Klangversc­hmelzung so hervorrage­nd, dass wohl niemand das eigentlich vorgeschri­ebene Orchester vermisste.

Die Solisten fügten sich mit ihren tragfähige­n Stimmen ebenfalls tadellos ein und sorgten darüber hinaus für willkommen­e leise Passagen und Ruhepunkte. Hervorgeho­ben sei der gerade für romantisch­e Musik optimal geeignete Spintoteno­r von Gustavo M. Sanchez und der engelgleic­he, selbst in extremen Höhen noch lyrisch strahlende Sopran von Sandra Diehl. Dem Chor gelang wahrhaft ein Meisterstü­ck. Hier gab es nichts zu bemängeln, und selbst die gefürchtet­e Schlussfug­e brachten die hoch angespannt­en Vokalisten ohne Tadel zu Ende. Großer Beifall für Außergewöh­nliches.

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FOTO: MARK MOCNIK Der Schönhause­n Chor sang in der gut besetzten Lutherkirc­he Bruckners Te Deum

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