Rheinische Post Krefeld Kempen
„Schönes Hobby, aber auch viel Arbeit“
Anna Reddig aus Kempen hat eine Handvoll Schafe. Wie sie dazu kam und warum es auch ein paar mehr sein dürfen.
KEMPEN Aus der Entfernung ist ein leises „Böh“zu hören. Das schwarze Lämmchen, drei Wochen alt, macht Mätzchen mit den Alttieren. So geht es seit Tagen, der junge Bock hat Langeweile. „Es wird Zeit, dass die anderen Muttertiere auch ihre Lämmer bekommen“, sagt Anna Reddig und lacht. „Er braucht dringend ein paar Spielkameraden.“
Die Muttertiere heißen Trude und Gretel, Wilma und Hilde. Drei weitere jüngere Schafe stehen getrennt von ihnen auf einer anderen Weide. Sieben erwachsene Tiere hat Reddig insgesamt: ein Jakobsschaf, die hellen Shropshire-Schafe und die dunkelgelockten Gotländer Pelzschafe. Beileibe keine große Herde, und Schäferin ist Reddig auch nicht. Für sie sind die Schafe „ein schönes Hobby, aber auch viel Arbeit“, wie die 31-Jährige schmunzelnd erklärt. Dabei kam sie nur durch den Zufall aufs Schaf.
Vor einigen Jahren sei sie „relativ verzweifelt auf Wohnungssuche“gewesen, erzählt Reddig. Heute hat sie noch zwei Hunde, damals waren es drei, „und mit drei Hunden war es nicht einfach, eine Wohnung zu finden“. Da entdeckte sie eine Annonce für eine Wohnung in Kempen. Auf einem alten Bauernhof, „und der Vermieter hatte in die Anzeige geschrieben, dass Tierhaltung zwingend erwünscht sei“, erinnert sich Reddig. Die Wohnung gefiel ihr, man wurde sich einig, auch in Sachen Tierhaltung. Seit 2021 wohnt sie nun dort, idyllisch auf dem Land.
„Wir waren noch am Renovieren, da zogen die ersten Tiere ein“, erzählt die Kempenerin, „und jetzt werden es jedes Jahr mehr.“Palina, ein kleines Shetland-Pony, sollte nicht allein sei, so kamen die ersten Schafe hinzu. Hühner folgten, inzwischen gehören 38 Hühner und 33 Küken mit zur Hof-Belegschaft. Mit Tieren kennt Reddig sich aus: Unter dem Namen „Niederrheinschnauzen“ist sie als mobile Hundetrainerin am Niederrhein unterwegs. Doch die Schafhaltung war für sie neu, und immer noch lernt sie dazu. Vieles in Gesprächen mit Otto, dem Schäfer, der in Kempen und Umgebung Schafe schert und viele Tipps geben kann, egal ob es nun um die Klauenpflege, das Scheren, Hilfe beim Ablammen geht, „ich bin wirklich froh, dass wir Otto haben“, sagt Reddig. „Wenn man mit Nutztierhaltung anfängt, hat man es nicht leicht, man weiß ja anfangs gar nicht, was man alles braucht und anmelden muss.“
Im „Verbrauch“sind die Schafe relativ genügsam. „Sie mäen viel, gerne und schnell, das ist faszinierend“, sagt Reddig. Als „lebende Rasenmäher“sind sie also gut einzusetzen. Die Wiese ist entsprechend ihre Hauptfutterquelle, daneben gibt es Heu und Pellets sowie frisches Wasser und Leckschalen, um Mineralien aufzunehmen. Allerdings sei es nicht damit getan, die Tiere anzuschaffen und auf eine Wiese zu bringen, warnt Reddig, „Weidezäune und Elektrozaungeräte sind schon sehr teuer, aber die braucht man, um die Tiere auf die Weide zu stellen.“Nur im Stall wolle sie die Tiere nicht halten, doch für die Außenhaltung müsse man die Weiden gut schützen: „Man macht sich ja Sorgen, der Wolf war ja schon mal hier in Kempen.“
Seit die ersten Schafe ankamen, hat Reddig auch über die unterschiedlichen Schafrassen einiges
gelernt. Die Gotländer Pelzschafe begeistern sie besonders. „Sie sind sehr zahm, das bringen sie schon mit. Sie kommen an und wollen kuscheln. Und sie haben ein wirklich schönes Fell.“Wie man daraus Wolle spinne, damit müsse sie sich noch auseinandersetzen, fügt Reddig hinzu. Damit steht das nächste Projekt schon fest.
Wer mit der Nutztierhaltung beginnt, muss sich auch überlegen, wie viele Tiere er letzten Endes haben möchte. „Hin und wieder wird auch eines geschlachtet“, sagt die Kempenerin, „man kann sie nicht alle behalten, vor allem die Böcke nicht.“Manchmal müsse man eben ein Tier schlachten oder verkaufen. Das gehört dazu, das ist auch der Grund, warum der kleine schwarze Bock, der vor drei Wochen geboren wurde, keinen Namen bekommt. Damit der Abschied in acht bis zehn Monaten nicht so schwer fällt.
Vorerst wird er in den kommenden Tagen beziehungsweise den kommenden Wochen aber noch zwei oder drei Spielkameraden bekommen, mit denen er über die Wiesen springen und die Alttiere stupsen kann. Der Zufall brachte Anna Reddig aufs Schaf, heute genießt sie es, bei ihnen zu sein: „Sie sind einfach witzig.“