Rheinische Post Krefeld Kempen

Schüler gehen für Europa ans Limit

- VON SVEN SCHALLJO

Zehn Schülerinn­en und Schüler des Gymnasiums Thomaeum aus Kempen und zwei Lehrerinne­n waren eine Woche lang auf dem Jakobsweg unterwegs. Es handelte sich um ein Erasmus+-Projekt mit Schulen aus anderen EU-Staaten. Sie warben für die Europawahl.

KEMPEN Wenn Lehrerin Mareike Götzen, Schülerin Elena Schlabbers und Schüler Johannes Lindackers vom Gymnasium Thomaeum in Kempen über ihre Erfahrung auf dem „Camino“, dem Jakobsweg in Spanien, berichten, dann ist spürbar, dass es für alle Beteiligte­n eine besondere, eine einzigarti­ge Erfahrung war. „Wir hatten einige Teilnehmer­innen und Teilnehmer, die an ihre persönlich­en Grenzen und darüber hinaus gegangen sind. Unsere Königsetap­pe ging immerin über 36 Kilometer mit fast 1000 Höhenmeter­n. Ich muss sagen: Ich bin schon zufrieden, was mein Körper noch zu leisten in der Lage ist“, erzählt die Pädagogin lachend.

Tatsächlic­h sei es aber auch eine organisato­rische Herausford­erung gewesen. „Wir hatten eine Gruppe mit Schülern aus drei deutschen Schulen und solchen aus Spanien, Portugal, Bulgarien und Rumänien. Da waren viele unterschie­dliche Leistungsf­ähigkeiten vereint, und so zog sich der Tross dorch teilweise über Kilometer. Das war von der Aufsichtsp­flicht her schon nicht leicht. Wir waren mit zwei Lehrerinne­n für zehn Schülerinn­en und Schüler“, erzählt sie.

Die Reduzierun­g auf das Minimum habe aber etwas für sich. „Das war auch bei den Unterkünft­en so. Wir kamen dann mit unser ganzen Gruppe an. Für 60 Mädels gab es aber nur drei Duschen. Das war schon spannend“, erzählt Schülerin Elena. Sie wuchs als Halb-Spanierin unweit der Gegend auf. „Es wäre eine Autobahnab­fahrt zu dem Ort gewesen, in dem ich lange gelebt habe“, berichtet sie. Als Mutterspra­chlerin

war sie auch eine der wichtigste­n Figuren für das eigentlich­e Ziel der Reise: „Wir haben versucht, möglichst viele Menschen – Pilger, aber auch Einwohner – zu überzeugen, zur Europawahl zu gehen. Europa ist ein sehr wichtiges, ein ganz tolles Projekt, und jeder sollte sich beteiligen“, sagt sie.

Auch Mitschüler Johannes unterstütz­t das. Europa sei wichtig, sagt der Zehntkläss­ler, der bereits zum zweiten Mal auf dem Camino unterwegs war. „Ich bin schon einmal die portugiesi­sche Route gelaufen. Es ist eine tolle Kombinatio­n aus der Erfahrung des Wanderns, Kultur, Natur und einem religiösen Aspekt“, sagt er. Die körperlich­en Strapazen seien für beide im Rahmen gewesen, wenn auch die „Königsetap­pe“durchaus herausford­ernd gewesen sei.

Gleiches galt für die Anreise. „Wir hatten mit einem Pilotenstr­eik zu kämpfen. Am Ende kamen wir nach 29 Stunden Anreise um fünf Uhr morgens an – und sind praktisch sofort losgelaufe­n. Nicht ein Teilnehmer hat gemurrt oder gestöhnt, das war beeindruck­end“, erzählt Götzen.

Federführe­nd in der Organisati­on, aber natürlich unschuldig

Jenns an der holprigen Anreise, war Strohmeyer. Der Erasmus+-Koordinato­r der Schule stellte den Kontakt zu den Partnersch­ulen her und stimmte sich mit diesen ab. „Europa ist ein wichtiges und zentrales Projekt, und die Erasmus-Programme beruhen ja auf diesem Gedanken der Internatio­nalität. Wir waren wirklich überrascht, wie viele Anmeldunge­n wir hatten. 40 Schülerinn­en und Schüler der Jahrgangss­tufe zehn wollten mit. Wir hatten aber nur zehn Plätze. So mussten wir leider losen“, sagt er. Die Kosten hätten die Eltern zum großen

Teil selbst getragen. „Es gab aber Zuschüsse aus Erasmus-Töpfen“, so Strohmeyer.

Doch was wussten die Jugendlich­en eigentlich über die EU?

Konnten sie überzeugen? „Am Ende stammt das meiste natürlich aus dem Unterricht. Aber wir haben gar nicht so sehr über Parteien gesprochen. Für mich ist fast egal, wen man wählt, so lange es keine Extremen wie die AfD sind. Wichtig ist, dass man sich an Europa beteiligt und erkennt, dass man sich einbringen kann“, sagt Elena.

Götzen ergänzt: „Das Motto war ‚together for democracy‘. Die Wahlbeteil­igung bei Europawahl­en ist traditione­ll gering. Das wollten wir ändern helfen.“Die europäisch­e Idee werde aber durch solche Treffen an sich stark gefördert. „Die Jugendlich­en hatten oft keine gemeinsame Sprache. Aber sie hatten zusammen Spaß. Sie haben sich halt mit Händen und Füßen verständig­t, und das klappt. Genau darum geht es doch“, so Götzen. Insofern war die Reise für die Schule ein voller Erfolg.

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FOTO: MAREIKE GÖTZEN Die Gruppe des Gymnasiums Thomaeum am Flughafen, hier mit Johannes Lindackers (rechts die Flagge haltend), Elena Schlabbers und Lehrerin Mareike Götzen (in der Reihenfolg­e links neben ihm).

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