Rheinische Post Krefeld Kempen

Mit dem Alpaka um die Felder spazieren

Auf dem Hof Wingertsch­es Erb lebt eine Alpaka-Herde. Besucher können mit den Tieren wandern und dabei entschleun­igen.

- VON EMILY SENF

TÖNISVORST Sanfte, weiche Lippen, ein schiefes verschmitz­tes Lächeln und dunkle Augen, die unter einer schokolade­nbraunen Ponyfrisur hervorblit­zen: Larito ist ein Herzensbre­cher, und vermutlich weiß er das auch. „Er ist sehr ruhig und kann gut mit Kindern“, beschreibt Elke Jansen den vierjährig­en Wuschelkop­f. Die 67-Jährige kennt ihn und seine Kumpels genau, für jeden hat sie liebevolle Worte parat. Frisbee etwa moppert gerne, Piet hat seinen ganz eigenen Kopf, und Charlson behält als Herdenchef den Überblick. Außerdem lässt er schon mal das Gras links liegen und bürstet sich lieber das Fell. Was sie eint: Sie alle sind friedlich und vor allem sehr, sehr entspannt.

Larito und Co. gehören zu einer Herde von insgesamt acht Alpakas, die auf dem Hof Wingertsch­es Erb von Elke Jansen und ihrem Mann Peter (68) leben. Die St. Töniserin warnt grinsend: „Schau einem Alpaka niemals in die Augen, sonst verliebst du dich.“Wer es drauf ankommen lassen möchte, kann mit Larito oder einem der anderen Tiere am Führstrick spazieren gehen. Die Jansens bieten Alpaka-Wanderunge­n an. Für die nächsten Monate stehen die Termine schon fest (s. Info-Kasten).

Im Moment stehen alle Tiere auf der Wiese um Elke Jansen und ihren Eimer voll Futter herum. Die einen kauen, die anderen schauen sich lieber die neuen Besucher an, beides zusammen klappt aber auch ganz gut. Zuerst waren vor gut vier Jahren Lorenzo, Monty (beide 5) und Charlson (6) da. „Ich habe sie als Rasenmäher angeschaff­t“, sagt die Besitzerin augenzwink­ernd. Alpakas fräßen mehr Gras als Schafe und hätten eine liebevolle Ausstrahlu­ng, erklärt sie.

Die 67-Jährige wollte gerne zwei, aber es mussten drei sein, der Auflagen wegen. „Drei ist die Mindestanz­ahl,

die Züchter herausgebe­n“, erläutert Elke Jansen. Zudem musste sie, um eine Genehmigun­g zu bekommen, für ein Alpaka rund 1000 Quadratmet­er Fläche nachweisen, für jedes weitere 100 mehr, dazu hohe Zäune, damit die Tiere nicht ausbüchsen können.

Ihr Mann stimmte zu – allerdings unter der Bedingung, dann für sich einen neuen Traktor zu bekommen. Mit jedem zusätzlich­en Teil für das

Fahrzeug kam wiederum ein weiteres Alpaka hinzu, so der Kompromiss seiner Frau. Acht Tiere sind es nun, zwischen vier und 18 Jahre alt. Sechs von ihnen gehören zur Rasse Huacaya, die anderen beiden, Piet und Charly (beide 4), sind Suri-Alpakas. Optisch erkennbar sind sie an ihrem hellen langen Fell.

Die Herde lebt ganzjährig im Offenstall. Regen und Schnee machen den Alpakas nichts aus, schließlic­h

stammen sie ursprüngli­ch aus den südamerika­nischen Anden. Für sie ist ein Hitzestau schlimmer als die Kälte. Darum werden die Tiere nächste Woche wieder geschoren. Weil das bei ihrem Fell aufwendige­r ist als bei dem fetthaltig­eren Fell von Schafen kommt dafür eine Expertin. Sie spinnt aus dem Fell Wolle, die auch im Hofcafé verkauft wird – ihren ehemaligen Besitzern mit Foto genau zugeordnet.

Die Alpaka-Wanderunge­n waren anfangs nicht geplant. „Als man während Corona viel draußen war, kamen plötzlich Anfragen“, erinnert sich Elke Jansen. Daraufhin haben ihre Schwiegert­ochter und sie zunächst entspreche­nde Kurse gemacht. Heute leiten vor allem Mitarbeite­rin Daniela Gransow und Schwiegert­ochter Sonja Jansen die Ausflüge.

Anderthalb Stunden ist die Gruppe unterwegs. Es geht über Wirtschaft­swege an Feldern entlang. Weil die Alpakas eine eingeschwo­rene Gemeinscha­ft sind, müssen es mindestens fünf Tiere sein, damit sich niemand alleine fühlt. Die wichtigste Regel: Voran geht es im Tempo der Tiere. Darum rät die Besitzerin auch: „Gute Laune mitbringen und keinen Zeitdruck.“Schließlic­h soll die Wanderung entschleun­igen, eine Auszeit vom Alltag sein. „Viele unserer Besucher kommen wieder“, sagt Elke Jansen. Für manche sei es wie eine Therapie.

Die Tiere werden den Teilnehmer­n vorab zugeteilt. Menschen mit Pferderfah­rung etwa bekommen die größeren Alpakas. Sollte bei einem der Paare die Chemie nicht stimmen, hilft die Gruppenfüh­rerin. Und wer es sich nicht zutraut, eines der Tiere zu führen, kann auch nur nebenher wandern. Diese Alternativ­e ist zudem preislich günstiger.

Die Voraussetz­ungen für die Teilnehmer sind denkbar simpel, aber Elke Jansen muss sie immer wieder betonen: „Man sollte sich dem Wetter entspreche­nd anziehen, das gilt auch bei den Schuhen.“Hilfreich seien zudem Handschuhe, schließlic­h müssen die Teilnehmer lange einen Strick in der Hand halten. Die St. Töniserin rät, Kinder erst ab einem Alter von fünf oder sechs Jahren mitzunehme­n. „Sonst wird es für sie schnell langweilig, und die Ausdauer fehlt noch“, erläutert sie.

Wer nicht wandern möchte, kann die Alpakas an der Wiese besuchen oder sogar ein Picknick inmitten der Tiere buchen. Zudem gibt es Themenange­bote wie Glühweinwa­nderungen im Winter. Elke Jansen hat es nie bereut, Alpakas angeschaff­t zu haben. „Sie sind eine Bereicheru­ng“, sagt sie. Erst einmal wird aber kein neues Tier dazukommen. Die 67-Jährige scherzt: „Mein Mann will kein neues Teil für den Traktor.“

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FOTO (2): NORBERT PRÜMEN Alpakas haben eine liebevolle Ausstrahlu­ng. Der vierjährig­e Piet scheint in die Kamera zu grinsen.
 ?? ?? Mit Futter kann Elke Jansen die Alpakas immer locken.
Mit Futter kann Elke Jansen die Alpakas immer locken.

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