Rheinische Post Krefeld Kempen
Ausbau Bremer Straße vor dem Aus
Der Lückenschluss zwischen Bremer Straße und Lange Straße, der auch dem Bockumer Zentrum zugute kommen sollte, steht auf der Tagesordnung der Bezirksvertretung Ost. Das Bauvorhaben soll nicht umgesetzt werden.
BOCKUM Zu Stoßzeiten bildet sich im Ortszentrum des Krefelder Stadtteils eine lange Schlange. Autos stehen dicht an dicht vor den Ampeln, viele Motoren sind zu hören, von der Abgasbelastung, die durch den stockenden Verkehr entsteht, mal ganz abgesehen. Um das Zentrum von Bockum zu entlasten und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, hatten die Mitglieder des Planungsausschusses 2019 die Verwaltung beauftragt, zu überprüfen, ob eine Verlängerung der Bremer Straße Richtung Lange Straße eine alternative Route zum Bockumer Gewerbegebiet ergeben könnte, die den Verkehr im Ortszentrum verringert. Nun sind die Ergebnisse da, mit denen sich die Mitglieder der Bezirksvertretung Ost in ihrer Sitzung am Dienstag, 30. Mai, beschäftigen werden.
Für die Straßennetzergänzung, auch Lückenschluss genannt, sollte ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden. Dieser Beschluss soll nach Auswertung der verkehrlichen Beurteilung nun aufgehoben werden. Der Grund: „Das Verkehrsgutachten zeigt, dass eine leistungsfähige Verlängerung der Bremer Straße möglich ist. Insgesamt betrachtet, ist eine gewisse Entlastungswirkung auf bestimmten Teilabschnitten des umliegenden Straßennetzes unbestritten, jedoch kommt die absolut höchste Entlastung aber nur einem unbebauten Straßenabschnitt der Lange Straße zugute. Den eigentlichen Zweck erfüllt die neue Verbindung demnach nur ungenügend und ist daher aus verkehrsplanerischer Sicht abzulehnen“, heißt es in der Vorlage der Stadt.
Denn Ziel des Lückenschlusses sollte nicht nur die bessere Erschließung des Gewerbegebietes BockumNord von Süden und Osten aus sein, sondern auch die verkehrliche Entlastung des Bockumer Zentrums. Als Grundlage für die Betrachtung diente damals die „Verkehrsdatenbasis 2015“aus dem Jahr 2005. Es wurde mit einem positiven Ergebnis der Untersuchung gerechnet. Und so wurde die Verwaltung beauftragte, einen B-Plan einzuleiten mit dem Ziel, „die im Flächennutzungsplan vorgesehene Verlängerung der Bremer Straße von der Uerdinger Straße bis zur Lange Straße planerisch zu ermöglichen.“
Da sich der Verkehr in der Zwischenzeit jedoch stark verändert hat und weitere Veränderungen absehbar sind, wurde ein makroskopisches Verkehrsmodell durch das Ingenieur-Büro PTV Transport Consult GmbH, Niederlassung Düsseldorf, erstellt. Das Ergebnis zeigt, dass weitere Maßnahmen notwendig sind, um das Bockumer Zentrum nachhaltig zu entlasten, eine Verlängerung der Bremer Straße alleine reicht dafür nicht aus.
Doch wie belastet sind die Straßen im Umfeld der Bremer Straße und wie würde sich ein Lückenschluss auswirken? Dazu ermittelte das Team der PTV Group zuerst einmal das Verkehrsaufkommen in 2021 und erstellte danach eine
Prognose für die kommenden Jahre, die auch geplante oder aktuelle Bauvorhaben wie die Entwicklung des Kasernengeländes an der EmilSchäfer-Straße oder den Ausbau der A57 einschloss. Dabei wurden zwei Varianten betrachtet. Einmal die Entwicklung mit verlängerter Bremer Straße und einmal ohne die geplante Maßnahme.
Als ein Ergebnis sieht man, dass die Lange Straße von einem Lückenschluss
profitieren würde und zwischen 12,6 und 28,6 Prozent, je nach Streckenabschnitt, weniger Verkehr hätte. Die Prognose für 2030 ohne eine Verlängerung der Bremer Straße geht von knapp 11.900 Fahrzeugen in 24 Stunden auf dem Abschnitt nördlich der B288 aus und von 8700 Fahrzeugen nördlich der Alte Krefelder Straße. Mit Lückenschluss würde sich der Verkehr auf 8500/ 7600 Fahrzeuge reduzieren.
Ebenfalls entlastet wäre die Uerdinger Straße östlich der Bremer Straße (minus 34,1 Prozent, was einer Reduzierung um 3000 Fahrzeugen entspricht). Allerdings würde auf dem Streckenabschnitt westlich der Bremer Straße der Verkehr deutlich ansteigen (um 53,5 Prozent oder 4500 Fahrzeuge). Ebenfalls deutlich mehr Verkehr erwarten die Experten auf der Emil-Schäfer-Straße östlich der Werner-Voß-Straße (plus 33,3 Prozent oder 1500 Fahrzeuge). Auch die Werner-Voß-Straße nördlich der Emil-Schäfer-Straße wäre mit 1100 Fahrzeugen mehr belastet, während auf der Traarer Straße westlich der Lange Straße eine Entlastung von 2100 Fahrzeugen zu spüren wäre.
Weniger Auswirkungen hätte eine Straßenverlängerung auf die A57Bereiche südlich und nördlich der Anschlussstelle Zentrum oder die viel befahrene B288, die 2030 wahrscheinlich von über 38.000 Fahrzeugen täglich genutzt wird und ohne Lückenschluss noch etwas mehr Verkehr aufnehmen muss (zwischen 5,5 und 8 Prozent).
Das Fazit der Experten lautet: „Aus dem Lückenschluss resultiert eine lokale Zunahme des Verkehrsaufkommens auf der Bremer-, Uerdinger(unter anderem im Bockumer Zentrum), Emil-Schäfer- sowie Werner-Voß-Straße. Zugleich werden aber der Knotenpunkt Lange Straße / Alte Krefelder Straße und die angrenzenden Streckenabschnitte deutlich entlastet.“
Eine Verlängerung der Bremer Straße wird von den Mitarbeitern der PTV Group deshalb aus verkehrlicher Sicht als umsetzbar eingeschätzt, allerdings wird die eigentlich beabsichtigte Zielsetzung, unter anderem eine Entlastung des Bockumer Zentrums, deutlich infrage gestellt.