Rheinische Post Krefeld Kempen
Die strategische Schwäche der CDU
In guten Zeiten würde eine Partei auf Arbeitsteilung setzen: Wirtschaftsflügel und Rechtskonservative binden die Wählerklientel, die wirtschaftsliberal und sehr konservativ denkt; die Mitte kümmert sich eben um die Mitte, um Gefühl und Milieupflege in der Wählerschaft. Wäre da nicht der Faktor Mensch, wäre bei der Krefelder CDU das geeignete Personal für dieses Szenario da. Parteichef Marc Blondin ist gut vernetzt in seinem Wahlkreis, kein schneidender Rhetoriker, sondern einer, der einbindet. Peter Vermeulen könnte als Chef der Mittelstandsvereinigung (MIT) und ehemaliger Beigeordneter das kühle Kompetenzzentrum sein. Und Gerald Wagener könnte als erfolgreicher Unternehmer und bekennender Wertkonservativer die Wirtschaft und jeden CDUWähler rechts von der Mitte einbinden, sofern diese Wähler nicht restlos an die AfD verloren sind, die gerade im Verdacht steht, das deutsche Vaterland für ein Linsengericht an Diktatoren zu verhökern.
Allein, so läuft es nicht, die Zeichen stehen auf Gift und Galle. Peter Vermeulen hat sich demonstrativ von Kreisgeschäftsführer Alfes distanziert, die MIT zieht mit Getöse aus der CDU-Parteizentrale aus. Er paart Kompetenz mit Eigensinn und gilt mit dieser
Für die Christdemokraten dürfte es ein Déjà-vu-Erlebnis sein: Wieder ist die Partei an einer Stelle zerstritten, an der man besser nicht zerstritten ist. Einst behinderten Spannungen zwischen Oberbürgermeister Kathstede und Fraktionschef Fabel die Schlagkraft, heute schert der Wirtschaftsflügel aus.
Mischung als wenig teamfähig. Seine Stellung in der CDU ist zu schwach, um Blondin zu stürzen, aber stark genug, die Partei zu spalten. Im Ergebnis schafft er eine ungute Pattsituation.
Gerald Wagener ist ein Bruder im Geiste Vermeulens: Kompetenz, Erfolg, Eigensinn, hochgetunt mit dem elitären Selbstbewusstsein von jemandem, der niemandem mehr beweisen muss, was er kann. Er eckt an, polarisiert, ohne ein Menschenfischer zu sein. Wie Vermeulen ist auch er nicht stark genug, Mehrheiten in einer Partei zu sammeln, aber doch markant genug für ein nicht zu ignorierendes Störfeuer. Beide werden es nicht schaffen, Blondin zu stürzen.
Blondin wiederum ist härter und sturer, als seine Kritiker glauben. Ein notorisch Unterschätzter, der bisher noch jede Abstimmung und auch Wahlen gewonnen hat.
Es bleibt für Außenstehenden etwas rätselhaft, warum Blondin und sein Lager Gerald Wagener offenbar zum Gottseibeiuns der CDU-Mitte erklärt haben. Ja, Wagener gehört zum rechten Flügel der CDU, aber er hat sich deutlich von der Werteunion distanziert, der er einmal angehörte und die heute im rechtspopulistischen Spektrum irrlichtert – als AfD-light-Version. In seiner politischen DNA gehört Wagener in die CDU-Welt, auch wenn er sich an der Links-Mitte-CDU unter Angela Merkel abgearbeitet hat. Das taten ja viele, das macht Wagener nicht zum Paria.
Was bleibt, ist der Eindruck, dass vor allem persönliche Animositäten diesen Streit befeuern. Die CDU muss sich sortieren, wenn sie gegen die immer noch gut aufgestellte SPD bestehen will.