Rheinische Post Krefeld Kempen
Starthilfe für junge Gründerinnen
Mit dem Programm „Exist-Women“sollen Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit unterstützt werden.
DÜSSELDORF Frauen gründen weniger als Männer: Nur rund 20 Prozent der Start-ups im Jahr 2023 wurden von Frauen gegründet, so der Deutsche Start-up-Monitor. Eine Hürde für sie ist demnach, Gelder zu akquirieren und genügend Investoren zu finden. Denn die Geschäftsfelder, in denen Frauen sich selbstständig machen, würden finanziell weniger gefördert, so die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, Beate Miquel. Für viele potenzielle Geldgeber sei das vorherrschende Bild der Start-up-Szene immer noch das der männlichen Tech-Gründer.
Mit dem Förderprogramm „ExistWomen“möchte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gegensteuern und das Potenzial von Gründerinnen stärken: Frauen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden mit dem „Exist-Women“-Stipendium in der Phase vor der Unternehmensgründung begleitet. Dazu gibt es über drei Monate eine finanzielle Unterstützung von bis zu 3000 Euro im Monat sowie Sachmittel in Höhe von 2000 Euro. Flankiert wird das Stipendium von einem breiten fachlichen Programm aus Workshops und Netzwerktreffen.
In Düsseldorf sind sowohl die Heine-Universität mit ihrem Center for Entrepreneurship Düsseldorf (Cedus) als auch die Hochschule Düsseldorf mit der „Gründungszeit“dabei. „Beide Hochschulen haben jeweils zehn Plätze vergeben. Dafür hatten wir zusammen über 60 Bewerbungen“, sagt Isabell Nethke, stellvertretende Leiterin des Cedus: „Denn tatsächlich sind die Gründungsteams, die wir aktuell betreuen, überwiegend männlich.“
Unter den 20 Stipendiatinnen, die von „Exist-Women“profitieren, sind Studentinnen, Absolventinnen, Frauen im Bachelor-Studium ebenso wie solche, die bereits eine Promotion abgeschlossen haben. Auch Mütter nach einer Elternzeit sind dabei. Die Fachbereiche sind ebenfalls bunt gemischt. „Das Angebot ist bewusst niedrigschwellig und soll die Gründungsaffinität steigern“, sagt Steffi Rehm, Leiterin der „Gründungszeit“an der HS Düsseldorf: „Dabei muss die Idee für die Existenzgründung noch gar nicht ausgereift sein – und auch in den Gründungsvorhaben sind die Frauen sehr frei.“So reicht die Bandbreite der Gründungsideen von recyclebaren Tier-Urnen über die Zukunftsbildung von Kindern bis hin zu einem Armband zum Schutz in Notfallsituationen.
Bei der Planung ihrer Gründungsvorhaben können die Stipendiatinnen aus Düsseldorf nicht nur auf das Wissen von Gründungsexpertinnen zurückgreifen, sondern bilden auch selbst ein eigenes starkes Netzwerk. „Wir möchten hier ein Netzwerk für Frauen schaffen, in dem sie sich gegenseitig stärken“, sagt Nethke: „Das erreichen wir neben regelmäßigen Treffen auch dadurch, dass unsere Gründerinnen über ein Jahr lang von einer persönlichen, gründungserfahrenen Mentorin begleitet werden.“
Die Atmosphäre innerhalb der Treffen sei sehr besonders, so Nethke. Rehm ergänzt: „Wir möchten eine Art Safe Space schaffen, also einen geschützten Rahmen, in dem die Frauen über alles sprechen können. Und wir haben es geschafft, dass sich durch diesen Raum auch Frauen angesprochen fühlen, die vielleicht vorher noch einen Anstoß in Richtung Gründung brauchten. Die reine Frauengruppe baut in jedem Fall Hürden ab.“
Genau diesen Safe Space schätzt auch Sarah Volkmann, eine der Stipendiatinnen von „Exist-Women“. Die 33-jährige Volkswirtin hat ihren Master an der Heinrich-Heine-Uni gemacht. Über einen Alumni-Newsletter erfuhr sie von dem Förderprogramm. „Nachdem ich einige Jahre in einer Personalberatung tätig war, konnte ich viele Ideen sammeln, wie eine effiziente und digitale Recruitingplattform aussehen könnte“, erzählt Volkmann. Diese Inspiration führte zur Gründung von Talnt, einer Online-Plattform speziell für wechselwillige Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. „Der Launch der Plattform Anfang des Jahres war sehr erfolgreich, und ich und meine beiden Mitgründer durften uns bereits über erste zahlende Kunden und glückliche Kandidatinnen und Kandidaten freuen“, sagt sie.
Durch die finanzielle Unterstützung aus dem Stipendium seien sie die ersten Monate der Gründung abgesichert gewesen, so Volkmann. Noch viel wichtiger als die finanzielle Unterstützung sind für die Düsseldorferin aber die Workshops des Programms: „Man lernt sich selbst als Gründerin mit seinen persönlichen Stärken kennen. Ich bin immer sehr inspiriert und voller Tatendrang aus diesen Treffen herausgekommen. Und tatsächlich ist unsere Frauengruppe für mich ein wahrer Safe Space, ein Ort ohne das Gefühl von Beurteilung. Wir können offen sprechen über die Ängste und Herausforderungen bei der Gründung.“Auch der Austausch mit ihrer persönlichen Mentorin sei extrem hilfreich: „Mit ihr kann ich praktische Fragen klären.“
Besonders freut sich Sarah Volkmann darüber, durch „Exist-Women“Teil der Gründungsszene geworden zu sein: „Man erschließt sich über die Workshops, Netzwerkabende oder Vorträge eine ganz neue Welt – und das wäre ohne das Programm tatsächlich schwieriger geworden. Die Beraterinnen von Cedus und Gründungszeit haben auch immer wieder Tipps, wie man sich weiter in der Branche vernetzen könnte.“
Übrigens: Das „Exist-Women“Programm geht voraussichtlich Ende des Jahres in eine neue Runde. Infos sollen rechtzeitig im Internet veröffentlicht werden.