Rheinische Post Krefeld Kempen

Hermenfrev­el im antiken Athen

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Athen im Frühling des

Jahres 415 vor Christus:

Die Stadt bereitet sich auf den

Sizilien-Kriegszug vor. Die Stadt

Segesta hat ihre Athener Verbündete­n um Hilfe gegen den mächtigen Nachbarn aus Syrakus gebeten und im Gegenzug Schätze im Überfluss angeboten. Einer der Feldherren, dem die Athener einen solchen Kriegszug zutrauten, ist Alkibiades. Der Staatsmann pflegt einen extravagan­ten Lebensstil und wird deshalb von vielen kritisch gesehen – sein Ruf als Feldherr ist allerdings exzellent, die Truppen stehen treu hinter ihm. Da wird die Vorbereitu­ng auf den Feldzug von einem überrasche­nden Ereignis überschatt­et: Am Morgen des 11. Mai finden die Athener die Hermen ihrer Stadt zerschlage­n vor. Als Hermen werden auf Pfeilern angefertig­te Porträts bezeichnet, die die Stadt vor bösen Geistern schützen sollen. Über Nacht wurden ihnen die Gesichter oder gleich die ganzen Köpfe abgeschlag­en, an allen Ecken finden sich Zeichen der mysteriöse­n Zerstörung. Der Vorfall geht als Hermenfrev­el in die Geschichte ein. Die Athener fürchten sich vor bösem Zauber und suchen nach dem Schuldigen. Dem droht bei einem Urteil der Tod. Gleich mehrere hochrangig­e Politiker und Staatsmänn­er werden beschuldig­t, immer stärker wird bald der Verdacht gegen Alkibiades. Der jedoch darf zunächst Richtung Sizilien ziehen – zu wichtig scheint seine Rolle bei dem geplanten Feldzug. Erst nach seiner Abreise beschließe­n die Athener, ihn zurückzuho­len und ihm den Prozess zu machen. Alkibiades flieht ins Exil. Seine Schuld wird nie zweifelsfr­ei bewiesen – der Hermenfrev­el ist bis heute einer der großen ungeklärte­n Fälle der Antike.

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