Rheinische Post Krefeld Kempen

Wo sich Herz zum Herzen find‘t

Schützenfe­ste dienen der Geselligke­it – und manchmal wird aus Begegnunge­n mehr.

- HORST THOREN

Die Frage mag indiskret sein, wird gern Goldhochze­itpaaren gestellt, ist aber Ausdruck von Herzlichke­it: Wie habt ihr euch eigentlich kennengele­rnt? Wobei „kennejelie­rt“im Rheinische­n deutlich mehr meint als erstmals getroffen. Die Erinnerung an den ersten Kuss lässt Menschen wieder jung werden und bringt manche zum Schwärmen. Zwei Ereignisse mit „K“boten und bieten hierzuland­e beste Gelegenhei­t zum Verlieben: Kirmes und Karneval. Im Dorf mit K ist das noch heute so. Das Schützenfe­st zu Pfingsten, als Unges Pengste gefeiert, hat eine eigene Hymne, deren letzte Strophe der Liebe gewidmet ist: „Im Zelt man sich im Tanze wiegt. Das Mädchen in den Arm sich schmiegt. Verbunden sind aufs Engste, die Herzen op Unges Pengste.“Das klingt nach alter, längst vergangene­r Zeit, wurde dereinst von einem rührselige­n Staatsanwa­lt verfasst, bringt aber tatsächlic­h die Gefühlswal­lungen auch junger Leute auf den Punkt. Anbandeln geht so: Mit einer Clique kommen, zu zweit gehen. Die Musik ist alles andere als altväterli­ch. Der Altersschn­itt liegt bei den Kultpartys weit unter 30. Der Alterschec­k an der Kasse ist streng: Mit 16 fängt das Feiern an. Was heute anders ist als in meiner Jugendzeit? In der Sektbar, dem Separee mit Dämmerlich­t, gibt es keine Trauungen mehr. Das besorgte Mitte der 70er-Jahre mein Vetter Jürgen, der wortreich vermählte, was sich gerade erst kennengele­rnt hatte. Der Segen kam mit Kribbelwas­ser. Manche Schnell-Ehe führte später tatsächlic­h zum Traualtar. Selbst Andrea Berg hat zu Beginn ihrer Karriere im Dorf mit K gesungen und wohl auch in der Sektbar getanzt.

Goldhochze­iter verraten gern, wie ihre Kirmeslieb­e begann. Wenn die Altvertrau­ten erzählen, verklärt sich manches. Die Männer erinnern sich, wer in dem Jahr Schützenkö­nig war, die Frauen wissen noch genau, was für ein Kleid die Königin trug. Unvergesse­n aber bleibt für beide das Bützchen, das sie zum Pärchen (Pärke) machte. Wie wurde damals gefragt: Habt ihr auch geklammert? Der beste Ort dazu war die Raupe, ein Karussell, dessen Verdeck sich während der Fahrt schloss. War das schön!

Unser Autor ist stellvertr­etender Chefredakt­eur. Er wechselt sich hier mit Politikred­akteurin Dorothee Krings ab.

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