Rheinische Post Krefeld Kempen
Von wegen keine Arbeitsmoral!
Faul, illoyal und desinteressiert – was ist dran an den Vorurteilen über die Generation Z?
Wurdest du schon mal von deinen Eltern, Tanten und Onkeln oder anderen Verwandten mit negativen Vorurteilen gegenüber der Gen Z konfrontiert? Ganz nach dem Motto: Die Jugend von heute sei faul, illoyal, arbeitsscheu und übernimmt keine Verantwortung. Stattdessen hängen junge Menschen nur am Smartphone, um durch Tiktok & Co. zu scrollen. Ich finde, dieser Faulheits-Mythos darf nicht unkommentiert stehen bleiben.
Liebe Boomer, woher auch immer ihr diese Vorurteile habt: Sie sind schlicht und ergreifend falsch. Für eine Mehrheit der jungen Generation spielt der Job eine ebenso bedeutende Rolle wie für ältere Generationen. Das untersuchte unter anderem eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des Automobilzulieferers Continental. Demnach sind 77 Prozent der 16- bis 24-Jährigen eine Arbeit wichtig. Ganz ähnlich wie bei den 25- bis 57-jährigen Befragten.
Das Problem liegt hier nicht an der Gen Z, sondern am Arbeitsmarkt. Ein Job soll sich dem eigenen Leben anpassen, nicht andersherum. Was der Gen Z aktuell gelingt, ist vor allem, das althergebrachte Arbeitsethos zu hinterfragen und den Status quo nicht bedenkenlos hinzunehmen. Junge Menschen streben nach einer Sinnhaftigkeit in ihrer Tätigkeit.
Kurz gesagt: Die Einstellung zur Arbeit im Generationenvergleich unterscheidet sich nicht so stark, wie oft behauptet wird. Allerdings sind die
Prioritäten bei Boomern und der Gen Z im Arbeitsleben verschieden. Junge Menschen wünschen sich mehr Freizeit und ans Leben angepasste Arbeitsbedingungen. Zeiten verändern sich und mit ihnen der Stellenwert von Arbeit. Wären unsere Vorgänger nicht auf die Straßen gegangen, hätten wir heute womöglich noch eine Sechs-Tage-Woche und keinen gesetzlichen Urlaubsanspruch.
Und wer kann es der Gen Z verdenken, dass sie selbstbestimmt und flexibel arbeiten will? In Zeiten, in denen es aufgrund von Personalmangel herausfordernd ist, Betreuungsmöglichkeiten für die eigenen Kinder während der Arbeitszeit zu finden, muss es möglich sein, zeitlich und örtlich flexibel arbeiten zu können. Übrigens ist das mobile Arbeiten nicht der Gen Z zu verdanken, sondern auf die Pandemie und den Arbeitskräftemangel zurückzuführen, so der Arbeitsmarktexperte Ulrich Weber dem Personalmagazin „Haufe“gegenüber.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Angesichts der globalen Krisen, Kriege und des rasch voranschreitenden Klimawandels wollen junge Menschen ihre Zeit so sinnvoll wie möglich nutzen. Große Unsicherheiten in der Zukunft bringen zu Recht eine „Hier und jetzt“-Mentalität hervor. Denn sicher ist, dass sich die Gen Z mit den Folgen auseinandersetzen muss, die teilweise von vorigen Generationen verschuldet wurden.
Die junge Generation fordert zu viel? Anstatt über die Gen Z zu schimpfen, sollte man lieber mit ihnen ins Gespräch kommen.