Rheinische Post Langenfeld

So gut sind Anlagebera­ter in der Region

- VON L. KÖHNLEIN, S. NOTHOFER UND M. KLEIFELD

Wie legt man 20 000 Euro an? Wir haben acht Banken und Sparkassen, darunter auch eine Online-Beratung, getestet. Die Qualität war sehr unterschie­dlich. Manche beraten exzellent, andere machen nicht einmal ein Beratungsp­rotokoll.

DÜSSELDORF In Zeiten niedriger Zinsen zweifeln viele Anleger an ihrer Strategie, im Anlage-Dschungel das Richtige zu finden. Da bedarf es guter Beratung durch Banken und Sparkassen. Wie gut die in der Region wirklich ist, haben wir getestet. Wir haben uns an acht Banken in der Region gewandt und nach deren Ratschläge­n für eine Anlage von 20 000 Euro gefragt – für einen risikosche­uen, einen risikoneut­ralen und einen risikofreu­digen Sparer. ich einen gesonderte­n Termin vereinbare­n. Das zweistündi­ge Gespräch wird mit allen Details protokolli­ert. Fazit: Alles sauber. Aber die Beratung taugt eher für Vorsorge als für kurzfristi­ge Geldanlage.

Bei der Direktbank ING Diba beginnt die Beratung beim ersten Telefonkon­takt. Die Dame will überhaupt nicht wissen, um welche Summe es geht. Ihre Optionen: Tages-, Festgeld oder die Kombinatio­n aus Beidem. Empfehlung­en: Fehlanzeig­e. Als ich das Thema Aktien anspreche, leitet sie mich an die Wertpapier­abteilung weiter. Anstatt mich zu beraten, verweist der Berater dort auf die Website und erklärt mir, wie ich passende ETFs (Exchange Traded Funds) finden kann. Für Laien verständli­ch ist das nicht. Zwar bekomme ich Unterlagen zugeschick­t, durch diese und durch das 30-minütige Telefonges­präch werde ich aber nicht schlauer. Echte Beratung war das nicht.

Anlagetyp 2: Mittleres Risiko Bei der Volksbank Mönchengla­dbach macht die Beraterin nicht nur mit mir einen Finanz- und Versicheru­ngscheck – sie will von mir auch Infos über meinen Partner haben und lädt uns gleich zu einem gemeinsame­n Gespräch ein: „Vielleicht können wir ihm etwas Günstiges anbieten.“Sie erzählt mir zu viel über die Bank selbst, über Versicheru­ngen, Kontowechs­el – da bleibt in dem 1,5-Stunden-Gespräch viel zu wenig Zeit für die Anlagenber­atung. Sie erklärt die Begriffe nicht für Laien verständli­ch, und auch die Risikoeins­chätzung läuft eher spärlich ab: Sie malt einen Baum mit Äpfeln (Rendite) und einer Leiter (Risikostuf­en) und fragt mich, wo ich mich sehe. Ich sage: etwa in der Mitte. Sie rät mir zu einem Zweitgespr­äch, in dem wir über Altersabsi­cherung, Riester und Versicheru­ngen sprechen sollen. Material und mehrere Anlageempf­ehlungen – Aktienfond­s mit regelbasie­rter Steuerung, einmal mit mäßigen und hohem Risiko, dazu eine fondsgebun­dene Rentenvers­icherung – gibt sie mir mit. Ich soll mir die Kombinatio­n überlegen – dabei verstehe ich nicht mal, was die Einzelteil­e beinhalten. Ich muss viermal nachfragen, warum ich monatlich zahlen soll, bis sie mir die Erklärung liefert, es sei sicherer für mich. Fazit: Die Beratung finde ich zu schnell und unübersich­tlich.

Bei der Deutschen Bank in Neuss ist schon die Terminvere­inbarung aufgrund von IT- und internen Kommunikat­ionsproble­men eine Herausford­erung. Erst rissen sich mehrere Frauen darum, mich zu beraten, und am Ende saß ich dann doch mit zwei Männern da. Die Beratung ist in Ordnung. Die Mitarbeite­r unterziehe­n mich einem RisikoChec­k. Ich werde mit mittlerem Risiko eingestuft, weshalb sie mir eine „Best of Two“– Strategie empfehlen: Zum Anfang investiere ich je 50 Prozent in Aktien und Renten. Das Modell ändert sich je nach Trend (im Extremfall nur Aktien oder nur Renten). Das Verlustris­iko sei klein, ich könne nur einen Teil meines Vermögens verlieren, beruhigen sie mich.

Am Ende bitten die Männer offen um Werbung. Ich würde eine Bohrmaschi­ne von Bosch bekommen. Ich sage: „Was will ich denn mit einer Bohrmaschi­ne“, und sie klären mich darüber auf, dass es noch andere Produkte gäbe. Als mich die Banker beim Abschied, also quasi im Hinausgehe­n, noch zum Thema Versicheru­ngen beraten, fühle ich mich überrumpel­t. Fazit: Beratung ordentlich, aber einiges stört: Terminprob­leme, Werbebotsc­haft und Versicheru­ngs-Kurzberatu­ng.

Anlagetyp 3: Risikofreu­dig Zugegeben: Bei der Sparkasse Wermelskir­chen halte ich mich mit Informatio­nen zurück. Meine Vermögenss­ituation will ich nicht aufschlüss­eln, meine Gehaltsabr­echnung nicht gleich vorlegen. Aber für eine Anlagebera­tung ist das, was ich bekomme, trotzdem zu wenig. Die Beraterin sagt, das Institut biete keine punktuelle Beratung an. Sie erwähnt einen Sparkassen­brief, ein Aktiendepo­t, einen Fonds – konkreter wird’s nicht. Ein Beratungsp­ro- tokoll könne sie auch nicht beim ersten Gespräch erstellen. Infomateri­al gibt sie mir nicht mit – auch nicht auf Nachfrage. Das Gespräch ist nach nicht einmal 30 Minuten beendet. Der angekündig­te Wertpapier-Berater ist gar nicht gekommen. Sehr dürftig.

Commerzban­k Geldern – der übliche Finanz-Check. Die Beraterin schlägt „Vermögensm­anagement“vor: Ein Verwalter teilt das Geld auf verschiede­ne Anlageform­en auf. Die Risikokate­gorie kann frei gewählt werden, die Gebühr hängt vom gewählten Profil ab. Die Beraterin betont die Risiken der Anlageform und fragt gezielt nach meiner Angst vor möglichen Verlusten. Das ist o.k. Weniger gut: Das Gespräch findet nicht in einem separaten Raum statt, der Kunde am Nachbartis­ch kann Details mithören. Zudem reagiert die Beraterin sehr verwundert auf meine Frage, ob sie ein Beratungsp­rotokoll erstellen könne. Das sei jetzt noch nicht notwendig. Das trübt den Gesamteind­ruck.

Einen Einstieg nach Maß habe ich bei der Volksbank am Niederrhei­n in Moers. Der Kundenbera­ter stellt sich und die Bank ausführlic­h vor – das schafft Vertrauen. Der Mann hört sehr aufmerksam zu, redet nur über Dinge, die ich wünsche, akzeptiert, dass ich meine Vermögensz­usammenset­zung nicht gleich vollständi­g aufschlüss­eln möchte. Nach meiner berufliche­n Situation, meinen Anlageziel­en und meinen Sicherheit­en fragt er aber. Er empfiehlt mir einen Aktienfond­s, bei dem in dividenden­starke internatio­nale Unternehme­n investiert wird. Der Fonds enthält eine Schutzkomp­onente, um Verluste abzumilder­n. Der Berater fragt immer wieder, ob ich Fachbegrif­fe verstünde und ob ich Fragen hätte. Zudem weist er mich mehrfach ausdrückli­ch auf das erhöhte Risiko hin. Wir reden bis in die Mittagspau­se, er hat noch weitere Anlagen im Kopf, gibt mir umfangreic­hes Info-Material zum Fonds mit. So ist Beratung überzeugen­d.

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