Rheinische Post Langenfeld

The Lilac Time – Lieder vom Pechvogel des Pop

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Manche denken, Stephen Duffy sei ein Pechvogel. Sie glauben das, weil der Brite einst die Band Duran Duran gegründet hat, seinen Posten am Mikrofon aber verließ, kurz bevor der Welterfolg kam. Danach lehnte er das Angebot einer jungen Sängerin ab, Texte für sie zu schreiben. Sie hieß Madonna.

Stephen Duffy darf man sich dennoch als glückliche­n Menschen vorstellen. Er lebt komfortabe­l in einem Anwesen in Cornwall und trägt seidene Schals. Sein Solo-Hit „Kiss Me“, den er in den 80er Jahren als Stephen „Tin Tin“Duffy veröffentl­ichte, bringt weiterhin Tantiemen. Und dann war da ja noch die Zusammenar­beit mit Robbie Williams. Der schätzt Duffy sehr, und für sein Album „Intensive Care“(2005) engagierte er ihn als Autor. Die Platte verkaufte sich für Williams-Verhältnis­se mau, aber sieben Millionen Exemplare plus die Nummer-einsSingle „Radio“genügten für ein weitgehend sorgenfrei­es Leben.

Das führt Duffy nun, und nebenbei pflegt er sein Herzenspro­jekt: die Band Lilac Time. 1986 hat er sie mit seinem Bruder Nick gegründet. Alle Jubeljahre bringen sie eine Plat- te heraus, und wenn es so weit ist, freuen sich jene Menschen, die gern mit dem Weltschmer­z flirten.

Folkiger Gitarrenpo­p ist das, und die schönste Platte von Lilac Time ist das Debüt aus dem Jahr 1987. Damals waren sie drauf und dran, berühmt zu werden. Der BritpopHyp­e begann, und das Label Creation nahm die Band unter Vertrag – entschied sich dann aber dafür, lieber Oasis groß herauszubr­ingen.

Nun ist Lilac Time bei der deutschen Firma Tapete gelandet, und das neue Album „No Sad Songs“ist eines ihrer besten geworden. Man kann diese edlen Lieder hören, während man ausgebleic­hte Cordanzüge trägt, in Ledersesse­ln sitzt und Lilien beim Welken zusieht. Duffy singt mit einer leicht blasierten Stimme davon, dass Gedichte Wunden heilen, manchmal stimmt seine Ehefrau ein, und im Booklet gibt es Bilder von verblühten Hortensien.

Sehr englisch, sehr schön. So klingt Musik von Glückskind­ern.

The Lilac Time:

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