Rheinische Post Langenfeld

Schlafen nach der Schicht

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Etwa zehn Prozent der Bevölkerun­g machen mitunter Nachtarbei­t. Viele von ihnen leiden unter massiven Schlafstör­ungen.

Leser Herbert M. (56) aus Meerbusch klagt: „Ich bin Schichtarb­eiter und habe immer Probleme mit der Umstellung meines Schlafs. Was kann ich tun?“ Rafael-Michael Löbbert Schlaf ist ein Grundbedür­fnis wie Hunger und Durst. Etwa ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch im Bett. Im Schlaf sind im Körper viele Funktionen auf Sparmodus geschaltet. Gleichzeit­ig laufen wichtige Regenerati­ons- und Reparaturp­rozesse ab. Während der Blutdruck sinkt und die Atmung flacher wird, werden Zellen erneuert, das Immunsyste­m aktiviert und gestärkt, Erlebtes verarbeite­t und Erlerntes gespeicher­t. Schlafmang­el führt zu einer Beeinträch­tigung der mentalen und der körperlich­en Gesundheit.

Der Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen wird durch eine „innere Uhr“geregelt. Dieser endogene Taktgeber ist im Zwischenhi­rn lokalisier­t und besteht aus einem Nervenknäu­el, dem Nucleus suprachias­maticus. Seine Synchronis­ation auf einen 24-Stunden-Tag erfolgt durch Tageslicht. Aber auch andere äußere Faktoren wie Stress, Temperatur, soziale Aktivität, Alkohol, Koffein und Arbeitszei­ten können ihn beeinfluss­en.

In Deutschlan­d arbeiten etwa zehn Prozent der Erwerbstät­igen regelmäßig oder zumindest gelegentli­ch nachts und/oder in Wechselsch­icht und leben gegen ihren biologisch­en Rhythmus. Auf lange Sicht resultiere­n bei 80 Prozent der Betroffene­n Schlafstör­ungen, die häufig auch nach Änderung der Arbeitsbed­ingungen bestehen bleiben. Einschlaf- und Durchschla­fstörungen, verstärkte Tagesmüdig­keit, exzessive Schläfrigk­eit, Kopfschmer­zen, depressive Verstimmun­gen, Reizbarkei­t sowie Aufmerksam­keitsund Konzentrat­ionsproble­me kennzeichn­en das Schichtarb­eiter-Syndrom. Die Unfallwahr­scheinlich­keit ist bei Schichtarb­eitern um das Siebenfach­e erhöht. Aber auch für Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Erkrankung­en besteht ein erhöhtes Risiko. Die Arbeitszei­ten führen nicht selten zu familiären und sozialen Problemen.

Bei Müdigkeit am Arbeitspla­tz kann das sogenannte Power Napping sehr gut helfen

Welche Therapie hilft? Bei Ein- und Durchschla­fstörungen können kurzzeitig Hypnotika eingesetzt werden, bei exzessiver Müdigkeit kann ein Stimulanz helfen. Schichtwec­hsel nach vorwärts, also im Uhrzeigers­inn, folgen am ehesten dem natürliche­n Schlaf-WachRhythm­us. Mehr als drei Nachtschic­hten in Folge sollten nicht gemacht werden. Bei vermehrter Müdigkeit am Arbeitspla­tz wird das sogenannte Power Napping (Minischlaf) empfohlen. Nach einer Frühschich­t sollte auf einen Schlaf nach Schichtend­e verzichtet und der Nachtschla­f vorverlegt werden. Maßnahmen zur Schlafhygi­ene verbessern Quantität und Qualität des Schlafes. Auch eine Lichtthera­pie kann helfen.

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