Rheinische Post Langenfeld

Wie der junge Tiger Woods

- VON MARTIN BEILS

Jordan Spieth gewinnt mit 21 Jahren das US Masters im Golf. Jünger war nur ein Sieger des Turniers in Augusta.

AUGUSTA/DÜSSELDORF Der April ist der Monat der seltsamen Trophäen. Der Radrennfah­rer John Degenkolb bekam am Sonntagabe­nd einen grauen Pflasterst­ein. Der ist zwar nicht sonderlich schön, aber furchtbar wertvoll, weil er dem Gewinner des Rennens Paris-Roubaix, der „Königin der Klassiker“, gebührt.

Nicht hübsch, aber ebenfalls zeitlos ist das Grüne Jackett, das der Texaner Jordan Spieth jetzt trägt. Seit 1949 werden die Gewinner des US Masters so jeweils vom Vorjahress­ieger eingekleid­et. Zuvor war diese Jacke lediglich das Erkennungs­zeichen von Mitglieder­n des Augusta National Golf Club. Bubba Watson (USA), der Spieth im Vorjahr noch auf Platz zwei verdrängt hatte, musste seinem Landsmann dieses Mal das seltsame Jackett überstreif­en.

Spieth erinnert an den jungen Tiger Woods, der vor 18 Jahren den ersten seiner 14 Titel bei einem der Majors, der vier bedeutends­ten Turniere, gewann. Woods war wie Spieth heute damals erst 21 Jahre alt – allerdings noch fünf Monate und zwei Tage jünger als der Sieger der Auflage 2015. „Es war stressig, kein Wunder, dass mir die Haare ausgehen“, witzelte Spieth, „das war die unglaublic­hste Woche meines Lebens. Es gibt nichts Größeres in unserem Sport, ein Traum ist für mich wahr geworden.“Die vier starken Runden auf dem legendären Platz an der Magnolia Lane brachten ihm 1,7 Millionen Euro, den Sprung auf Platz zwei der Welt und ein lebenslang­es Startrecht in Augusta ein.

Mit 270 Schlägen egalisiert­e der Texaner Spieth die bisherige Augusta-Bestmarke, die dem Kalifornie­r Woods 1997 gelungen war. An 28 der 72 Löcher, die er spielte, blieb Spieth unter dem Platzstand­ard. Das war auf dem tückischen Kurs noch nie jemandem gelungen. Der 21-Jährige ist zudem seit 1976 der erste Golfer, der alle vier Runden des Masters auf Platz eins beendete.

„Sobald man dachte, einen Bruch in seinem Spiel erkannt zu haben, packte er wieder einen unglaublic­hen Putt aus“, sagte Justin Rose. Der Engländer belegte zusammen mit Phil Mickelson (USA) den zwei- ten Platz. Spieth wurde den hohen Erwartunge­n, die seine Landsleute seit einiger Zeit in ihn stecken, mehr als gerecht. An Selbstvert­rauen mangelt es ihm nicht. „Mein ultimative­s Ziel ist es, der Beste auf diesem Planeten zu werden. Es wird sehr schwer, aber jetzt bin ich schon einen großen Schritt weiter“, sagte er ganz unbescheid­en. Dabei gilt er als bodenständ­ig. Seine 14-jährige Schwester Ellie leidet an einer Form von Autismus. „Jordan wäre nicht da, wo er heute ist, wenn er nicht mit Ellie aufgewachs­en wäre“, sagt seine Mutter Chris.

Die meiste Zeit hatte Woods die Aufmerksam­keit der Zuschauer in der „Kathedrale des Golfs“auf sich gezogen. Tiger war nach dem Sturz auf Platz 111 der Weltrangli­ste endlich wieder in Erscheinun­g getreten. Von angebliche­n mentalen Problemen war nichts zu merken. Mit Rang 17 zeigte er sich zufrieden: „Es gefällt mir, was ich mache.“

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FOTO: IMAGO 1997: Der damals 21-jährige Tiger Woods erhielt das berühmte Jackett von Vorjahress­ieger Nick Faldo (England).
 ?? FOTO: IMAGO ?? 2015: Jordan Spieth (21) ließ sich von seinem US-amerikanis­chen Landsmann Bubba Watson ins Grüne Jackett kleiden.
FOTO: IMAGO 2015: Jordan Spieth (21) ließ sich von seinem US-amerikanis­chen Landsmann Bubba Watson ins Grüne Jackett kleiden.

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