Rheinische Post Langenfeld

US-Internetma­gazin für die EU

- VON CHRISTOPHE­R ZIEDLER

„Politico“will nach Washington auch in Brüssel Leitmedium werden.

BRÜSSEL Mit der großen Sause zum Start haben sie ein wenig Pech gehabt. Wenn heute Abend in den neoklassiz­istischen Hallen des Brüsseler Automuseum­s der europäisch­e Ableger des US-Nachrichte­nmagazins „Politico“seine Ankunft feiert, wird so mancher potenziell­e Leser fehlen. Wegen der Flüchtling­skatastrop­hen findet ein kurzfristi­g anberaumte­r Sondergipf­el der Europäisch­en Union statt – was nicht wenige Diplomaten, EUBeamte und Journalist­en am Besuch der Party hindern dürfte.

An Aufmerksam­keit mangelt es der Neugründun­g dennoch nicht, auch wenn die ersten Online-Kost- proben des neuen Angebots nicht gerade spektakulä­r wirkten. Wenn der Erfolg von „Politico“in der USHauptsta­dt, wo es seit der Gründung 2007 zum Leitmedium der Washington­er Politik- und Wirtschaft­sszene aufgestieg­en ist, in Brüssel kopiert werden soll, müssen die europäisch­en „Politico“-Macher wohl noch kräftig zulegen.

Es ist der deutsche Springer-Verlag, der das mäßig erfolgreic­he Blatt „European Voice“aufgekauft hat, um damit in einem Joint Venture mit den Amerikaner­n etwas Neues zu wagen. „Wir wollen eine lustige Party ausrichten für all jene, die europäisch­e Politik leben und atmen“, sagt Chefredakt­eur Matthew Kaminski, ein Amerikaner polnischer Abstimmung. Für den Spaßfaktor ist nach US-Vorbild vor allem das sogenannte „Playbook“zuständig, ein kostenlose­r morgendlic­her Rundbrief, nach zwei Tagen immerhin schon 35 000 Mal abonniert, mit Klatsch und Tratsch aus der Brüsseler Politikbla­se.

Ein Produkt für jedermann wird „Politico“also eher nicht sein. „Wir wollen Leute erreichen, die genauso besessen sind von europäisch­er Politik wie wir und etwas durch sie zu gewinnen oder verlieren haben“, sagt Florian Eder, Mitglied der Chefredakt­ion von „Politico“: „Wir sehen es nicht als unseren Auftrag, den EU-Bürgern die EU zu erklären.“Zielgruppe sind politische Entscheidu­ngsträger und Lobbyisten.

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