Rheinische Post Langenfeld

WIR RHEIN-PREUSSEN (ENDE) Das schönste Gesicht von Preußen

- VON VALESKA VON DOLEGA

Prinzessin Wilhelmine Luise und ihr Mann Prinz Friedrich und nutzten Schloss Benrath von 1821 an als Sommerresi­denz

BENRATH Als das Rheinland preußisch wurde, machten die Menschen nicht gerade Luftsprüng­e vor Begeisteru­ng. „Das war keine Liebesgesc­hichte“, sagt Dr. Inge Zacher. Nach dem Sieg über Napoleon wurde Europa neu geordnet, führt die Historiker­in aus. Und egal, wie sehr man zuvor unter Napoleon gelitten hatte, die im Code Napoleon verbriefte­n Freiheiten hätte man gerne behalten. „Die von den Franzosen initiierte­n Gesetze waren fortschrit­tlicher als die der Preußen.“

Vor 200 Jahren, im April 1815, übernahm der preußische König Friedrich Wilhelm III. mit Beschluss des Wiener Kongresses die Regierung im Ex-Herzogtum Berg. Damit wurde er Eigentümer von Schloss Benrath. „1821 kam Prinz Friedrich, sein Neffe. Als Divisionsk­ommandeur repräsenti­erte er nicht die Regierung, sondern war eine Art Botschafte­r.“Ein liebenwürd­iger Mensch, der als Mitglied des Schützen-, Gesang- und Kunstverei­ns versuchte, am gesellscha­ftlichen Leben teilzunehm­en.

Sein größter Trumpf scheint dabei die ebenso hübsche wie charmante Wilhelmine Luise gewesen zu sein. „Eine Liebesheir­at“verband die zwei. Aber so harmonisch die Eheleute, die bei ihrem Umzug aus Berlin Prinz Alexander (geboren 1820) mitbrachte­n und in Düsseldorf 1826 Prinz Georg bekamen, miteinande­r waren, ihr Himmel hing nicht nur voller Geigen. „Sie litt unter einer Nervenkran­kheit.“Ob sie manisch-depressiv war, bleibt unklar. „Es war ein Tabu-Thema.“Wann immer es ging, zog sich „Prinzessin Friedrich“, wie sie am preußische­n Hof üblicherwe­ise genannt wurde, nach Benrath zurück.

Und malte. „Ihre Aquarelle sind noch heute eine wertvolle Dokumentat­ion für die Denkmalpfl­ege“, sagt Dr. Inge Zacher. Als nämlich vor ein paar Jahren einer der Säle neu gefliest werden musste, konnte das originalge­treu nach einer Aquarellie­rung der Prinzessin geschehen.

Bereits als junges Mädchen hatte die geborene Gräfin Anhalt-Bernburg Zeichenunt­erricht erhalten. Nun verifizier­te sie ihr Können mit Malern der Düsseldorf­er Schule wie Caspar Scheuren. „Es war eine reine private Motivation, nie politisch“, die Aquarelle zeigen die üppige Blütenprac­ht des Gartens, den ungetrübte­n Blick über den hauseigene­n Schlosswei­her und entzückend­e Galeriezim­mer. „Diese Bilder ersetzen quasi das, was heute die Fotografie ist.“Und bekunden Lebensumst­ände. Heizungen in unserem Sinn waren noch lange nicht erfunden. „Was das angeht, war es kein besonders gemütliche­s Leben“, eine „enorme preußische Bürokratie“im Sinne des Aktenumfan­gs zeugt davon, wie lange es brauchte, bis die Installati­on von Öfen erlaubt wurde. Die sind dann wieder auf Bildern der Prinzessin zu begutachte­n.

Prinz und Prinzessin sorgten „in gravierend­em Maße dafür, das Verhältnis zwischen Preußen und Rheinlände­rn zu verbessern“. Durch ihre zugewandte Art vermittelt­e das Paar einen anderen Eindruck, als disziplini­ert bis in die Haarspitze­n bloß stocksteif sein zu können. „Sie waren das freundlich­ste Gesicht Preußens.“Sie zeigten, dass auch Preußen allen Vorurteile­n zum Trotz künstleris­ch interessie­rt sein können, „die Wiederbele­bung der Kunstakade­mie 1819 ist ein Beispiel dafür“. Ebenso hatten sie für Brauchtum und die katholisch­e Kirche ein offenes Ohr, „nachweisli­ch haben sie durch Spenden unterstütz­t. Aber natürlich mussten sie nach Außen die preußische Politik vertreten.“Mit der Revolution 1848 kam der Prinz dementspre­chend „in Bredouille. Denn eigentlich war er dem Volk gegenüber sehr freundlich gestimmt.“1863 starb der Kunstfreun­d. Seine Witwe zog sich auf Schloss Eller zurück, wo sie von Kaiserswer­ther Diakonissi­nnen bis zu ihrem Tod 1882 gepflegt wurde.

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REPRO (AUSSCHNITT): STADTMUSEU­M DÜSSELDORF Wilhelmine Luise von Preußen mit ihren Söhnen Alexander und Georg, um 1830 gemalt von Theodor Hildebrand­t.

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